Rainer Beeck im Interview: „Da bin ich dreigeteilt“
Löwen-Präsident Rainer Beeck erklärt, wieso die Tendenz in der Stadionfrage zur Allianz Arena geht – und was Geschäftsführer Niemann zu seinen provokanten Aussagen vom Sonntag verleitet hat.
Herr Beeck, es ist ja wieder einiges los bei den Löwen!
RAINER BEECK: Ja, man spricht über unseren sportlichen Aufschwung, und das ist gut so. Wie oft haben wir früher gerade die Spiele, die wir gewinnen mussten, um den Anschluss zu halten, verloren! Das ist eine schöne Entwicklung, dass wir nun nach dem Derby in Augsburg auch dieses Schlüsselspiel gegen Aachen gewonnen haben.
Trainer Reiner Maurer sprach nach dem Spiel von „ein bisschen Euphorie.“
Gerade in der letzten Saison gab es einige Spiele, die nicht gerade zuschauerfreundlich waren. Solche Spiele wie gegen Aachen helfen auch dabei, das Vertrauen bei den Fans zurückzugewinnen. Wenn unsere junge Mannschaft auch in den kommenden Wochen so erfrischend positiv auftritt, dann bin ich recht zuversichtlich, dass wir vielleicht zum Top-Spiel gegen Hertha BSC am 5. Dezember mal wieder mehr als 30.000 Zuschauer in der Allianz Arena begrüßen dürfen.
Mit Verlaub, aber gerade in Hinblick auf die Begeisterung der Fans, wirkt die Ankündigung Ihres Geschäftsführers Robert Niemann, wahrscheinlich in der Allianz Arena zu bleiben, doch eher kontraproduktiv. War das am Sonntag wirklich nötig?
In der Tat ist es so, dass man den sportlichen Erfolg auskosten sollte. Aber Robert Niemann ist täglich mit der Stadionthematik befasst, und wir wollen da zügig zu einer Entscheidung kommen. Ich denke, dass ihn das veranlasst hat, die Thematik am Sonntag anzusprechen.
Mit Ihrem Einverständnis.
Er hat mich unterrichtet, ja.
Und schon war es dahin mit der Ruhe im Umfeld...
Klar ist doch, dass irgendwann eine Entscheidung fallen muss, und wir es dabei leider nicht allen Fans recht machen können. Unsere Fans sind bei dieser Frage in drei Lager geteilt. Die einen schreien Grünwalder, die anderen sagen, Hauptsache raus aus der Arena, und dann, das dürfen wir nicht vergessen, gibt es auch Fans, die gerne in die Allianz Arena kommen.
Zu welcher Gruppe gehören Sie?
Da bin ich ehrlich dreigeteilt. Ich liebe das Grünwalder Stadion. Wegen der Stadtteilanbindung und der Emotionen, die die Spielstätte auch bei mir weckt. In der Allianz Arena ist das reine Fußball-Erlebnis sensationell. Und wenn es um das Gesamtambiente und die reinen Spielkosten geht, gibt es nicht viel, das den Olympiapark schlagen könnte.
Niemann hatte bei seinem Amtsantritt eine Mitgliederbefragung über die Stadionfrage in Aussicht getellt. Nun scheint es so, als ob die Entscheidung längst gefallen wäre.
Das ist sie nicht. Eine Mitgliederbefragung ist aber nur dann eine tolle Sache, wenn man gleichwertige Alternativen anbieten kann. Wenn sich aber, und das ist derzeit die Tendenz, nur eine Variante wirtschaftlich darstellen lässt, dann würde so eine Befragung nur Hoffnungen schüren, die wir gar nicht erfüllen könnten. Aber eine Sache ist mir ganz wichtig!
Ja, bitte?
Egal, wo wir spielen werden: Unsere Bitte geht an alle Fans, zum Verein zu stehen. Wir wollen alle mitnehmen.
Niemann meinte am Sonntag, als Kaufmann wäre er an Realität und Fakten gebunden. Ist es vor allem Ihre Aufgabe, die Fans mitzunehmen?
Das wird unsere gemeinsame Aufgabe sein. Wir alle müssen uns gemeinsam um die Fans bemühen. Genauso wie wir alle am Ende auch die Lösung der Stadionfrage gemeinsam kommunizieren, erklären und dann auch gemeinsam unterstützen und tragen werden.
Ist eine andere Option als ein Verbleib in der Arena überhaupt noch möglich?
Die Stadiongesellschaft hat Verträge mit Dritten, etwa über die Belieferung des Caterings. Die Tendenz geht dahin, dass wir diese zumindest teilweise auslösen müssten. Das aber ist ein ganz einfaches K.o.-Kriterium. Eine Ablösezahlung, die sich im siebenstelligen Bereich bewegen würde, liegt schlicht nicht im Bereich unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Wir wollen – und haben den klaren Auftrag – den TSV 1860 weiter zu konsolidieren.
Das ist nachvollziehbar. Andererseits ist die Allianz Arena zu den jetzigen Konditionen nicht finanzierbar.
Richtig, aber da sind wir dran. Niemann führt laufend Gespräche und ist zuversichtlich, dass eine deutliche Kostenreduktion realisierbar ist.
Genau das versucht man aber schon seit Monaten...
Aber dieses Mal einvernehmlich. Wir sind viel weiter als noch vor Monaten. Schöner wäre gewesen, man hätte am Sonntag ein konretes Ergebnis verkünden können. Aber so weit sind wir noch nicht.
Interview: Filippo Cataldo