Sechzig gegen Dortmund: Wer erlebt sein blaues Pokal-Wunder?
Ein Krimi im Elfmeterschießen gegen Darmstadt 98 (5:4), 1:0-Triumph über den FC Schalke 04 dank Kapitän Stefan Lex: Letzte Saison haben die Löwen bewiesen, dass sie Pokal-Wunder können. Jetzt ist die erhoffte Löwen-Beute ein - wenn nicht sogar zwei - Nummern größer.
"Die Fans fiebern seit Tagen auf dieses Spiel hin. Ich wurde oft angesprochen, um 7.00 Uhr in der Früh beim Joggen: 'Am Freitag zählt's im Stadion!'", meinte Trainer Michael Köllner vor dem weiß-blauen Spiel des Jahres: Der TSV 1860 empfängt Bundesliga-Schwergewicht und Vizemeister Borussia Dortmund zum heißen, schier aussichtslosen DFB-Pokal-Tänzchen im Grünwalder Stadion.
"Für meinen Oberpfälzer Landsmann Didi Hamann ist Dortmund der kommende Deutsche Meister", meinte Köllner schelmisch über eine Aussage des Ex-Nationalspielers und ein Szenario, das wohl allen 1860-Fans nach zehn Bayern-Titeln in Serie nur zu gut gefallen dürfte. Es zeigt aber auch, wie hoch die Latte liegt: "Das ist für unseren Verein ein großes Spiel, die Fans sehnen sich nach ganz großen Fußballfesten. Heute um 20.45 Uhr ein Flutlichtspiel, das geht fast nicht besser", schwärmte der Sechzig-Trainer.
Köllner kündigt "super Winter" an
Lex, der Ur-Löwe führt den Drittligisten auf den Rasen, wo die Ex-Bayern Mats Hummels, der sogar Weltmeister geworden ist, und Niklas Süle warten. Stars wie Marco Reus, Nico Schlotterbeck, das einstige Hachinger Juwel Karim Adeyemi.
"Da spielen viele Spieler, die das Nationaltrikot tragen und hoffentlich dafür sorgen werden, dass wir einen super Winter erleben werden - mit dem WM-Titel am Gabentisch", meinte Köllner lachend und schob eine kleine Spitze gegen Hummels hinterher, der sich in dieser Hinsicht als einziger Akteur ausgeschlossen fühlen darf: "Mancher würde sich gerne noch mal das DFB-Trikot überstreifen."
So oder so: Zwischen Sechzig und den Borussen liegen (Fußball-)Welten.
"Wenn ich die Stärken vom BVB aufzählen würde, dann müsste ich die Pressekonferenz überstrapazieren. Die können einfach alles besser als wir!", lautete Köllners Vergleich über die Kräfteverhältnisse der Giesinger gegen ihren Goliath. Ein Weiterkommen der Blauen, es würde einem Wunder gleichen.
Wird das Löwen-Wunder wahr?
"Das Wunder wird wahr, wenn die Löwen alles raushauen, den richtigen Kampfeswillen entwickeln und auch ein bisserl Glück haben", sagte Meister-Löwe Fredi Heiß der AZ und blickte zurück auf die Fast-Sensation des Jahres 2013: "Ich erinnere nur an das 0:2 nach Verlängerung, als wir die Borussen bereits am Rande einer Niederlage hatten. Jetzt ist alles möglich! Schalke, Dortmund: Die können wir auch packen!"
Ein entscheidender Faktor sollen die Fans auf Giesings Höhen werden. "Wir konnten sie leider nicht mehr ins Trainingslager schicken", scherzte ein sichtlich lockerer Köllner voller Vorfreude: "Du brauchst ein frenetisches Publikum. Wir werden viel leiden müssen, hinterherlaufen müssen, so dass sich in der Wade oder im Oberschenkel etwas andeutet - brauchen wir die Fans, damit sie den genau Krampf aus den Beinen der Spieler lassen."
Während das Personal der Borussen aus Sechzger-Sicht zwar eine absolute Creme de la Creme darstellt, fehlt nach der Hiobsbotschaft um Neu-Torjäger Sebastian Haller (Hodenkrebs-OP) ein echter Stoßstürmer. Für Köllner, der seine Genesungswünsche aussprach, eine Tragödie, aber auch "eine Chance für einen anderen Spieler, einzuspringen".
1860 muss sicher auf Joseph Boyamba verzichten, Yannick Deichmann und Fabian Greilinger sind fraglich. Völlig losgelöst vom Personal auf dem Rasen sagte Köllner über Sechzigs Chance, die eigentlich gar keine ist: "Dazu müssten wir unseren Leistungshorizont erreichen, über uns hinauswachsen. Diesen Faktor können wir beeinflussen, die Leistung von Dortmund nicht."
Wenn, ja wenn sie schwächeln sollten, die Borussen, wird dann das Löwen-Wunder wahr?