Siege auf Sparflamme

Vor Saisonbeginn wurde beim TSV 1860 vom Tempofußball à la Barcelona geträumt – nun gewinnt die Mannschaft von Coach Maurer zwar Spiele, doch sogar er sagt: „Wir sind nicht explosiv”.
München - „Wir wollen spielen wie Barcelona und kämpfen wie die Löwen.” Angesichts der letzten Vorstellungen zwar kaum zu glauben, aber diesen Satz hat tatsächlich ein Löwe gesagt. Es war Mitte Juli, die Zweitligasaison hatte noch nicht begonnen, als Coach Reiner Maurer dieses Ziel postulierte. Der TSV 1860, so Maurers Plan, sollte künftig für Kombinationsspektakel stehen, für Vollgasgekicke auf höchstem Niveau. Später verglich Maurer 1860 sogar mit der Nationalmannschaft, erkannte zumindest vergleichbare Spielstile. Die Löwen wollten ihren Fans, allen voran Investor Hasan Ismaik, etwas bieten. Und sie boten spektakuläre Spiele. „Willst du schönen Fußball sehen, musst du zu den Löwen gehen”, hatte 1860-Sportchef Florian Hinterberger nach dem vierten Spieltag augenzwinkernd gesagt – nach dem formidablen 4:0 gegen Aue.
Nun, kurz vor der Winterpause, sind die Ansprüche wieder deutlich gesunken. Spätestens das beinah absurde, weil dem Spielverlauf überhaupt nicht widerspiegelnde 3:0 gegen Eintracht Braunschweig offenbarte: Vom spektakulärem Spiel sind die Löwen ungefähr so weit entfernt wie die Vorstellung, dass Ismaik sich in einer Wirtschaft auf bayerisch einen Schweinebraten mit Weißbier bestellen würde. Noch immer stehen bei 1860 mit Benny Lauth, Kevin Volland und den defensiv kaum zu gebrauchenden Flügelläufern Stefan Aigner und Djordje Rakic praktisch vier Stürmer auf dem Platz. Sie alle machen auch ihre Tore, 1860 steht mit 29 Punkten auch recht ordentlich da. „Die Mannschaft spielt eine gute Saison im Rahmen der Möglichkeiten", sagte Maurer. Doch von einem gepflegten Kurzpassspiel oder flüssigen Angriffen war zuletzt kaum mehr was zu sehen. Die neue Siegformel scheint nun zu lauten: Unschön spielen, trotzdem gewinnen. Siege werden auf Sparflamme errungen.
„Wir haben uns spielerisch schwer getan. Bei Ballbesitz sind wir nicht explosiv und uns fehlt die Ballsicherheit”, erkannte auch Maurer am Freitag kritisch. Sportchef Florian Hinterberger hielt fest: „Wir sind von einer Verlegenheit in die nächste geschrammt.” Und Aigner, der mit seinem sechsten Saisontreffer den Torreigen gegen Braunschweig eröffnet hatte, sagte drastisch: „Ich schäme mich, wir haben katastrophal gespielt."
Tatsächlich ist es derzeit so, dass die Löwen das Spiel nicht einmal zu Hause kontrollieren können. „Wir haben Braunschweig im eigenen Stadion ausgekontert", sagte Lauth. Ihnen blieb auch nichts anderes übrig. Weil die Offensivkräfte kaum nach hinten arbeiten, die Verteidiger und in der Zentrale Kai Bülow somit vor allem mit Defensivaufgaben befasst sind und Daniel Bierofka kurz vor der Winterpause am Ende seiner Kräfte scheint, klaffte gegen Braunschweig im Mittelfeld immer wieder ein 20, 30 Meter großes Loch.
Dementsprechend zufällig schienen auch die Konter zu den Toren entstanden zu sein. „Halfar, Lauth und Aigner sind zur Zeit nicht fit. Sie haben viel für Offensivwirbel gesorgt", erklärte Maurer entschuldigend. Überhaupt scheinen die Spieler aus dem letzten Loch zu pfeifen. Sinnbildlich sind die Abwürfe von Torhüter Gabor Kiraly, der stets das Tempo aus dem Spiel nimmt, anstatt einen schnellen Gegenangriff einzuleiten. Ruhe statt Spektakel, das ist das Motto. „Das ist normal und bei fast allen Mannschaften so", meint Maurer, der sich ebenfalls auf die Auszeit freut. „Ich habe 18 Monate keinen Urlaub gehabt. Ich werde mir auch ein paar Tage Pause gönnen.”