Regensburg-Trainer Heiko Herrlich: "Wir wollen das Wunder"

Regensburg-Trainer Heiko Herrlich spricht in der AZ über sein Vorbild Hitzfeld, die Situation bei den Löwen – und sagt über die Relegation: "Wir haben nur eine kleine Chance, 1860 ist absoluter Favorit."
von  Matthias Eicher
Am Ende kann nur eine Mannschaft jubeln: Der TSV 1860 will es schaffen.
Am Ende kann nur eine Mannschaft jubeln: Der TSV 1860 will es schaffen. © AZ-Montage/sampics/Augenklick/Firo

Der 45-Jährige Heiko Herrlich gewann als Spieler mit Dortmund die Champions League. Er trainierte unter anderem Bochum und Unterhaching. 2016 führte er Jahn Regensburg in die 3. Liga. Er hat mit der AZ gesprochen.

AZ: Herr Herrlich, ist die Freude über den Einzug in die Relegation schon der Anspannung gewichen?
HEIKO HERRLICH: Es ist eine Mischung, würde ich sagen.

Nach dem Aufstieg im letzten Jahr und Platz zehn nach der Hinrunde: Wie hoch ist Platz drei für Sie einzuordnen?
Als Aufsteiger war unser Ziel, so schnell wie möglich 45 Punkte zu holen. Dann haben wir gesehen, dass wir mithalten können – und jetzt Freude wir uns riesig.

Wie stehen die Chancen gegen den TSV 1860?
Es ist ein klassisches David-gegen-Goliath-Spiel, aber: Wir sehen es nicht olympisch – frei nach dem Motto: Dabei sein ist alles! Wir haben nur eine kleine Chance, 1860 ist absoluter Favorit. Man kann aber auch die kleinen Chancen nutzen.

Waren Sie denn überrascht, dass der Gegner Sechzig heißt? Ein Stefan Aigner dürfte im Sommer bei seiner Rückkehr beim Stichwort Relegation an Aufstiegsspiele gedacht haben.
Die Sechzger haben tolle Einzelspieler und ganz andere Ziele. Ich hätte sie auch im vorderen Tabellendrittel erwartet. Fußballer sind aber Menschen, keine Maschinen.

Ist es von Vorteil, dass der Jahn aus einer positiven Situation heraus antritt, während der negative Druck bei 1860 deutlich größer sein dürfte?
Aus psychologischer Sicht gebe ich Ihnen Recht, so kann man es sehen. Für uns gilt aber: Wir müssen 100 Prozent unserer Leistungsfähigkeit abrufen – und die Gunst der Stunde nutzen, wenn es die Löwen nicht auf den Platz bringen.

Sie haben zwischen 2013 und 2015 als U17-Trainer des FC Bayern gearbeitet. Wie stehen Sie zu 1860?
Seit Jahren ist das für mich ein total sympathischer Traditionsverein, dem ich nur das Beste wünsche und der für mich in die Bundesliga gehört. Schon kurios, dass es jetzt ganz anders kommen könnte.

Stichwort sympathisch: Wegen der Abschottung und der vermehrten Einflussnahme von Investor Hasan Ismaik hat Sechzigs Image sehr gelitten.
Das möchte ich nicht kommentieren. Die Löwen müssen selbst wissen, warum es nicht funktioniert. Ich kann nur sagen: Wir haben es sicherlich ruhiger. Der Jahn stand vor Jahren auch kurz vor der Insolvenz und ist aus den Ruinen aufgestanden. Man hat versucht, Kontinuität reinzubringen. Bei einem großen Traditionsverein wie 1860 ist es Fluch und Segen, dass viele Leute mitreden wollen. Jeder weiß es besser, wenn es nicht läuft.

Karsten Wettberg lobte Sie für Ihre unaufgeregte Art – Sie seien quasi der Gegenentwurf zu 1860-Trainer Vitor Pereira.
Ich denke, in Bezug auf meine Person kann ich Herrn Wettberg Recht geben (lacht). Ich bin sehr von Ottmar Hitzfeld geprägt. Er ist damals beim BVB immer respektvoll mit dem Gegner, Spielern und Journalisten umgegangen und hat gelebt, dass ein Verein wichtiger ist als seine Akteure – Vereinswappen vorne, Spielernamen hinten. Vor Pereira habe ich großen Respekt, kann aber keine Bewertung abgeben.

Können Sie seine Spielweise bewerten?
Er lässt ein sehr spielfreudiges 3-4-3-System spielen. Zuletzt war Sechzig verunsichert, hat viele lange Bälle gespielt. Sie sind gefährlich bei Standards, vor allem durch den riesengroßen Abdoulaye Ba. Da müssen wir höllisch aufpassen, zumal es unsere Achillesferse ist.

Während Pereira den Klassenerhalt gegen Heidenheim verpasste, hat Ex-Löwe Andreas Geipl den Jahn letzte Woche in die Relegation geschossen – und den Erfolg Ihnen zugeschrieben.
Das freut mich. Klar trage ich die Verantwortung, aber ich habe nicht ein einziges Tor geschossen. Das waren die Spieler. Man kann die Tür nur aufdrücken, durchgehen müssen sie selbst. Ich empfinde wirklich eine große Dankbarkeit dafür, dass ich Teil dieses Teams und Teil des Vereins sein darf.

Haben Sie Ihren Akteuren Filmmaterial von 2015 gezeigt, als Holstein Kiel gegen Sechzig vor der Sensation stand und sich erst in der Schlussminute geschlagen geben musste?
Das habe ich im Hinterkopf. Es hat nicht mehr viel gefehlt und Kiel hätte es gepackt. Aber es ist jetzt eine ganz andere Situation.

Das Hinspiel ist längst ausverkauft, der Showdown in der Allianz Arena verspricht eine Riesen-Kulisse. Fürchten Sie Nervosität bei Ihrem Team?
Man wächst an seinen Aufgaben. Nervosität ist menschlich, man muss sie akzeptieren. Sollen meine Spieler vorher einmal mehr auf die Toilette gehen, rausgehen und ihr Bestes geben. Mehr erwarte ich nicht.

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