Steiner: "Auf Mittelmaß hat keiner Lust"

Hier spricht Otto Steiner, Vorsitzender des Aufsichtsrats bei 1860, über den Drang nach Erfolg, die Euphorie der Fans – und Probleme
mit einem Löwen-Trikot auf der Wiesn
AZ: Herr Steiner, vor dem Derby in Ingolstadt ist der TSV 1860 noch ungeschlagen. Trotzdem reicht es nach sechs Spielen nur zu Platz acht. Ist bei Ihnen nach der Vorfreude im Sommer schon Ernüchterung eingekehrt?
OTTO STEINER: Nein, so schnell geht das nicht. Nach den ersten Wochen der Saison geht es aber jetzt darum, die Weichen zu stellen und Kurs nach oben zu nehmen. Wir sind zwar auf Platz acht gerutscht, aber das sollte uns eine Warnung sein. Wir haben jahrelang im Mittelfeld festgesteckt, auf Mittelmaß hat nun wirklich keiner mehr Lust. Letztes Jahr ging der Trend schon nach oben. Und den Weg wollen wir jetzt fortsetzen. Ich würde mir wünschen, dass wir vor allem zu Hause mehr dominieren. Dass die Gegner schon ein bisschen die Hosen voll haben, wenn sie zu uns kommen. So weit ist die Mannschaft aber noch nicht.
Was fehlt denn noch?
Was mir zuletzt gegen Braunschweig super gut gefallen hat, war die Körpersprache von Benny Lauth. So kraftvoll und aggressiv habe ich ihn selten gesehen. Meine Herren, das war ein starker Auftritt. Und wenn jeder so einen Dampf entwickelt wie Lauth, dann nimmt auch die Mannschaft bald das Zepter selbst in die Hand und dominiert mehr. Ich konnte ihn schon verstehen, dass er sich danach beschwert hat. Er will mehr Druck machen, das ist gut. Er will, dass sich die Gegner nach den Löwen richten, nicht wir uns nach ihnen. Auf Dauer kann es nicht unser Ziel sein, hauptsächlich zu reagieren.
Sind Sie im Aufsichtsrat besorgt, dass die sehr gute Grundstimmung im Verein mit dürftigen Auftritten der Mannschaft aufs Spiel gesetzt werden könnte?
Wir verspüren immer noch eine Art Euphorie im Umfeld – und die sollten wir nicht verspielen, das stimmt. Das wäre jammerschade. Aber es ist noch viel zu früh, sportlich irgendetwas zu bewerten. Es gibt die klare Absprache zwischen dem Aufsichtsrat, dem Präsidium und dem Investor, dass Trainer Reiner Maurer und Sportchef Florian Hinterberger jetzt die faire Chance haben, sich mit der von ihnen zusammengestellten Mannschaft beweisen zu können. Man muss ja gestehen, dass sie diese Chance, mal in Ruhe zu arbeiten, vorher noch nie hatten. Es gibt also die Vereinbarung, dass wir die Situation im Winter bewerten und dann eine Analyse vornehmen. Und daran halten wir uns auch. Dann aber müssen sie sich am Erreichten messen lassen. Es gab jetzt zwar das eine oder andere Unentschieden, aber die Stimmung unter den Fans ist immer noch gut, ich war gegen Braunschweig wieder die zweite Halbzeit im Fanblock. Und die Leute haben den Einsatz honoriert, da war keiner enttäuscht.
Zum Wiesn-Start waren Sie in Tracht in die Arena.
Ja, ganz genau. Ich hatte mir mal eine blaue Lederhose besorgt und zwei unserer Wiesn-Trikots gekauft. Die waren ja heiß begehrt. Eins habe ich meinem Sohn zum Geburtstag geschenkt. Meins wäre mir fast zum Verhängnis geworden.
Wie bitte?
Ich bin später noch auf die Wiesn, hatte dort eine Einladung im Käferzelt. Und da konnte ein Sicherheitsmann wohl nicht glauben, dass in dem Zelt einer ein Löwen-Trikot anhat. Der wollte mich deswegen dann rauswerfen. Aber es ging alles gut.
Gutgehen soll für Sechzig auch am Mittwoch der Trip nach Ingolstadt. Das Team wurde mit Audi-Geld wieder stark verbessert und will den Löwen den Rang ablaufen.
In meinen Augen gibt es aber nichts, was man mit 1860 vergleichen kann. Wir haben die Tradition, wir sind ein echter Club, wir haben einen riesigen Fan-Stamm. Natürlich ist es schade, dass jetzt Vereine wie der FC Augsburg oder Greuther Fürth über uns spielen. Aber wir sollten uns von diesen bayerischen Ranglisten nicht abschrecken lassen und auf uns gucken. Als Sechzger sollte man immer eine breite Brust haben, dann gewinnen wir auch in Ingolstadt.