Rücktritt? Putsch? Löwen-Boss Beeck: „Ich bin noch lange nicht am Ende!“

Es ging turbulent zu bei 1860 nach dem Rücktritt des Geschäftsführers. Und während Rainer Beeck auf Dienstreise war, wurde auch er als Präsident in Frage gestellt. Jetzt spricht der Löwen-Boss in der AZ
von  Abendzeitung
Rainer Beeck
Rainer Beeck © Rauchensteiner/Augenklick

Es ging turbulent zu bei 1860 nach dem Rücktritt des Geschäftsführers. Und während Rainer Beeck auf Dienstreise war, wurde auch er als Präsident in Frage gestellt. Jetzt spricht der Löwen-Boss in der AZ

RAINER BEECK: Flughafen München, Beeck.

AZ: Abendzeitung-Sport, Jans. Grüß Gott, Herr Beeck. Sie sind zurück aus Dubai – und gleich selbst am Telefon?

Was will man machen! Ich bin eben gelandet – mit einem anderen Flieger als geplant. Und schon ist das Sekretariat nicht besetzt (lacht). Aber keine Angst: Die Damen kommen wieder.

Anders als Herr Niemann. Der vormalige 1860-Geschäftsführer hat sich während Ihrer einwöchigen Dienstreise aus dem Staub gemacht. Ein ungeordneter Rücktritt nach nur 106 Tagen – der auch Sie überrascht hat?

Er hat es mir ja schon zwei Tage vor dem Heimspiel gegen Aachen telefonisch angekündigt, und dann wollte er sonntags nach dem Sieg seinen Rücktritt erklären. Das habe ich noch verhindert und ihm klar gemacht, dass wir zumindest die Aufsichtsratssitzung am darauf folgenden Donnerstag abwarten mussten. Sie können ja auch nicht morgen bei der Abendzeitung kündigen und Ihrem Chefredakteur sagen: „Übermorgen komme ich nicht mehr.“ Eine Vertragsauflösung muss schon gemeinsam erfolgen.

Umgestimmt haben Sie Niemann aber nicht mehr. Konnten Sie nicht oder wollten Sie nicht?

Ich hatte ihn ja verpflichtet und dem Aufsichtsrat als Nachfolger von Manfred Stoffers vorgeschlagen, und er hat auch positives bewirkt für den TSV 1860. Nehmen Sie nur die Sicherung der Lizenz in einer finanziell schwierigen Phase. Oder das positiv konstruktive Klima in den Stadiongesprächen mit dem FC Bayern, für das es unter Stoffers keinerlei Grundlage mehr gab. Also habe ich zunächst durchaus versucht, ihn umzustimmen.

Aber?

Es ist mir nicht gelungen. Weil er nicht wollte.

Warum nicht?

Ich zitiere Herrn Niemann: „Aus persönlichen Gründen.“

Das sagt ja nichts aus. Hatte er Angst, persönlich haftbar gemacht zu werden, falls die Sanierung bei 1860 scheitern und ein Konkurs unabwendbar sein sollte?

Glaube ich nicht. Jeder Geschäftsführer ist ja persönlich haftbar zu machen, das liegt in der Natur der Aufgabe. Und Herr Niemann wusste auch, worauf er sich einlässt.

Sie und Ihre Mitstreiter in Präsidium und Aufsichtsrat offenbar nicht. Wenn jemand sich nach gerade mal drei Monaten so fragwürdig verabschiedet und dem Verein damit einen Schaden zufügt, wundert es nicht, dass ihm niemand hinterherweint.

Das ist Ihre Interpretation. Ich weiß nur, dass meine Kollegen und ich das nicht vorhersehen konnten. Aber richtig ist, dass es letztlich auch keinen Sinn macht, weiter auf jemanden zu bauen, der nicht mehr mit Feuer bei der Sache ist, der für sich schon abgeschlossen hat.

Sie meinen: Reisende soll man nicht aufhalten.

Ich vergleiche es mit einem Spieler oder Trainer, der sich nicht mehr zu 100 Prozent mit seinem Verein und seiner Aufgabe dort identifiziert. Den sollte man dann auch austauschen.

Es heißt, Niemann habe der Rückhalt gefehlt, im Präsidium und Aufsichtsrat.

Das sehe ich nicht so. Im Gegenteil. Wir haben sehr viel im Team mit ihm diskutiert – und auch mit dem Aufsichtsrat. Aber ob einem die Unterstützung, die geboten wird, auch ausreicht und ob man sie annimmt, kann nur jeder für sich persönlich beantworten.

