"Sechzig ist und bleibt in Giesing": Mit welchem Konzept 1860 das Riffraff übernimmt

Giesing - Am Dienstag vor einer Woche kann man mal wieder sehen, welche Bedeutung das Riffraff für die Löwen-Spieltage hat. Als vor dem Abendspiel gegen Lübeck Tausende Sechzger-Fans vom U-Bahnhof Silberhornstraße in Richtung Stadion strömen, steht Wirt Flo Falterer mitten auf dem Gehweg vor seiner Bar.
Ganz so, als wolle er jeden Einzelnen daheim in Giesing begrüßen. Eine Stunde nach Schlusspfiff dann tanzen ein paar junge Leute in Löwen-T-Shirts entspannt drinnen in der Bar, während draußen auf der Terrasse und dem Gehweg noch lange große Menschentrauben in der Sommernacht zusammenstehen, sich Altbekannte begrüßen, gelacht und debattiert wird.

Zwei Schocks für TSV-1860-Fans: Das Riffraff und der Trepperlwirt schließen
Wie so oft, seit die Sechzger 2017 ins Grünwalder Stadion zurückgekehrt sind – in die unmittelbare Nähe der Szenebar von Florian Falterer, der selbst viele Kontakte in die Fanszene hat. Umso härter traf Löwen (und alle, die es super finden, dass es in Giesing auch eine junge Ausgehszene gibt), dass Falterer nicht mehr weitermachen mag. Er konzentriert sich künftig auf sein "Crönlein" am Nockherberg.
Für die Löwen schien es in "ihrem" Viertel eng zu werden – zumal auch noch der sehr bodenständige, sehr Sechzger-lastige Trepperlwirt auf diesem Abschnitt der Tegernseer Landstraße schließen muss.
"Sechzig ist in Giesing. Und wir wollen hier bleiben": Der TSV 1860 übernimmt das Riffraff
Doch der TSV 1860 hat schon zu Jahresbeginn erklärt, die Räume gerne übernehmen zu wollen, die Ehrenamtlichen vom e.V., nicht die Profifußball-Firma.
Man trommelte im Bezirksausschuss für das Anliegen, suchte Partner innerhalb des Vereins und der Fanszene und bei den Sponsoren. Und kann nun tatsächlich Vollzug melden: Die Verträge sind unterschrieben, schon Anfang 2024 könnte mitten in Giesing ein ganz besonders, zeitgemäßes Vereinsheim eröffnen.

Der Standort bietet für die Löwen an und außerhalb der Spieltage viele Vorteile. Und: Er hat auch große Symbolik. "Das ist ein Zeichen", sagt Sechzig-Vizepräsident Hans Sitzberger, als die AZ ihn vor dem Riffraff trifft, "ein Zeichen, dass Sechzig sich ins Viertel hinein ausbreitet. Sechzig ist in Giesing. Und wir wollen hier bleiben."
Das Riffraff in München bekommt ein neues Konzept – und einen neuen Namen
Sitzberger hat seine Mitarbeiter Julian Reich und Viola Oberländer mitgebracht. Und wer den drei an einem Giesinger Spätsommermorgen an der Tegernseer Landstraße zuhört, muss den Eindruck gewinnen, dass es im Verein eine Riesen-Begeisterung rund um das Projekt gibt. Seit fast einem Jahr hat man daran gewerkelt. Man setzt auf die vielen, vielen Ehrenamtlichen – und ein besonderes Konzept.
Seit Montagnachmittag steht auch der Name fest. "Bamboleo" wird der Laden heißen, Löwen-Fans denken da nicht zuerst an einen gleichnamigen Laden auf Mallorca. Sondern an ein Lied, das in der Westkurve bei Spielen gesungen wird ("Bamboleo, bamboleo – 1,8,6,0 – oleo"). Und die Mitglieder des Vereins haben selbst den Namen bestimmt. "Wir sind ein demokratischer Verein", sagt Julian Reich, "natürlich sollten die Mitglieder abstimmen."
Die letzten Wochen des Riffraff: Festivals, Lesungen und Open-Air-Partys
Das Riffraff geht nun in seine letzten Wochen, zum Ois-Giasing-Festival am 9. September gibt es noch mal eine große Open-Air-Party in der Weinbauernstraße mit Schlachthofbronx, Falterer wird danach noch einige Wochen Freitag und Samstag öffnen, hat aber zum Beispiel auch noch mal eine Oskar-Maria-Graf-Lesung und eine Veranstaltung mit den "Löwen-Fans gegen rechts" geplant. Der letzte Abend soll dann nach dem Heimspiel gegen Dynamo Dresden am 8. Oktober sein.
Dann ist das Riffraff Geschichte. Und die Umbauarbeiten beginnen. Natürlich mit ausgiebiger Hilfe aus dem Löwen-Umfeld. Bei den "Unternehmern für Sechzig" sind die verschiedensten Branchen dabei. Die dunkle Bar, die heute innen vor allem nachts zum Feiern ihren Charme entwickelt, soll heller, offener werden. Der EV wird hier auch mit einem Büro einziehen, ebenso die Versicherungskanzlei Deniz Korkmaz (für Löwen-Hauptsponsor "Die Bayerische").

