Reuter: Meine Aufstiegsformel

Respekt, Disziplin, Fitness: Wie der Manager Stefan Reuter mit 1860 ganz nach oben will
Als Profi hat Stefan Reuter (41) alles gewonnen, was man überhaupt nur gewinnen kann: den WM-Titel 1990, die Europameisterschaft 1996, den Weltpokal 1997, die Champions League 1997, deutsche und italienische Meisterschaften – als Manager jedoch ist Reuter beim TSV 1860 noch am Anfang. Doch der Franke (502 Bundesligaspiele/25 Tore) will auch in seiner neuen Rolle durchstarten – und die Chance ist mit den Löwen so groß wie nie. Vor dem Zweitliga-Hit gegen den FC Augsburg (Sonntag, 14 Uhr, Premiere live) nennt Reuter in der AZ seine persönliche Aufstiegsformel:
Gegenseitiger Respekt:
„Der ist ganz entscheidend. Wäre der in Dortmund nicht gewesen, hätten wir nie diese Erfolge in Champions League und Weltpokal feiern können. Wir haben uns alle akzeptiert und respektiert. Wir sind mit Ricken und Tanko, die beide damals 17 waren, Deutscher Meister geworden. Wenn die Hierarchie stimmt, geht vieles leichter. Jeder hat sich dem Erfolg untergeordnet.“ Reuter versucht die Erfahrungen aus seiner aktiven Zeit nun aus anderer Position weiterzugeben. Und der 1860-Manager vermutet: „Solche Erlebnisse wie in Aachen können noch mehr zusammenschweißen. Es war ein Traum, auf der Bank zu erleben, wie die Ersatzspieler da mitgefiebert haben. Das war Klasse, das verbindet sogar noch mehr.“ Sogar Dauerpatient Markus Schroth zeigt stets Nähe zum Team – er feuert in Zivil die Mannschaft immer von der Bank aus an, als Animateur sozusagen. Dabei könnte sich Schroth auch auf die Tribüne setzen.
„Eine Gruppe kann nur funktionieren,...
...wenn alle Regeln eingehalten werden“, sagt Reuter. Wer versucht auszuscheren, muss mit Konsequenzen rechnen – wie Michael Hofmann in der Vorrunde in Jena (2:0). Damals wollte der Torwart den Löwen-Kreis auf dem Spielfeld, mittlerweile ein Ritual bei 1860, meiden. Die Folge: Trainer Marco Kurz maßregelte ihn: „Halt die Schnauze und geh rein!“ Zudem gelten eindeutige Regeln: Fürs Zuspätkommen werden stolze 50 Euro pro Minute fällig. Wer Kollegen oder den Verein in der Öffentlichkeit kritisiert, muss sogar mit empfindlichen Strafen bis zu 5000 Euro rechnen. Im Bus, auf der Fahrt zum Spiel, ist das Telefonieren bei 1860 strikt untersagt. Reuter: „Wenn am Handy gequatscht wird, stört das vielleicht den anderen Spieler in der Vorbereitung.“
Die Fitness:
„Wir sind vielleicht eine der fittesten Mannschaften der Zweiten Liga – der Profifußball wird immer athletischer, dafür muss man sich quälen“, so Reuter. Und die Schinderei zahlt sich aus – zuletzt bei der furiosen Aufholjagd am Dienstag in Aachen. Innerhalb von sechs Minuten drehten die Löwen das Pokalspiel auf dem Tivoli und gewannen nach einem 0:2-Rückstand noch 3:2. Reuter, der während seiner gesamten Karriere von seiner Athletik profitierte und noch mit 38 Jahren in der Bundesliga spielte, meint aber: „Da hat man gesehen, dass wir nicht nur körperlich gut drauf sind, sondern auch psychisch.“
Die Bodenhaftung:
„Man muss sich Dinge erarbeiten, eine gewisse Bescheidenheit hat noch keinem geschadet. Diesen Charakter will ich auch bei 1860 reinbringen.“ Heißt: Reuter schätzt Spieler, die nie die Bodenhaftung verlieren. Überbezahlte Spieler wird’s unter Reuter kaum geben. Auch bei der Autoauswahl seiner Kicker – Sponsor Mahag stellt kostengünstig Audis für die Profis zur Verfügung – schaut Reuter ganz genau hin: Große Wagen mit starken Motoren gibt es beispielsweise für Talente nicht mehr. Der Manager: „Es müssen die Relationen stimmen. Ich habe mit einem Audi 50 angefangen. Das ist heute vergleichbar mit einem Polo.“ Oliver Griss