Radi: „Ich habe neue Lebenskraft“

Petar Radenkovic hat schwere Zeiten hinter sich. Der Tod seiner geliebten Frau Olga hat dem 1860-Idol zugesetzt. Jetzt aber wagt Radi einen neuen Schritt: Er zieht ins Univiertel – mit 75!
MÜNCHEN Sein Handy wird er abschalten. Petar Radenkovic, die Münchner Fußball-Legende vom TSV 1860, will über die Weihnachtstage einfach nur seine Ruhe haben. Bereits vor ein paar Tagen ist er nach Belgrad geflogen, in seine serbische Heimat. Um zu vergessen. „In Belgrad“, sagt der 75-Jährige der AZ, „kann ich mich am besten erholen. Hier muss ich mich nicht um Telefonate kümmern oder Rechnungen bezahlen.“ Doch sicher gibt es noch einen anderen Grund: „Ich muss Abstand gewinnen.“
Radi, Zeit seines Lebens ein ebenso fröhlicher wie optimistischer Mensch, trauert. Olga, seine Frau, hat im vergangenen Januar den Kampf gegen den Krebs verloren – mit 75 Jahren. Die ehemalige Basketball-Nationalspielerin war Radis großer Rückhalt. 54 Jahre waren sie verheiratet, der Löwen-Torwart machte als Fußballprofi Weltkarriere – und wurde mit dem Lied „Bin i Radi, bin i König“ zum ersten kickenden Entertainer der Bundesliga. Auch dank Olga, der Frau an seiner Seite.
Dieses Weihnachten ist das erste Fest ohne sie. Es wird Radenkovic’ traurigster Jahreswechsel. „Der Tod meiner Frau war ein schwerer Verlust. Das hat mich zurückgeworfen. Die liebste Frau und den wichtigsten Freund zu verlieren“, sagt das Torwart-Idol, „das kann man sich nicht vorstellen. Danach lebt man monatelang traumatisiert.“
Mittlerweile kann Radi – fast ein Jahr nach Olgas Tod – mit der neuen Situation wieder besser umgehen. „Ich reise viel“, erklärt der Serbe, „aber auch der Fußball hat mir danach sehr viel Halt gegeben. Ich habe viele Spiele in London besucht, aber auch der TSV 1860 hat mich immer wieder abgelenkt. Meinen Terminplan stimme ich auch im neuen Jahr wieder nach meinen Löwen ab. Ich habe wieder neue Lebenskraft.“ Ihm geht es besser.
Radi glaubt wieder an den Aufstieg seiner Löwen
Und er leistet Trauerarbeit. Auch deshalb hat der Pensionär jetzt jenen Bungalow in Unterhaching verkauft, den das Ehepaar jahrzehntelang gemeinsam bewohnt hat. „Das Haus war für mich allein zu groß“, sagt Radenkovic, „die ganze Wartung war mir einfach zu viel – und dann sind da halt die ganzen Erinnerungen drin. Das darf man nicht unterschätzen.“
Verlässt das Löwen-Idol etwa den Großraum München? Geht er zurück nach Serbien? „Nein, ich ziehe in die Wohnung meiner Tochter Ilya – in die Amalienstraße nach Schwabing. Dort gefällt’s mir.“ Mit 75 zieht er nochmal um – ins Uni- und Szeneviertel. Damit er auch weiterhin die Heimspiele seines TSV 1860 besuchen kann. Seine 180000 Euro teure Loge wird er allerdings zum Saisonende nach fünf Jahren auslaufen lassen. „Ich werde die Loge nicht mehr verlängern“, sagt der Ex-Torwart, „wir, von den Meister-Löwen, kriegen ja immer unsere Karten.“
Aber nicht nur deswegen hat Radenkovic keine Lust mehr auf das First-Class-Programm in der Allianz Arena. „Das Preis-Leistungsverhältnis hat nicht gestimmt“, wettert er, „das Essen war nicht in Ordnung. Das ist schlechte Küche, kein großer Leckerbissen. In der Münchner Innenstadt kann man wesentlich billiger und besser essen.“
Deswegen kann der 75-Jährige auch sehr gut nachvollziehen, warum sich die Löwen mit dem FC Bayern um die Cateringkosten zoffen: „Ich kann die Löwen gut verstehen, dass sie nicht den vollen Preis zahlen wollen. Da steht Leistung und Preis in keinem Verhältnis. Wer diesen Vertrag abgeschlossen hat, gehört zur Verantwortung gezogen.“
Wesentlich entspannter redet Radi inzwischen wieder über seinen Verein. „Ich habe wieder Hoffnung. Wenn wir so in die Rückrunde starten wie wir dieses Jahr aufgehört haben, bin ich zuversichtlich, dass wir noch eine Chance haben aufzusteigen. Meine große Hoffnung ist übrigens der junge Peniel Mlapa. “
Aber Radenkovic fordert auch noch Verstärkungen von Manager Miki Stevic, seinem Landsmann. „Wir brauchen dringend neue Abwehrspieler“, sagt er. Geht es nach Radi, dann fällt zumindest für Stevic das Weihnachtsfest in diesem Jahr nicht so ruhig aus.
Oliver Griss