Schlammschlacht um die Löwen-Rettung

Der TSV 1860 kämpft gegen die Insolvenz. Unterdessen streiten Bayern-Präsident Hoeneß und OB Ude immer heftiger, wer die Misere hätte verhindern können. Sie bezichtigen sich der Lüge.
München - Horst Seehofer hatte sicher beste Absichten, als er im Februar die Löwen-Rettung zur Chefsache machte. Dem Ministerpräsidenten schwebte für den in seiner Existenz bedrohten Klub vielleicht nicht gerade ein staatlicher Rettungsschirm vor, aber so etwas in der Art. Drei Privatbanken, dazu die Landesbank, die Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfA), die Stadtsparkasse als Plan B, das Wirtschaftsministerium der FC Bayern, die Löwen – sie alle sollten einen Beitrag zur Rettung leisten (AZ berichtete).
Letzte Woche scheiterte der Plan. An rechtlichen Bedenken. Das glaubt OB Christian Ude. Oder doch eher an persönlichen Animositäten und Unvermögen? Das glaubt Bayern-Präsident Uli Hoeneß.
Und genau über diese Frage, hat sich nun ein Riesenstreit zwischen den beiden entwickelt. Die Löwen-Rettung droht zur Schlammschlacht zweier Männer auszuarten, die sich nie viel zu sagen hatten, aber bisher doch immer wussten, dass es ohne einander doch nicht gehen würde: Hoeneß kontra Ude. Ein Dramolett in drei Akten:
1. Akt, Auftritt Hoeneß: „Ude hat die Löwen hängen lassen”
Am Samstag, nach dem 2:1 der Bayern in Freiburg, wirft Hoeneß den Fehdehandschuh in den Ring. „Ude hat den Rettungsplan torpediert”, sagt er aufgebracht. Tags drauf bekräftigt er seine Vorwürfe noch. „Ude stand dem Rettungspakt im Weg”, so Hoeneß. Ude hätte die Stadtsparkasse als Chef des Verwaltungsrates anweisen können, dem Sanierungsplan zuzustimmen. „Aber er hat gar nichts gemacht”, sagte Hoeneß, dessen Angriff schließlich im schlimmstmöglichen Vorwurf mündete: „Ude tut immer nur so, als er ob er der große Löwen-Liebhaber wäre. Aber das war alles eine riesige Show. Er hat nie den Finger krumm gemacht für 1860, er hat die Löwen hängen lassen."
2. Akt, Konter Ude: „Schurkenstück, frei erfunden”
Christian Ude hat die seltene Gabe, spontan druckreife Sätze in die Blöcke der Reporter diktieren zu können. In diesem Fall scheint aber selbst Ude seinen tatsächlich großartigen rhetorischen Fähigkeiten wohl nicht zu trauen. Er verschickt am Montag eine Pressemitteilung. Jedes Wort darin scheint mit Bedacht gewählt, jeder Satz ein gedrechselter Angriff auf Hoeneß. Man sei im Rathaus etliche Ausfälle gewöhnt, „wenn der FC Bayern finanzielle Wünsche nicht sofort erfüllt bekommt”, schreibt Ude. In diesem Fall aber würde Hoeneß nicht nur Anstandsregeln verletzen, nein, der Bayern-Präsident bringe sich „auch mit Wahrheitspflichten in Konflikt”. Hoeneß lüge!
Auch dass Seehofer, wie von Hoeneß behauptet, wie „eine Eins” zu 1860 gestanden und Ude die Rettung blockiert hätte, sei falsch: „Hoeneß hat das große Pech, dass ich zufällig im Amtszimmer des Ministerpräsidenten war (...) als er über den Stand der Sanierungsverhandlungen unterrichtet wurde.” Finanzminister Georg Fahrenschon habe Seehofer mitgeteilt, dass „eine Kreditgewährung für die Begleichung von Altschulden, also für den Löwenanteil des Kreditbedarfs, unzulässig sei. Der Ministerpräsident antwortete, dass man dann wohl nichts tun könne (...).” Hoeneß, so empfiehlt Ude, sollte sich „für seinen Versuch, mit einem Heldenepos sowie einem Schurkenstück, die beide frei erfunden sind, die Aggressionen auf einen parteipolitischen Gegner zu lenken, möglichst schnell und nicht wieder Monate zu spät entschuldigen."
3. Akt, Konter Hoeneß: „Ude verträgt die Wahrheit nicht”
Die AZ faxt Uli Hoeneß Udes Erklärung nach Hause an den Tegernsee. Eine Viertelstunde später ruft der Bayern-Präsident zurück: „Ich habe das mit großer Verwunderung gelesen”, sagt Hoeneß in besonnenem Ton. „Herr Ude scheint ein besonderes Problem mit der Wahrheit zu haben: Er verträgt sie nicht!”
Ude sei beim ersten Rettungsgipfel in der Staatskanzlei, in dem es um die mögliche Hilfe der Landesbank ging, gar nicht dabei gewesen. Hoeneß wiederholt: „Wir hatten die Lösung für 1860, sie waren quasi gerettet – aber Ude hat das dann später blockiert.” Dass Ude jetzt per Pressemitteilung gegen ihn vorgehe, ihn der Lüge und des mangelnden Anstands bezichtige, kontert Hoeneß mit ruhiger Stimme und scharfen Worten: „Dass zeigt mir nur, wie er taumelt. Ich habe einen Volltreffer gelandet, das spürt er selbst, und nun schlägt er um sich. Ich bin gespannt, wie er reagiert, wenn die ersten Löwen-Fans auf dem Marienplatz, also unterm Rathausbalkon, gegen ihn demonstrieren!”
Und entschuldigen? Er, Hoeneß, beim Oberbürgermeister? „Ich habe keinerlei Anlass, mich zu entschuldigen. Ich habe nur die Wahrheit gesagt, und die musste mal auf den Tisch”, sagt Hoeneß, „ich denke eher, dass sich Herr Ude entschuldigen sollte – und zwar bei den Löwen-Fans: dafür dass er bisher nichts für die Rettung von 1860 getan hat.”
Es steht Aussage gegen Aussage. Wer sagt die Wahrheit, wer lügt? Dazu sagt Hoeneß der AZ: „Fragen Sie doch mal den Löwen-Präsidenten. Der Herr Schneider wird wissen, was wahr ist und was nicht.”