Also dann, Herr Beeck: Wie viel Unterstützung, wie viel Rückhalt verspüren Sie noch als Präsident des TSV 1860?

Das wird die Delegiertenversammlung am 27. November zeigen. Ich gehe davon aus, dass mein Präsidium und ich dort entlastet und wieder bestellt werden. Oder haben Sie andere Erkenntnisse?

Ich bin nicht Delegierter, nur Beobachter. Und ich beobachte gerade eine Stimmungslage, in der über Ihren Rücktritt oder gar Ihre Abwahl diskutiert wird.

Sehen Sie: Es stehen ja gar keine Wahlen an. Ich werde mich natürlich zu meiner Verantwortung in Bezug auf die Bestellung der beiden letzten Geschäftsführer bekennen. Ich habe beide ausgesucht und dem Aufsichtsrat präsentiert, der dann zugestimmt hat. Keine Frage: Niemann war mein Mann, und Stoffers zuvor war es auch.

Unterm Strich: Zwei Fehlgriffe, die auf Ihre Kappe gehen?

Unterm Strich haben beide Geschäftsführer in vielen Bereichen sehr vielversprechend agiert. Leider war das Ende in beiden Fällen nicht glücklich, und diese Umstände waren, das muss ich zugeben, jeweils ein Rückschlag für 1860.

Geht die Verantwortung, die Sie dafür übernehmen wollen, so weit, dass Sie Ihren Rücktritt anbieten?

Dafür sehe ich, ehrlich gesagt, keinerlei Veranlassung. Ich bin hier als Präsident angetreten, um 1860 zurück in die Bundesliga zu führen, und dieses Ziel haben wir noch nicht erreicht. Ich bin der Auffassung, dass wir im Präsidium wieder Seriosität und Verlässlichkeit geschaffen haben und dass mein Team und ich, auch wenn die Situation gerade nicht leicht ist, diesen Weg weiter gehen sollten. Ich bin noch lange nicht am Ende.

Es heißt, wenn Sie nicht von sich aus zurücktreten, könnte es einen Putsch geben.

Das habe ich noch nicht gehört, da bin ich jetzt neugierig. Können Sie mir Näheres verraten?

Für viele ist der neue Vize-Präsident Dieter Schneider der neue starke Mann bei den Löwen, und er hat Ihre Abwesenheit auch bestens genutzt, um sich zu etablieren, allein schon bei der Einführung des neuen Geschäftsführers Robert Schäfer.

Ich bin sehr froh, dass wir Dieter Schneider als Vize-Präsidenten und Schatzmeister gewinnen konnten, und sicherlich kann er Herrn Schäfer aufgrund seiner langen Erfahrung als Unternehmer bestens beraten. Den Geschäftsführer übrigens haben wir zusammen ausgesucht, weil er sich durch seine fünf Jahre bei unserem Vermarkter IMG sehr gut auskennt bei uns und auch die Kontakte zu den Sponsoren hat, und weil wir bei ihm sicher sein können, dass er sich mit der Aufgabe voll und ganz identifiziert.

Von Schneider heißt es, er wolle noch höher hinaus. Er gilt vielen als Retter der Löwen, nicht nur weil er finanziell ausgeholfen hat. Haben Sie da jemanden geholt, der nach Ihrem Amt trachtet?

Auch das sehe ich nicht so. Der Schatzmeister hat eine herausragende Bedeutung in einem Präsidium, und ich freue mich, wie sehr sich Dieter Schneider da engagiert. Und damit meine ich nicht seine Sponsorentätigkeit, die will und wird er ja von seinem Amt trennen. Im übrigen ist es aufgrund der Strukturen im deutschen Fußball – im Gegensatz zu manch anderen europäischen Ligen – gar nicht möglich, dass man sich als Klubchef einkaufen kann. Aber noch einmal: Ich sehe uns als Team, das das Schiff wieder auf Kurs bringen wird.

In diesem Bild sind Sie der Kapitän eines vom Sinken bedrohten Schiffes. Müssen Sie wirklich keine Angst haben, dass es zur Meuterei kommt?

Das würde dem TSV 1860 doch nicht helfen, dann ginge das alte Chaos wieder los, das wir – dieses Verdienst darf ich, so denke ich, für mich beanspruchen – in meiner Amtszeit überwunden haben. Unruhiges Fahrwasser hatte 1860 lange genug.

Interview: Gunnar Jans

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