Fanshop, Kneipe, Probenraum: Was der TSV 1860 mit dem Riffraff vorhat
Der EV wird hier auch seinen ersten eigenen Fanshop einrichten, die heute schon an Ständen und vor allem im Internet verkauften Kleidungsstücke kann man dann auch vor Ort anprobieren. Bene Lankes, der am Trainingsgelände das "Löwenstüberl" betreibt, ist eingebunden, viel Arbeit soll hier aber auch in Zukunft im Alltag von Ehrenamtlichen gemacht werden. Sitzberger stellt sich vor, dass sich hier Mitglieder nach Wanderungen oder Ausflügen treffen, alle Abteilungen das Bamboleo nutzen können.
90 Quadratmeter Bar sollen es laut Oberländer auch künftig sein. Kein klassisches Vereinsheim, auch ein Angebot fürs Viertel. Bezirksausschuss-Chefin Carmen Dullinger-Oßwald (Grüne) hat sich neulich in der AZ schon begeistert über die Ideen geäußert. Der Giesinger "Bud Spenzer Heart Chor" wird hier wie schon im Riffraff proben. Sechzig plant, donnerstags, freitags und samstags auch dann im Kneipenbetrieb zu öffnen, wenn die Löwen nicht spielen.
"Ein fairer Preis für die Fans": Dieses Bier wird im Riffraff künftig ausgeschenkt
Und wenn der Löwe kickt: natürlich eh. Zu Heimspielen will man Treffpunkt bleiben wie schon bisher. Auswärtsspiele sollen nach Möglichkeit auch alle übertragen werden. Und das Bier? Wird Hacker-Pschorr werden, der Löwen-Partner ist ebenfalls schon fest eingebunden. Einen genauen Preis nennt Sechzig noch nicht, aber Julian Reich klingt sehr überzeugt, wenn er "einen fairen Bier-Preis für die Fans verspricht".
Überhaupt scheinen sich die Löwen inzwischen ihrer Bedeutung bewusst zu sein in einem Viertel, das immer teurer wird, zu teuer oft auch für die Fans. Kleine Speisen wie Leberkassemmeln soll es geben. Und: ein Museum! Die Abteilung Vereinsgeschichte ist auch dabei, wird alte Plakate und andere besondere Stücke aus der Löwen-Geschichte ausstellen. "Die Archive sind voll", heißt es von den Löwen. Klingt alles, als gäbe es ab 2024 ganz viel zu schauen mitten in Giesing. Auch dann, wenn gar kein Spieltags-Gewusel draußen auf der Tela ist.