Sechzig in der Krise: Nun keilt Coach Köllner zurück
München — Es war auf der Grünwalder Straße ein normaler Novemberfreitag – mal abgesehen vom für die Jahreszeit eher untypischen weiß-blauen Himmel über München. Vögel zwitscherten, die Leute gingen mehr oder weniger geschäftig dem Alltag nach. Beim TSV 1860 war es auf seinem angrenzenden Klubgelände auch gewöhnlich – aber auf die ganz spezielle Löwen-Art. Mal wieder Krise bei den jahrelang Krisenerprobten. Trainer Michael Köllner und Sportchef Günther Gorenzel hatten was zu sagen.
Es gab Klärungsbedarf. Nicht nur angesichts der drei Niederlagen in Folge ohne eigenes Tor, sondern auch, weil bereits über ein Endspiel für Köllner am Montag gegen Rot-Weiß Essen spekuliert wurde. Gorenzel verwies das ins Reich der Fabel. "Ich spekuliere nicht, ich analysiere", begann der Österreicher seinen Köllner-Verteidigungsmonolog. Man habe sich nicht mit "Ruhm bekleckert" in den zurückliegenden Spielen, das sei auch "nicht schönzureden."
Gorenzel: "Ich analysiere Dinge ganzheitlich"
Aber: "Ich erkenne einen ganz klaren Plan, eine ganz klare Herangehensweise unseres Cheftrainers. Und deswegen gibt es auch kein Ultimatum in irgendeiner Form oder sonst irgendetwas, weil ich Dinge ganzheitlich und bis ins Detail analysiere und bewerte. Und objektive Daten geben mir dabei recht und ich sehe mich in meiner Meinung bestärkt. Warum sollen wir daher Dinge grundsätzlich Infragestellen?"
Ja, warum? Vielleicht wegen nur zehn Punkten aus den letzten neun Spielen und einem sich anscheinend festsetzenden Abwärtstrend. Gorenzel und Köllner jedenfalls übten den Schulterschluss, bildeten eine Krisenkette, wenn man so will. Deren Stabilität würde besonders dann auf die Probe gestellt, sollte auch der Punktspielabschluss dieses Jahres gegen den Aufsteiger in die Hose gehen.
TSV 1860: Coach Köllner beklagt sich über Indiskretion von Insidern
Ohnehin wurde deutlich, dass im Klub im Lichte der sportlichen Misere offensichtlich wieder Gräben aufbrechen. Während Investor Hasan Ismaik via Facebook dazu aufrief, den Trainer nicht zu destabilisieren, scheint die Stimmung auf Seiten des Stammvereins ambivalenter.
Köllner beklagte sich über Indiskretionen von "Insidern"– und die müssen ja irgendwo herkommen. In dem Zusammenhang zeigte er sich enttäuscht, dass ihn eine Einladung zu einer Veranstaltung in der Sechzger-Alm zu kurzfristig erreicht habe. "Das ist eine Blaupause für das, was momentan im Verein passiert", fügte der 52-Jährige hinzu und hörte sich dabei schon etwas bekümmert an.
"Darum haben wir derzeit keinen Erfolg"
"Das Durchstecken von Informationen zur Presse ist kein Ruhmesblatt für einen erfolgreichen Verein – und genau das ist am Ende seit einigen Wochen das Problem." Der Löwen-Coach sieht hier demnach einen Zusammenhang zur tabellarischen Schieflage. "Viele Dinge haben verursacht, dass wir derzeit keinen Erfolg haben. Aber das werden wir zukünftig wieder, davon bin ich fest überzeugt", stellte Köllner klar und erweckte damit den Kämpfer in ihm zum Leben.
"Wir haben über Monate ein gutes Außenbild abgegeben", sagte er, "aber das jetzt ist erfolgslimitierend. Am Ende habe ich persönlich ein Ziel – und jeder von diesen Leuten kann sich drauf verlassen – dieses Ziel werde ich mit aller Gewalt verfolgen." Den Aufstieg in die zweite Bundesliga nämlich.
Einen wollte Köllner von seinem Furor ausnehmen: Präsident Robert Reisinger. Dessen öffentliche Äußerungen vor dem 0:2 beim SC Freiburg II seien kein Problem gewesen. "Er ist Präsident, er darf alles sagen – genauso wie ich. Wir sind alt genug", erwiderte der Coach: "Ich verstehe die Beweggründe. Über Zeitpunkt und die Themen muss sich jeder selbst Gedanken machen." Also doch ein Problem?