Rauft's euch zamm, Löwen!
Warum 1860-Präsident Dieter Schneider und Investor Hasan Ismaik am Ende doch miteinander auskommen könnten – und wieso der Rücktritt von Aufsichtsratschef Lutz hierfür hilfreich ist
MÜNCHEN Dieter Schneider wird sich am Samstag beeilen müssen, um rechtzeitig in Fröttmaning zu sein. Das Patenkind des Löwen-Präsidenten heiratet, erst kurz vor dem Anpfiff des ersten Saison-Heimspiels gegen den KSC um 15.30 Uhr (Liveticker auf abendzeitung.de) wird Schneider im Stadion erscheinen.
Seinen großen Auftritt wird Hasan Ismaik da mutmaßlich schon hinter sich haben. Für den Jordanier, dessen angeblicher Griff an die Macht Schneider unter der Woche fast zum Rücktritt bewogen hatte, wird der Tag mit den Löwen bereits Mittags mit seinem Antrittsbesuch bei der Mannschaft beginnen. Danach will Ismaik gleich ins Stadion fahren – und sich mal anschauen, wie die 1860-Fans auf ihn reagieren.
Nur Liebe wird ihm da sicher nicht entgegenschlagen. Spätestens seit Schneider seine Sorgen bezüglich des übergroßen Machtanspruch Ismaiks äußerte und seine Vizepräsidenten Franz Maget und Wolfgang Hauner ihn erst im letzten Augenblick vom Rücktritt abhalten konnten, wird der Jordanier von vielen Fans noch skeptischer beäugt.
Schneider befürchtet, dass Ismaik nach der totalen Macht bei 1860 strebe und dabei keinerlei Rücksicht auf das nehmen wolle, was Schneider als die Identität und die Seele des Klubs bezeichnet. Ismaik fürchtet, dass er nur als reichen Onkel aus dem Morgenland wahrgenommen werden soll, der die Rechnungen zahlen, aber sich sonst bitteschön heraushalten soll bei 1860.
Vor allem der Punkt mit der Identität und der 1860-Seele muss ja auch schwer zu verstehen sein für ihn. Was kann er schon vom Löwen wissen? Und was macht denn diese Löwen-Seele aus? Die verlässlich wiederkehrenden Krisen? Das stetige Wandeln am finanziellen Abgrund, die Lust am Niedergang, der Blues?
Ismaik verweist mit Recht darauf, dass er sich bisher eben nicht wie ein typischer Vertreter seiner Zunft benommen hat. Im Gegensatz zu seinen Kollegen, die in England und Spanien tätig sind, hat er den Etat sogar senken lassen.
Schneider, als Präsident der Rettung so populär bei den Fans wie kaum einer vor ihm, dagegen fürchtet, dass Ismaik – und vor allem dessen Statthalter und Freund Hamada Iraki – bald ihre Masken fallen lassen, und die Löwen am Ende die Zeche zahlen müssen.
Das Verhältnis ist angespannt, doch eine Zusammenarbeit möglich. Vor der Wahl des neuen Aufsichtsrates am Freitag (Sitzung bei Redaktionsschluss noch nicht begonnen), haben beide beschlossen, es nochmal miteinander zu probieren. In Vereins-Aufsichtsratschef Peter Lutz trat außerdem einer aus der von Ismaik kritisierten alten Garde ab. Lutz begründete seinen Rückzug mit beruflichen Verpflichtungen, ein Zeichen an Ismaik ist es trotzdem.
Und eigentlich sind sich Schneider und Ismaik näher, als man meinen könnte. Sie eint die Religiosität – Schneider ist praktizierender Katholik – und ihr Familiensinn. Und beide haben das, was Ismaiks Statthalter und Freund Hamada Iraki im besten Investment-Banker-Sprech als „Street-Smartness” bezeichnet. Was er meint: Beide sind keine Akademiker – Schneider machte sein Abitur einst auf der Abendschule, Ismaik arbeitet seit er 14 ist – beide gelten als hemdsärmlige Bosse mit großem Ego, die gerne ihren Willen durchsetzen. Krach ist da programmiert. Genauso wie die Versöhnung.