So wie einst Offenbach: TSV 1860 stellt Drittliga-Startrekord ein

München - An diesem Abend war alles anders auf Giesings Höhen. Schwarze Luftballons. Totenstille. Nicht einmal die Anti-Ismaik-Fahne. Stattdessen das Konterfei eines jungen Mannes, der viel zu früh sein Leben geben musste.
"Moritz, Moritz", skandierten die Fans in der Westkurve und präsentierten ein Kondolenz-Spruchband im Gedenken an den erst 36-jährigen Sechzger-Supporter Moritz W., der nach einem tragischen Verkehrsunfall eine Frau und vier kleine Kinder hinterlässt. Eines hätte sich Moritz ganz gewiss gewünscht: einen Löwen-Sieg. Die Mannschaft hat ihm diesen Wunsch erfüllt.
"Fünf Spiele, fünf Siege, das ist außergewöhnlich"
Durch ein überzeugendes 3:1 (1:0) tütete der TSV 1860 an einem anfangs traurigen und in der Folge umjubelten Abend den nächsten Dreier ein. Das Achter-Duo Martin Kobylanski (34.) und Yannick Deichmann (60.) sowie Joker Joseph Boyamba (79., Elfmeter) schossen den fünften Sieg im fünften Spiel heraus, Andor Bolyki konnte nur verkürzen (74.)
"Großes Kompliment an meine Mannschaft! Fünf Spiele, fünf Siege, das ist außergewöhnlich", stellte Trainer Michael Köllner nach dem Schlusspfiff hochzufrieden über Sechzigs vereinseigenen Startrekord fest: "Wir haben eine weiße Weste, das hätten uns im Vorfeld wohl nur wenige zugetraut." Kleine Rechnung am Rande: Für 15 Punkte hat 1860 in der Vorsaison noch satte elf Partien gebraucht.
Nun haben die Köllner-Kicker auch den Drittliga-Startrekord der Kickers Offenbach aus der Saison 2010/11 eingestellt. "So wie einst Real Madrid, benannte die Band "Sportfreunde Stiller" einst eines ihrer Alben über den Rekordsieger der Champions League. Für die Löwen galt an diesem Abend: So wie einst Offenbach.
Coach Köllner entschied sich diesmal innerhalb des Kollektivs einer erwartbaren Startelf ohne große Überraschungen für Torjäger Meris Skenderovic anstelle von Fynn Lakenmacher. Prompt war es der Knipser, der die erste gute Chance hatte: Nach einer sehenswerten Sechzger-Kombination über den rechten Flügel kam der 24-Jährige freistehend per Volleyschuss zum Abschluss und verzog nur knapp (10.). Wenig später eine klasse Kopfball-Staffette über Morgalla, Deichmann und Lex, der das Tor nur von oben traf (18.).
Zehn Minuten später lag Käpt’n Lex am Boden, was für die Gäste Folgen haben sollte: Tunay Deniz versündigte sich schon zum wiederholten Mal mit Gelb und flog daher vom Rasen. Fünf aus 15 mit einem Mann mehr, dassollte doch möglich sein, oder, Löwen? Es war möglich.
Die erste Riesen-Möglichkeit auf das 1:0 vergab Skenderovic noch. Kobylanski machte es besser - und knallte die Kugel aus der zweiten Reihe mehr als sehenswert in den Winkel. "Eine Augenweide", schwärmte Köllner voller Anerkennung.
Glatt Rot für Rieder, Joker Boyamba trifft vom Punkt
Für den zweiten Treffer musste 1860 lange warten und auch ein bisserl kämpfen, denn Halle steckte nicht auf und Tim Rieder musste mit glatt Rot vom Feld (57.). Und überhaupt: Schiedsrichter Steven Greif brachte mit sage und schreibe 14 Verwarnungen und der beiden Platzverweise mehr Farbe ins Spiel, als es allen Beteiligten lieb war. "Unglücklich", fand es Deichmann hinterher. Auf dem Rasen hatte er zuvor nach einer kleinen Slapstick-Einlage das wichtige 2:0 besorgt.
Joker Joseph Boyamba, der schon Deichmanns Treffer per Traumpass ermöglicht hatte, machte den kurzen Hoffnungsschimmer der insgesamt biederen Gäste mit seinem Traum-Solo, dem herausgeholtem und direkt selbst versenktem Strafstoß zunichte. Am Ende durften alle Blauen über den nächsten Dreier und den Startrekord jubeln. Vielleicht hat auch Moritz von da oben mitgejubelt.