Schäfer macht den Weg frei

München - Dafür, dass Robert Schäfers Zeit schon so oft abgelaufen schien beim TSV 1860, hat er sich erstaunlich lange gehalten. Seit fast drei Jahren ist Schäfer nun schon Geschäftsführer des TSV 1860. Der Letzte, der sich länger hielt auf dem Schleuderstuhl hieß Detlef Romeiko (Februar 2002 bis Juni 2006), zwischen ihm und Schäfer versuchten sich sieben Männer, darunter knallharte Sanierer mit dem Hang zu verbalen Amokläufen wie Stefan Ziffzer oder der professionelle Traum-Verkäufer mit Riesen-Klappe Manfred Stoffers. Ein Ex-Weltmeister war in Person von Stefan Reuter auch dabei.
Es ist viel passiert seit jenem 14. November 2010, Schäfers erstem Arbeitstag. "Der Klub hatte noch Geld für drei Wochen", erinnert er sich. Dieter Schneider, damals noch Vize-Präsident, gab dem heute 37-jährigen Juristen einen Crashkurs über die Fallstricke des Insolvenzrechts.
Schneider und sein vermeintlicher Zögling überwarfen sich schon während des Anteils-Verkaufs an Investor Hasan Ismaik, im März 2013 trat Schneider als Vereins-Präsident zurück, im Gefühl, verraten worden zu sein vom Vereins-Aufsichtsrat - und vom Geschäftsführer. Nun sind auch Schäfers Tage an der Grünwalder Straße gezählt. Diesmal wohl wirklich.
Präsident Gerhard Mayrhofer will - und kann - es noch nicht offen sagen, er benutzt lieber den Euphemismus einer "nötigen Professionalisierung" der Firma. Doch er ist sich längst mit Ismaik einig: Schäfer soll bei der erstbesten Gelegenheit abgelöst werden.
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Schäfer kennt 1860 gut genug, er hat die Signale vernommen - und sich offenbar dazu entschieden, nicht mit aller Macht um seinen Job zu kämpfen - obwohl er große Teile des Vereins-Verwaltungsrates hinter sich weiß.
Zum ersten Mal signalisiert Schäfer exklusiv in der AZ seine Rückzugsbereitschaft. "Wenn ich der Grund sein sollte, dass der Investor keine weiteren Investitionen tätigen möchte - und beide Gesellschafter übereinkommen, dass ein Neuanfang mit mir nicht möglich ist - dann möchte ich dem nicht im Weg stehen", sagt Schäfer. Und mehr noch: "Wir können uns gerne jederzeit treffen und über alles reden. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden würden." Heißt: Schäfer würde gehen, seinen bis November 2014 laufenden Vertrag nicht aussitzen.
Über die Modalitäten seines Abschieds verhandeln müsste Schäfer dann mit dem Geschäftsführungs-Beirat, dem zwei Vertreter der Investorenseite und zwei des Vereins angehören sollten. Konjunktiv, weil der Beirat nach dem Führungswechsel bei 1860 nicht wieder neu konstituiert wurde und derzeit gar nicht beschlussfähig ist. Da jede Entscheidung im Beirat eine Mehrheit erfordert, wird Schäfer der letzte Geschäftsführer bei 1860 sein, der nicht von Ismaik ausgesucht wurde.
Verbinden möchte Schäfer seine Rückzugs-Bereitschaft aber mit der Hoffnung, dass "Hasan Ismaik dann tatsächlich auch weitere Investitionen tätigt". Schäfer hat, im Gegensatz vielleicht zu vielen seiner Gegner im Verein, nicht vergessen, wie Ismaik den erst im Sommer 2012 abgeschlossenen Dreijahresplan nach nicht einmal einem Jahr wieder aufkündigte. Dass er dies nicht besonders professionell vom Investor empfunden hat, versteht sich von selbst.
Schäfer wirkt aufgeräumt im Gespräch. Mayrhofers Pläne scheinen ihn weder zu überraschen noch sonderlich aus der Spur zu bringen. Böse Worte über den Präsidenten kommen ihm nicht über die Lippen. Wenn er also seine Arbeit als Geschäftsführer verteidigt, dann sind dies Tatsachenbeschreibungen. "Ich finde, es ist eine Leistung, dass Dieter Schneider und ich überhaupt einen Investor gefunden haben und die Lichter nicht ausgegangen sind beim TSV 1860". Er habe den Klub nach der Übernahme durch Ismaik durch die Umstrukturierung und die Phase der Konsolidierung geleitet, "wir mussten leider massive Stellenkürzungen vornehmen, konnten aber dadurch und durch weitere Maßnahmen die Kosten senken. Diese Saison haben wir es geschafft, auch ohne Investitionen von Hasan Ismaik die Lizenz zu erhalten". sagt er - und schließt: "Wenn nun in der jetzigen Phase der Sanierung neue Leute ans Ruder sollen für die weitere Neuausrichtung, dann ist dies ein Vorgang, der in der Wirtschaft nicht unüblich ist." Die Revolution frisst nun mal am liebsten auch ihre eigenen Kinder.