Schneider: "Stelle mich nicht mehr mit einem Fuß ins Gefängnis"
Im AZ-Café spricht Sechzig-Präsident Schneider über den Aufstieg, Problemfans und den beinahe schlimmsten Tag in der Geschichte des TSV 1860.
1860-Präsident Dieter Schneider im AZ-Café über...
...die realistische Chance auf den Aufstieg diese Saison: "Gute Frage, nächste Frage. Natürlich ist alles drauf abgestimmt. Die Verpflichtungen im Sommer waren nicht gigantisch, nicht der große Brüller, aber doch auf ein Ziel abgesehen. Die Mannschaft stellt den Anspruch, heuer vorne mitzumischen. Wenn nicht, dann werden wir uns schütteln und schauen, wo wir Fehler gemacht haben und nächstes Jahr diese Fehler verbessern."
...die Idee, nochmal etwas finanziell Verrücktes zu wagen, um aufzusteigen: "Das hatten wir schon ein paar Mal - das Ergebnis ist bekannt. Ich werde mich jedenfalls nicht mehr mit einem Fuß im Gefängnis als Präsident hinstellen, weil wir Insolvenzverschleppung betreiben. Das war damals so! Ich habe keine Lust, das mit einem Harakiri-Abenteuer noch mal zu riskieren."
...den Tag, an dem der TSV 1860 beinahe insolvent gewesen wäre: "Am 1. April 2011 waren die Verhandlungen mit dem heutigen Investor noch in einer ganz frühen Phase. Wir brauchten aber 1,5 Millionen, um alles bezahlen zu können. Wir waren damit zahlungsunfähig, hätten zum Insolvenzrichter gehen müssen. Dann haben wir vormittags kurzfristig mit einem Bankenpool verhandelt, mussten aber bis 15.30 Uhr der DFL nachweisen, dass wir die 1,5 Millionen haben. Um 13.30 Uhr kam die Meldung eines Bankenvertreters: 'Tut uns leid, wir machen nicht mit.' Totenstille im Raum, jeden war klar, wir müssen Insolvenz anmelden. Wir haben dann aber doch noch in den letzten eineinhalb Stunden eine Privatlösung gefunden und konnten den Geschäftsführer um 15 Uhr mit dem Nachweis in die Geschäftsstelle schicken. Wir haben es auf den letzten Drücker geschafft."
...die geheimen Kreditgeber, die 1860 damals retteten: "Das haben sich damals zwei, drei gutherzige Personen aufgeteilt - die heute im Übrigen ihr Geld wieder haben. Ohne das Geld hätten wir die Lizenz verloren und wären zu einem Vorstadtverein geworden."
...das Problem von Neo-Nazis in der 1860-Fankurve: "Das Thema ist uns bewusst, wird von uns auch sehr ernst genommen. Ich habe das neulich auch bei einem U21-Spiel in Heimstetten beobachtet. Wir hatten vor kurzem mit der Stadt München einen intensiven Gedankenaustausch, wir wiegeln das von Vereinsseite bestimmt nicht ab. Aber wir können jemanden nicht einfach aussperren, nur weil er vorbestraft ist. Wir können nur reagieren, wenn jemand etwas Strafbares im Stadion tut und wir den Nachweis dafür haben. Das ist wie beim Hasen und dem Igel."
...die Vorzüge von 1860 gegenüber dem FC Bayern für Fans: "Ich habe hohen Respekt vor dem, was der FC Bayern auf die Beine gestellt hat. Wir wollen uns auch nicht immer mit ihm vergleichen. Warum man Sechzig-Fans sein sollte? Weil wir es schaffen können, eine engere Verbindung mit unseren Fans zu schaffen – unabhängig von der reinen Tagesleistung. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist toll, wir haben alle eine Liebe, 1860, und wenn wir verlieren, lecken wir unsere Wunden, aber gehören weiter zusammen. Es klingt vielleicht pathetisch oder altmodisch, aber ich denke, es ist so. Auch am Trainingsgelände hat man einen ganz anderen Zugang zur Mannschaft als beim FC Bayern. Wir können uns ein bisschen gegen den Gigantismus der Gesellschaft stellen, ein bisschen mehr das Persönliche, das Familiäre in den Vordergrund stellen."
...seine Wunschschlagzeile in der AZ: "Sechzig aufgestiegen und für die neue Saison finanziell gerüstet."