„St. Pauli hat mehr Sex als 1860“

Am Freitag treffen die beiden Vereine aufeinander, die in ihren Städten jeweils nur die Nummer zwei sind. Die AZ vergleicht die Traditionsklubs TSV 1860 und FC St. Pauli. Beide gelten völlig zurecht als die etwas anderen Profiklubs.
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Jubeln mit dem Tod: Beim FC St. Pauli pflegen die Fans ihren etwas skurrillen Humor.
ap Jubeln mit dem Tod: Beim FC St. Pauli pflegen die Fans ihren etwas skurrillen Humor.

Am Freitag treffen die beiden Vereine aufeinander, die in ihren Städten jeweils nur die Nummer zwei sind. Die AZ vergleicht die Traditionsklubs TSV 1860 und FC St. Pauli. Beide gelten völlig zurecht als die etwas anderen Profiklubs.

MÜNCHEN/HAMBURG Was im Schatten wächst, gedeiht normalerweise nicht allzu gut. Irgendwie gilt das auch im Fußball. Heute Abend (18 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de) treffen in der Zweiten Liga der FC St. Pauli und der TSV 1860 aufeinander. Zwei traditionsreiche Klubs, klar. Aber auch zwei, die ein Problem miteinander teilen: Sie sind in ihrer Stadt jeweils nur die Nummer zwei. Sie stehen im Schatten. St. Pauli hat im HSV einen übermächtigen Lokalrivalen. Und die Löwen im FC Bayern einen Nachbarn, der auf sie herabschaut.

Das Duell der ewigen Zweiten aus Hamburg und München wirft die spannende Frage auf, welcher der beiden Klubs mehr macht aus seinem Schattendasein. Die Analyse der AZ.

STADION

Dass sich der FC St. Pauli und der HSV eine Spielstätte teilen, gilt auf dem Kiez als absolut undenkbar. Die HSH-Nordbank-Arena ist Tabuzone. Im vergangenen Jahr hat die Pauli-Mitgliederversammlung sogar den Plan niedergestimmt, die Namensrechte am klapprigen „Stadion am Millerntor“ zu verkaufen. Das verstehen sie auf St. Pauli als Traditionspflege.

Bei den Löwen gibt es Fans, die von so etwas träumen. Die Grünwalder-Fraktion lässt sich auch mit einem „Heimatabend“ pro Jahr, also einem Testspiel im Sechzger-Stadion, kaum dauerhaft befrieden. Die Mehrheit hat sich freilich damit abgefunden, in der Allianz Arena bloß Mieter des FC Bayern zu sein.

IMAGE

Pauli-Präsident Corny Littmann, Theater-Betreiber und bekennender Schwuler, sagt, die Fans seines Klubs seien äußerst engagiert und hätten eine besondere Einstellung: betont antifaschistisch und gewaltfrei. Das wirke sich in den Heimspielen aus. Littmann: „Der hohe Frauenanteil bei uns ist sicher außergewöhnlich.“ Gern verpasst sich St. Pauli das Image des Freibeuter-Klubs, die Totenkopf-Flagge ist quasi das Klub-Emblem und hängt im Stadion sogar an jeder Eckfahne. Auch dass statt teurer VIP-Logen auf St.Pauli Plätze im Container verkauft werden, hat einen besonderen, wenngleich seltsamen Charme. Der Verein pflegt auch seine Nähe zum Kiez. Spieler wie Alexander Ludwig lassen sich da schon mal mit Table-Dance-Damen ablichten.

Der Münchner Marketing-Experte Peter Ehm („Headline") sagt denn auch: „St.Pauli besetzt gekonnt die Rolle des Piraten, des Gesetzlosen. Der FC St. Pauli hat einfach mehr Sex als 1860. Da kommen die hübscheren Frauen, da ist das Klima weniger aggressiv. Das erlaubt einem, die Kinder mitzubringen.“ Bei den Löwen sei das anders, sagt Ehm: Er lasse seinen Nachwuchs da lieber zu Hause. Ehm sagt: „Durch die ewigen Querelen im Verein zerstören die Sechzger ihre Marke.“

FANS

Pauli-Präsident Littmann sagt: „1860 hat mehr Fans in der Stadt, der FC Bayern im Umland. Das ist bei uns genau so.“ St. Pauli hat 200 registrierte Fanklubs, die Löwen rund 500. Zu 1860-Heimspielen kommen auch mehr Zuschauer (Vorjahr: 35000 im Schnitt). St. Pauli (22000 Plätze, oft ausverkauft) leidet unter dem Kapazitätsproblem; das Stadion soll auf 27000 Plätze aufgestockt werden.

SPENDEN

Um die drohende Insolvenz abzuwenden, verkaufte St. Pauli 2003 T-Shirts mit der Aufschrift Retter, der Erlös floss in die Klubkasse. Das Hemd geriet zum Modehit. Selbst Bayern-Manager Uli Hoeneß trug es. Die gesamte Rettungsaktion spielte 1,6 Millionen Euro ein.

Diese Aktion hatten sie auch bei 1860 im Sinn: Dort startete die Geschäftsführung – damals noch mit Stefan Ziffzer an der Spitze – die Spendenaktion „Ein starker Kader – mit eurer Hilfe“. Fans sollten Geld geben, dafür bekamen sie einen Klub-Schal. Am Ende brachte die Aktion allerdings weniger als erhofft, 340 000 Euro. Manches gelingt St. Pauli eben besser als den Löwen. Auch im Schatten.

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