Stefan Aigner: „Viel Luft nach oben“
Löwen-Profi Stefan Aigner (23), vor der Saison als Führungsspieler gehandelt, scheint seine Krise überwunden zu haben. Trainer Maurer erwartet sich aber noch viel mehr vom Mittelfeldspieler
MÜNCHEN Auf einmal war sie wieder da, die Kraft. Wochenlang, eigentlich ja sogar monatelang, hatte sich Stefan Aigner eher schlapp durch das Training und ab und zu auch mal durch ein Spiel geschleppt. Trainer Reiner Maurer sah den 23-Jährigen lange Zeit „in einem Loch“, und das, nachdem er Aigner eigentlich als einen der großen Hoffnungsträger für diese Saison angesehen hatte.
„Das hat mir alles keinen Spaß gemacht", sagt Aigner rückblickend. „Ich kam die ganze Hinrunde nicht in Tritt, für mich persönlich war sie eine große Enttäuschung. Ich hatte mir viel mehr erhofft." Zu allem Übel gab es im Januar noch nicht mal eine Besserung: Weil Aigner nach seinem im Oktober erlittenen Anriss des Syndesmosebandes immer noch nicht so richtig fit war, im ersten Spiel gegen Bochum dennoch von Beginn an auf dem Feld stand, gab er eine derart schwache Figur ab, dass er nun erklärte: „Wenn man zwei Mal den Platz hoch- und runterrennt, dann auf die Uhr guckt und schon nach sieben, acht Minuten total ausgepumpt ist, dann läuft irgendwas falsch. Ich habe einen ordentlichen Sch...dreck gespielt." Folglich setzte ihn Maurer erst mal auf die Bank, Aigner fing an zu grübeln, „ich habe mir einen tierischen Kopf wegen meiner Leistungen gemacht" - doch nun geht es wieder bergauf mit ihm.
Beim 1:1 gegen Duisburg zeigte er aus heiterem Himmel seine beste Saisonleistung, rannte und kämpfte derart energisch, dass man dachte: In nur einem Spiel will er die ganze Saison wiedergutmachen. „Es hat sich ausgezahlt, dass ich in der letzten Zeit im Training immer 100 Prozent gegeben habe. Und wenn man dazu noch einen gewissen Schmerzpunkt übersteigt, läuft's auf einmal wieder." Und auch Maurer zeigte sich angetan von Aigners Steigerung: „Er hat sich klar verbessert. Vor allem kraft- und laufmäßig ist er auf einem sehr guten Weg." Trotzdem fordert der Trainer: „Stefan hat noch viel Luft nach oben.“
Aigner selbst weiß das auch, zumal seine Konkurrenz auf der Außenbahn durch Tarik Camdal und Kevin Volland größer geworden ist, deswegen gilt für ihn: ausruhen verboten. „Es gab Zeiten, da musste man im Training nicht immer alles zeigen, weil man wusste, es gibt sowieso keinen anderen auf der Position. Aber das geht nicht mehr, keiner kann sich mehr sicher sein. Jetzt weiß jeder, woran er ist.“ Das gilt für Aigner auch in Sachen Zukunftsplanung. Da nun auch die zweite Transferperiode der Saison – zwar mit Spekulationen über einen Aigner-Abgang, aber ohne konkrete Verhandlungen – zu Ende gegangen ist, kann der 23-Jährige nun mit Gewissheit sagen: „Ich gucke jetzt nur noch auf mich. Ich muss jetzt stärker werden und in der Rückrunde zeigen, was ich kann. Über alles andere will ich mir jetzt keine Gedanken machen. Das bringt jetzt auch nichts.“
Klar, Löwen-Fan Aigner will in die Erste Liga, am liebsten natürlich mit 1860. Weil die Chancen dazu aber von Woche zu Woche geringer werden und er sich beim Nichtaufstieg mit einem Wechsel beschäftigen wird, könnte den Löwen nach einem möglichen Abgang von Publikumsliebling Benny Lauth der Super-GAU drohen. „Wir haben wenige absolute Identifikationsfiguren“, sagt der designierte Löwen-Präsident Dieter Schneider, „und auf die, die wir haben, müssen wir gut aufpassen." Bei Lauth ist der Verbleib eine Frage des Geldes. Bei Aigner wird es vor allem um sportliche Perspektiven gehen. Und da haben die Löwen derzeit schlechte Karten.
Marco Plein