Stoffers mach den Löwen Druck: "Rennt Euch die Seele aus dem Leib"
MÜNCHEN - Geld, Prestige, Psyche, Fans – für den kriselnden TSV 1860 geht es im Pokal gegen Schalke um mehr als das bloße Weiterkommen. Trainer Lienen: „Vielleicht kommt’s zum richtigen Zeitpunkt“
Vor dem letzten Heimspiel gegen Duisburg hatte Manfred Stoffers die Frösche durch den Rahm hupfen lassen – und auch diesmal hat das Vorwort des Geschäftsführers im 1860-Stadionheft „Löwen News" wieder hohen Unterhaltungswert. Vor dem Pokal-Achtelfinale in der Allianz Arena am Mittwoch gegen Schalke04 (19 Uhr) empfiehlt Stoffers den leidgeprüften Fans, auf Rituale des Aberglaubens zu setzen. „Ach ja, vergessen Sie nicht, Ihre Löwensocken auf links zu ziehen“, schreibt er, „vergessen Sie nicht, den kleinen Stofflöwen in Ihrer rechten Manteltasche liebevoll, aber kräftig zu streicheln. Schließlich brauchen wir auch das Quäntchen Glück.“ Täätää!
Für den kriselnden Zweitligisten geht es in der Allianz Arena aber um mehr:
Das Prestige:
Der TSV 1860 hat die Chance, das blamable 2:3 beim FSV Frankfurt vergessen zu machen und mit einem Sieg über den Bundesligisten ins Cup-Viertelfinale einzuziehen. „Es geht darum“, sagt Stoffers, „einmal mehr zu beweisen, dass der gewitzte David gegen den eher rustikal getrimmten Goliath eine gute Chance hat.“ Schalke rustikal? Nun ja. In der letzten Saison scheiterte David 1860 im Achtelfinale an Goliath HSV – 1:3. Diesmal soll’s anders laufen. „Für viele Spieler ist das Spiel gegen Schalke ein Highlight, viele haben sowas noch nicht erlebt“, glaubt Stoffers. „Aber die Spieler müssen kapieren, dass es jedes Wochenende ein Highlight gibt.“
Das Geld:
„Das ist ein Millionen-Spiel für uns“, sagt Stoffers – und rechnet vor: „Wenn wir gewinnen, gibt’s mehr als 900000 Euro aus dem Pokaltopf, dazu kommt die Hälfte der Zuschauereinnahmen. Das wäre eine tolle Energiespritze.“ Nicht nur für den Verein, sondern auch für die Spieler. Rund 8000 Euro soll’s pro Mann fürs Weiterkommen geben. Stoffers appelliert an die Löwenprofis: „Rennt euch die Seele aus dem Leib!“
Die Psyche:
Gelänge 1860 die Sensation gegen Felix Magaths Millionentruppe, könnte das eine Initialzündung bedeuten. „Vielleicht kommt dieses Spiel zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Trainer Ewald Lienen. Er hofft, dass die 90-minütige Krisensitzung vom Montag Früchte trägt. „Wir wissen nun, wo uns der Schuh drückt. Wir haben nicht genug Typen, die den Mund aufmachen. Bei vielen Spielern ist der Führungsanspruch nicht verankert. Wenn wir einen Olli Kahn hätten, würde der 40 Meter über den Platz sprinten und hätte einem ins Ohr gebissen.“
Benny Lauths Charakter:
Es war der Aufreger der letzten Tage – die Auswechslung des Kapitäns nach 43 (!) Minuten in Frankfurt. Lienen verteidigte sich am Dienstag nochmals: „Das war keine emotionale Auswechslung, sondern eine verspätete.“ Gegen Schalke erhält Lauth eine weitere Chance. Bestätigt der Ex-Nationalspieler Lienens Vorwurf („Benny joggt über den Platz“)? Oder kämpft er?
Die Fans:
20.000 Tickets hat 1860 im Vorverkauf abgesetzt. Lienen: „Wir wissen, dass die Fans unser Kapital sind. Sie sind der Grund, warum wir hier sein dürfen. Umso bedauerlicher, dass wir sie in ein Wechselbad der Gefühle schicken.“ Vor dem Anpfiff wird der Trainer in die Nordkurve gehen: „Ich stelle mich! Das ist eine Frage des Respekts und Anstands, aber manchmal nicht so leicht. Manchmal hast du Angst, die erschießen dich.“ Ein Sieg – und Lienen dürfte sich wohl auch mal wieder nach dem Schlusspfiff im Norden blicken lassen.
Oliver Griss