"Triumph der Löwen": Erinnerungen an das Meisterjahr
Am Donnerstag war es wieder soweit, der Sechzger-Marsch dröhnte aus den Boxen im Giesinger Bräu. "57, 58, 59, 60 ja so klingt’s im Chor, 57, 58, 59, 60 und schon gibt’s ein Tor!“ Dem Anlass entsprechend. Denn rund 150 Fans gedachten dort jener Saison, in der die Tore im Gegensatz zur Gegenwart tatsächlich oft und schnell gefallen waren. Und zum größten Triumph der Löwen führten.
"1966 ist der TSV 1860 Meister geworden. Mittlerweile mutet es an wie ein Märchen aus 1001 Nacht – und das ohne Hasan Ismaik“, eröffnete Moderator Wolfgang Göhrl am Donnerstag einen launigen Abend, der manche mit Stolz erfüllte, anderen ob der aktuellen Abstiegsängste fast die Tränen in die Augen trieb.
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Sechzigs Weg zur Meisterschaft
Im Stüberl der kleinen Brauerei oberhalb des Giesinger Bergs hatten sich die Anhänger und vier Meisterlöwen versammelt, um dem größten Erfolg der langen Vereinsgeschichte zu gedenken, sich ihre Ausgabe des neuen Buchs "Triumph der Löwen“ zu sichern – und den Anekdoten der Protagonisten zu lauschen.
Fredi Heiß, Bernd Patzke, Hansi Rebele und Ernst Winterhalder (ohne Einsatz in der Meistersaison) waren gekommen. Und erzählten über das, was das Autoren-Trio Roman Beer, Claus Melchior und Arnold Lemke auf 136 Seiten mit spannenden Texten, vielen Bildern und Statistiken zu jedem Spieltag zusammengetragen hatten: Sechzigs Weg zur Meisterschaft.
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"Wir waren nervlich am Ende"
"Heute kann ein Fußballer sein Geld ja gar nicht mehr ausgeben. Wir bekamen früher 3.000 Mark Meisterprämie. Der Verein brauchte lange, bis er das Geld aufgetrieben hat“, sagte Meisterlöwe Heiß und erntete Gelächter. Der Spruch eines Zuhörers übertraf Heiß: "Das hat sich bis heute nicht geändert!“ Im Monat habe es 120 Mark gegeben, als Auflaufprämie zusätzlich zehn Mark, erinnerte sich der Außenstürmer (zehn Tore in der Meistersaison), "das waren Verträge, da schlackerst du mit den Ohren.“
Er wusste auch, dass souverän aufspielende Löwen gegen Saisonende einen Einbruch erlitten, die Meisterschale plötzlich auf dem Spiel stand: "Auf einmal hatten wir ein Endspiel in Dortmund am vorletzten Spieltag. Wir waren nervlich am Ende.“ Rebele ergänzte über den "Knackpunkt“ der Saison, dass auch die Taktik von Meistertrainer Max Merkel zu wünschen übrigließ: "So Buam geht’s naus, auf geht’s!“, habe Merkel gesagt.
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Petar "Radi“ Radenkovic als Eckpfeiler der Mannschaft
Allen Widrigkeiten zum Trotz gewannen die Löwen durch Tore von Rudi Brunnenmeier (66.) und Peter Grosser (89.) mit 2:0, am letzten Spieltag reichte ein 1:1 gegen den HSV zur Meisterschaft. Wichtiger Eckpfeiler und Star der Mannschaft, da war man sich einig: Petar "Radi“ Radenkovic mit seinen legendären Ausflügen aus dem Kasten. Kurios: Die Autoren hatten herausgefunden, dass 1860 nach dem Meisterkorso nicht auf dem Rathaus-Balkon gestanden hatten, sondern unterhalb auf einer Bühne – selbst einige Spieler konnten sich daran nicht erinnern.
Star der Meisterlöwen: Keeper petar Radenkovic (l.).
Meistertrainer Merkel haben die Meisterlöwen dagegen nie vergessen: Seinem Training (Rebele: "Wir hatten nix zu lachen“) sei es zu verdanken gewesen, dass "wir Muskeln bekommen haben, wo sie gar nicht hingehören“, so Heiß, der zugab: "Es war wie in einer Ehe: Ist man länger zusammen, gibt es eben Schwierigkeiten. Merkel war ein Patriarch, der uns gezeigt hat, wo es langgeht.“
Das hatte der gebürtige Berliner Patzke nach seinem Wechsel von Lüttich zu 1860 nicht immer verstanden: "Merkel rief immer: Geh viare! Und ich zu den Kollegen: Was will er? Wer ist denn Nummer vier?“ Patzke war es, der sich im Nachhinein wunderte, wie man die Saison durchgestanden habe: "Wechsel waren damals noch nicht erlaubt.“ Am Ende wurden sie zu Helden. Es war, so Heiß, "die schönste Zeit unseres Lebens“.