Radi: „Der erste moderne Torwart der Welt“

So bezeichnet sich Petar Radenkovic, dieLöwen-Legende, im Rückblick selbst. Am Donnerstag wird er 75. Hier spricht er über sein Leben, den Tod der Ehefrau und einen Umzug.
von  Abendzeitung
Petar Radenkovic beim Interview mit AZ-Reporter Oliver Griss.
Petar Radenkovic beim Interview mit AZ-Reporter Oliver Griss. © Griss

So bezeichnet sich Petar Radenkovic, dieLöwen-Legende, im Rückblick selbst. Am Donnerstag wird er 75. Hier spricht er über sein Leben, den Tod der Ehefrau und einen Umzug.

AZ: Herr Radenkovic, am Donnerstag werden Sie 75 Jahre alt. Was bedeutet Ihnen diese Zahl?

PETAR RADENKOVIC: Sie erinnert mich an mein Alter, mehr aber auch nicht. Ich hätte nicht gedacht, dass das Leben so schnell läuft. Nur wenn ich in den Reisepass schaue, weiß ich: Oh, Petar, jetzt wirst du schon 75. Aber ich lebe genauso wie vor 15 Jahren. Nur durch den Tod meiner geliebten Olga habe ich mein Leben umstellen müssen.

Ihre Frau ist im Januar an Krebs gestorben.

Das Schlimmste war, dass ich ihr nicht helfen konnte und zuschauen musste, wie sie starb. Wir sind fünf Jahre von Klinik zu Klinik gefahren – erfolglos. Wir waren 53 Jahre verheiratet. Einen so tollen Menschen zu verlieren und dann allein zu sein, das muss man erst mal verkraften.

Wie haben Sie das bewältigt?

Ich war viel unterwegs, war in den ersten Wochen nur in Belgrad, um abzuschalten. Langsam kann ich den Tod von Olga verarbeiten. Er ist auch der Grund, dass ich meinen Geburtstag nur im engsten Familienkreis feiern will. Ich werde demnächst auch mein Haus in Unterhaching verkaufen – das wird für mich alleine zu groß. Ich werde aber erstmal zu einer meiner Töchter nach München ziehen und dann entscheiden, wie es weitergeht. Aber selbst wenn ich nach Serbien für immer gehe, werde ich immer wieder zwischen Belgrad und München pendeln. Ich bin hier seit 1962, hier sind meine Töchter geboren – das verbindet.

Werden Sie sich dann auch gedanklich von 1860, ihrem Ex-Klub, verabschieden?

Niemals. Mein Terminkalender wird immer nach den Löwen und der serbischen Nationalmannschaft, in der ich Delegationsleiter bin, ausgerichtet sein. Selbst wenn ich in Belgrad leben werde, fliege ich zu den wichtigen 1860-Spielen ein.

Aber was wird aus Ihrer Loge in der Allianz Arena?

Die gebe ich auf, das zahlt sich dann nicht mehr aus. Der Vertrag läuft ohnehin im Sommer 2010 aus.

Erleben Sie es noch, dass der TSV 1860 wieder in der Bundesliga spielt?

(lacht) Ich würd’s mir wünschen, hoffentlich dauert es nicht, bis ich 100 Jahre bin. Jedes Jahr hoffen wir auf einen Neuanfang – aber die Realität holt einen schneller ein, als man glaubt. Im Moment macht mir bei 1860 nur Gabor Kiraly Spaß. Noch in der Vorbereitung hatte ich gedacht, dass wir aufsteigen. Aber die letzten Ereignisse haben gezeigt, dass es auch im Jahr der 150-Jahrfeier nichts wird.

Die Meister-Elf von 1966, bei der Sie einer der Hauptdarsteller waren, wird also die größte 1860-Mannschaft aller Zeiten bleiben.

Wir waren in den 60er Jahren eine der besten Mannschaften Europas. Wir haben Real Madrid oder Porto geschlagen. Selbst die Bayern mit ihrem vielen Geld haben jetzt ihre Schwierigkeiten, sich zu behaupten. Wir kannten das nicht. Von 1962 bis 1967 war der TSV 1860 die erfolgreichste deutsche Mannschaft – danach ist der Klub leider auf dem Hosenboden gelandet.

Als Radi wurden Sie zum Entertainer der Bundesliga.

Ja, ja, mein Lied „Bin i Radi, bin i König“ war in Deutschland ein Riesen-Hit, ich stand in der Hitparade sogar vor den Beatles. Das ist am Tag zehnmal im Radio gelaufen. Ein paar hunderttausend Singles sind davon verkauft worden – seit der WM 2006 gibt’s sogar eine Neuauflage auf CD.

Von Ihren Ausflügen aufs Feld sprechen Fans heute noch.

Ich war eben der erste moderne Torhüter der Welt. Ich habe ja in der Jugend als Feldspieler angefangen. Ich konnte schon mit dem Ball umgehen, so war das nicht. Ich glaube, ich hätte in der Bundesliga auch draußen spielen können.

Mal ehrlich, wie hoch war Ihr erster Profi-Vertrag beim TSV 1860 dotiert?

Ich habe nebenbei bei Coca-Cola gearbeitet, hatte eine kostenlose Wohnung, insgesamt waren's um die 30 000 Mark. Und wir reden hier nicht von der Wochengage, sondern vom Jahresverdienst.

Wären Sie lieber heute Profi?

Klar, wer kann heutzutage so leicht gutes Geld verdienen. Da dürfen sich die mittelmäßigen Bundesligaspieler schnell Millionäre nennen. Die verdienen in einem Jahr jetzt mehr als wir in 40 Jahren. Das ist schon verrückt.

Interview: Oliver Griss

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