Reisinger-Rückzug aus Aufsichtsrat offiziell – TSV 1860 nennt brisante Hintergründe
München - Der TSV 1860 München e.V. hat am Freitag den Rücktritt von Präsident Robert Reisinger aus dem Aufsichtsrat der Profifußball-Firma offiziell bestätigt. Dieser sei auf eigenen Wunsch erfolgt und war am vergangenen Dienstag durch einem Bericht der "Welt" offengelegt worden. Als Nachfolger entsendet der Verein den gelernten Steuerberater und Finanzprüfer Thomas Probst in das Gremium.
1860-Vorwurf: Reisinger von HAM-Vertretern bedroht
In der Begründung des Rücktritts von Reisinger schwingen brisante Vorwürfe mit. So heißt es in der offiziellen Stellungnahme: "Wir erkennen in den zuletzt immer maßloser gewordenen Angriffen auf Mitglieder des Präsidiums Versuche, den Verein zu delegitimieren, ihn handlungsunfähig zu machen und seine Vertreter bloßzustellen." Der Mitgesellschafter an der KGaA (HAM, also Hasan Ismaik und seine Vertreter) habe zudem wiederkehrend versucht, "den Präsidenten des Vereins mundtot zu machen durch Verweis auf seine Verschwiegenheitspflicht als Aufsichtsrat. Sobald Robert Reisinger sich in der Öffentlichkeit erklärend zu einzelnen Vorgängen äußerte, wurde er mit juristischen Konsequenzen bedroht und mit internen Verfahren überzogen. Das ist nicht mehr zumutbar."
Seit dem Sommer verschärft sich der Ton rund um den Profifußball bei 1860 zunehmend, die Gräben zwischen den Vertretern der beiden Gesellschafter wird immer tiefer. Reisinger hatte dem Finanz-Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer Verschleppung bei der Findung eines neuen Sportchefs vorgeworfen, zahlreiche Sponsoren hatten ihr Engagement aber an eine Weiterbeschäftigung Pfeifers gehängt.
Reisinger hatte sich zuletzt öffentlich kaum mehr geäußert. Der Rücktritt, der dem Vernehmen nach bereits zum 15. November erfolgt ist, könnte ihm mit Blick auf die genannte Begründung zum Schritt in die Öffentlichkeit verhelfen.
Bei 1860 herrscht "ein Klima, das eine vernünftige Diskussion stark erschwert"
Die Gründe für das vom e.V. angeprangerte Vorgehen der HAM verorte man "im bevorstehenden Abschluss des Klärungsverfahrens beim Bundeskartellamt zur 50+1-Regel. Unser Mitgesellschafter in der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA hat sich über einen langen Zeitraum und mit erheblichem Aufwand vergeblich um eine Aufhebung der Regelung bemüht." Und weiter: "Die aggressive Personalisierung des Konflikts in den Medien, losgelöst von Inhalten, wird den dahinterstehenden Sachfragen nicht gerecht. Sie schafft ein Klima, das eine vernünftige Diskussion über wichtige Zukunftsthemen in unserem Klub stark erschwert."
Pfeifer-Zukunft: Verein überstimmt Ismaik-Vertreter
Zuletzt war bekanntgeworden, dass der Vertrag mit dem vor allem von HAM und einem Großteil der Sponsoren hoch geschätzten Finanz-Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer wohl nicht verlängert wird. Im gleichermaßen von e.V. und HAM besetzten Beirat hatte es demnach ein Unentschieden an Stimmen gegeben, womit die Gesellschafterversammlung der Geschäftsführungs-GmbH, die zum 100 Prozent dem Verein gehört, zuständig wurde. Diese ist komplett vom Präsidium besetzt. Dort hätten Präsident Reisinger und Vize-Präsident Heinz Schmitt gegen, der zweite Vize Hans Sitzberger für eine Weiterbeschäftigung Pfeifers votiert.
Trainer Maurizio Jacobacci hatte sich am Freitag enttäuscht über die wohl bevorstehende Trennung von Pfeifer gezeigt: „Bis Sommer werden wir so oder so eng zusammenarbeiten. Alles andere finde ich schade, weil er sehr gute Arbeit geliefert hat. Die Zusammenarbeit mit ihm ist hervorragend, wir tauschen uns tagtägliche über das Sportliche aus. Alles andere ist nicht in meiner Macht.“
Die neuen Vorwürfe des Vereins gegenüber der Investorenseite dürften für eine weitere Verhärtung der Fronten sorgen.