Schlechteste Mannschaft der Rückrunde: HILFE!

Gemeinsames Wundenlecken statt Straftraining bei 1860 nach dem 1:2-Debakel gegen den Zweitliga-Vorletzten Jena: Was macht die Löwen wieder flott? Experten diskutieren mögliche Maßnahmen
von  Abendzeitung
Hängende Köpfe:
Hängende Köpfe: © sampics/Augenklick

Gemeinsames Wundenlecken statt Straftraining bei 1860 nach dem 1:2-Debakel gegen den Zweitliga-Vorletzten Jena: Was macht die Löwen wieder flott? Experten diskutieren mögliche Maßnahmen

MÜNCHEN Es war als Signal zu verstehen. Als die Löwen-Profis am Montagmorgen zum Trainingsgelände kamen, ging’s nicht direkt in die Kabine, sondern zunächst in den ersten Stock des Jugend-Internats. Zum gemeinsamen Frühstück. Kaffeekränzchen statt Straftraining nach dem 1:2-Debakel gegen den Zweitliga-Vorletzten Jena. Gemeinsames Wundenlecken.

Es kriselt bei 1860. Die Mannschaft ist in der Rückrunde die schlechteste der Zweiten Liga, die Abstiegsplätze rücken näher. „Das hat nichts mehr mit Fußball zu tun“, gibt 1860-Abwehrchef Gregg Berhalter zu, sein Defensiv-Kollege Torben Hoffmann meint: „Wir machen viele Dinge falsch.“ Hilfe tut Not. Dringend. Aber in welcher Form? Experten diskutieren in der AZ die möglichen Maßnahmen.

Mehrtägiges Trainingslager:

Eine Kasernierung, wie sie Christoph Daum zuletzt beim 1.FC Köln vor dem Sieg in Offenbach praktiziert hat, könnte helfen, glaubt Meister-Löwe Petar Radenkovic. Radi zur AZ: „Das würde ich empfehlen. Die Mannschaft merkt mit so einer Maßnahme, dass es dem Verein wichtig ist, dass es um die Zukunft geht. Sonst geht doch alles im gleichen Trott weiter.“ Radenkovic erinnert sich zurück an die gemeinsamen Tage in den 60er Jahren in Wartaweil am Ammersee: „Uns hat Max Merkel auch oft weggesperrt, und es hat fast immer was gebracht.“

1860-Trainer Marco Kurz will aber vorerst alles beim Alten lassen. Am Donnerstag, einen Tag vorm Spiel, geht’s wie geplant nach Fürth.

Mentaltrainer:

Kostet Geld, ist aber ein bewährtes Mittel in der Branche. Die Nationalelf setzt seit der WM 2006 auf Hans-Dieter Hermann. Der sagt: „Ich sehe das sportpsychologische Knowhow als ein Puzzleteil im Gesamtbild einer Mannschaft.“ Löwen-Coach Kurz lehnt diese Art der Hilfe aber noch ab. „Ich bin mein eigener Psychologe“, sagte er gestern, „der Trainer ist der Kopf der Mannschaft. Auch der ist gefordert.“ Dabei machen die Löwen-Profis zuletzt keinen gefestigten Eindruck. Selbst erfahrene Spieler wie Hoffmann oder Berhalter, beide 34, patzten.

Straftraining:

Wenn Ex-Trainer Werner Lorant besonders böse war nach Niederlagen, ließ er seine Stars an der Grünwalder Straße einst richtig schwitzen: Intervallläufe, Sprints, harte Zweikampfschule. Was macht Kurz? Zwar gibt es diese Woche keinen freien Tag, aber er will das Pensum nicht erhöhen. Kurz: „Ich halte nichts davon, eine Gruppe in den Keller zu trainieren. Wir müssen beim ABC anfangen.“ Was Kult-Löwe Thomas Miller, einst eisenharter Verteidiger, richtig findet: „Die Mannschaft ist körperlich fertig, die jungen Spieler sind aufgerieben. Die Benders, das sind 18-Jährige, die kann man nicht eine ganze Saison durchspielen lassen.“

Trainerwechsel:

Eine verbreitete Maßnahme im Profigeschäft. Auch bei 1860. Seit 2003 haben die Löwen in Peter Pacult, Falko Götz, Gerald Vanenburg, Rudi Bommer, Reiner Maurer und Walter Schachner bereits sechs Trainer verschlissen; alle mussten früher gehen als geplant. Trifft Kurz das gleiche Schicksal? „Das wäre das falsche Signal“, sagt Ex-Präsident Karl-Heinz Wildmoser. Und auch Berhalter stützt den Coach: „Der Trainer weiß genau, was er macht. Wir glauben an ihn. Ich hoffe, dass Kurz auch an uns glaubt.“

Transfers:

Manager Stefan Reuter hat vor zwei Wochen stolz verkündet, für die nächste Saison schon 22 Spieler unter Vertrag zu haben. Ex-Aufsichtsrat Fredi Heiß fordert weitere Verstärkungen: „Wir müssen dringend etwas für die Abwehr tun.“ Derzeit ist keine Transferperiode, 1860 könnte jetzt nur vertragslose Spieler verpflichten. Zudem fehlt es am Geld. Zumal eine Vertragsverlängerung mit Torjäger Berkant Göktan teuer werden könnte. Ex-Löwe Olaf Bodden bemängelt: „Als Göktan verletzt war, hätte man mit ihm verlängern müssen. Da war der Verein am längeren Hebel. Jetzt wird Göktan von Tor zu Tor teurer.“ Noch eine Sorge für die Löwen.

O. Griss, T. Klein

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