Rauf oder runter? 1860 und Türkgücü im richtungsweisenden Derby

München - Früher hieß es in diesen elektrisierenden Lokalderbys, in den 90er und 2000ern sogar zehn Jahre lang in der Bundesliga: Sechzig gegen Bayern. Oder, eine Nummer kleiner: Sechzig gegen Haching. Aktuell heißt es: Sechzig gegen Türkgücü - und es geht, zumindest für Drittliga-Verhältnisse, um jede Menge.
"Jetzt geht es zum Derby gegen Türkgücü ins Olympiastadion. Wir wissen um die Bedeutung dieses Spiels", sagte Löwen-Trainer Michael Köllner vor der Auswärtspartie des TSV 1860 in der eigenen Stadt, beim abstiegsbedrohten Drittliga-Rivalen (Samstag, 14 Uhr bei Magenta Sport und im BR Fernsehen sowie im AZ-Liveticker). Die Vorzeichen sind klar: Sechzig braucht den Dreier dringend, um noch mal in den Aufstiegskampf eingreifen zu können. Köllner dazu vielsagend: "Wir wollen unseren Weg weitergehen."
Für Türkgücü geht es ums Überleben
Für die Mannschaft von Neu-Trainer Andreas Heraf geht es dagegen ums Überleben: Türkgücü rangiert derzeit mit 21 Punkten auf Platz 17 und damit unter dem Strich. "Wir wollen unbedingt gewinnen. Die drei Punkte würden uns extrem guttun", meinte der Österreicher vor seiner Premiere, bei der er "nicht gerade der Favorit" sei.
Für Sechzig soll es mit einem Derby-Dreier nach oben gehen, der Kontrahent wird alles in die Waagschale werfen, damit es nicht runter geht.
Und wie schaut es mit der Rivalität aus? Köllner ließ es sich auf AZ-Nachfrage nicht nehmen, eine süffisante Spitze Richtung Türkgücü und einige Aussagen der Vorsaison, der aufstrebende Klub wolle 1860 überholen, loszuwerden: "Ach, das haben wir mit Haching ja auch schon erlebt. Das glaube ich gerne, dass es etwas Besonderes wäre, Sechzig zu überholen und die Nummer zwei im Großraum München zu sein. Bis jetzt haben wir es aber ganz gut geschafft, alle Stürme und Bestrebungen in diese Richtung abzuwehren."
Dies habe für 1860 aber "null Bedeutung", Köllner sei vielmehr von der Mission "angestachelt, drei wichtige Punkte zu holen."
Null Zuschauer im altehrwürdigen Olympiastadion. Schon bitter. Heraf freut sich dennoch im Sinne der Fans und nicht zuletzt aufgrund seiner prestigeträchtigen Premiere auf das Prestigeduell: "So ein Derby ist immer etwas Besonderes, auch wenn ohne die Zuschauer leider der letzte Kick fehlt."
Er hatte auch einen Satz fürs Phrasenschwein parat: "Ein Derby hat seine eigenen Gesetze." Dennoch, und da sind sich beide Chefcoaches fast wortgleich einig: "Am Ende gibt es dafür auch nur drei Punkte."
Übrigens: Zu den Gerüchten, dass der Investorenklub von Hasan Kivran Zahlungsprobleme habe und der türkische Geschäftsmann seine Anteile abstoßen könnte, wollte der Verein laut Pressesprecher Frederic von Moers keine Auskunft geben. Coach Heraf sagte lediglich über die Winter-Abgänge des Vereins: "Wir müssen kein Geld sparen, aber unser Kader ist zu groß."
Der 54-Jährige ließ aber auch durchblicken, dass er sich durchaus den ein oder anderen Neuzugang gewünscht hätte. Sei's drum: Der Klub werde über seine finanzielle Lage informieren, wenn es etwas zu Vermelden gebe.
Köllner muss auf Löwen-Spielmacher Neudecker verzichten
Damit wären wir auf dem Rasen angekommen: Köllner muss neben den bekannten Ausfällen (Daniel Wein und Marius Willsch) auf Spielmacher Richard Neudecker (Gelbsperre) verzichten. "Wir haben verschiedene Optionen", sagte Pokerspieler Köllner nebulös und nannte neben Keanu Staude und Erik Tallig als nahe liegendste Optionen auch Stoßstürmer Tim Linsbichler, der Neudecker vor der Winterpause in Würzburg (3:0) ersetzt hatte.
Apropos Derby-Poker: Wer bei Türkgücü alles fehlt, wollte Kontrahent Heraf nicht verraten: "Sehen Sie mir nach, dass ich diesen kleinen Vorteil, den ich habe, nicht aus der Hand geben möchte." Wie das Team um Topstar Sercan Sararer auftreten wird, gleicht also einer Wundertüte. Beim glücklichen 1:1 im Hinspiel wurde 1860 ganz schön hergespielt. Wer wohl diesmal jubeln darf?