Präsidenten-Kritiker Steiner: „Ich bin kein Königsmörder!“

Waging - Während draußen im Waginger Dauerregen der Schnee dahinschmilzt, üben drinnen im Strandhaus am See zwei gut gelaunte 1860-Bosse vor rund 100 Fans den Schulterschluss. Zwischen uns passt kein Blatt, das wollen Dieter Schneider, der Präsident, und Otto Steiner, der Aufsichtsratsvorsitzende des Vereins, bei diesem Regions-Treffen des Fanclubdachverbands Arge demonstrieren.
Wenn man es nicht besser wüsste, 1860 müsste nach dieser Vorstellung ein Verein ohne Probleme, ohne Führungszoff, ohne ständige Intrigen sein. Dass aber auch in den letzten Tagen etwas vorgefallen sein muss, kann man erahnen, als Steiner sich gezwungen sieht, diesen Satz zu sagen: „Ich bin kein Königsmörder! Dieter macht einen tollen Job, der mit unglaublich viel Aufwand verbunden ist. Es ist ein Glücksfall für uns alle, dass er mit all seinem Herzblut für den Verein lebt."
Tatsächlich ist es erst wenige Tage her, dass Steiner sich in einer internen Rundmail mokierte über das Verhandlungsgeschick des Präsidenten. Die Einigung mit dem Investor sei kein Verhandlungserfolg Schneiders gewesen, man habe lediglich den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden. Sogar eine Rücktrittsforderung des Aufsichtsratschef in Richtung Präsidenten stand im Raum. „Sechzig ist leider auch ein Komödiantenstadl“, sagt Steiner in Waging. Wobei er einer von derzeit vier Hauptdarstellern ist.
Präsident Dieter Schneider: Die AZ-Leser haben den 64-Jährigen eben erst zur Sportpersönlichkeit des Jahres gewählt, in Waging hatte er eine Zeitung dabei und zeigte sie stolz dem Publikum. Den Rückhalt, den er beim Anhang hat, dürfte Schneider in den Gremien derzeit allerdings vermissen. Zwar stehen seine Präsidiumskollegen Franz Maget und Wolfgang Hauner loyal auf seiner Seite, doch sein Verhältnis zu den anderen Entscheidungsträgern ist konfliktbeladen. Geschäftsführer Robert Schäfer hält er für einen Befehlsempfänger des Investors, mit dem Investoren-Einflüsterer Hamada Iraki verbindet ihn eine herzliche Abneigung, und Steiner hält er für zu wankelmütig. Amtsmüde ist er noch lange nicht. „Ich trete nicht zurück. Es gibt viel zu tun in diesem Verein und ich packe es an. Es gibt gar keinen Grund für mich aufzuhören“, sagte er in Waging. Dem Vernehmen nach konnte Schneider bei der Aufsichtsratssitzung am Donnerstag aber nur mit Mühe eine Abstimmung über seine Person verhindern.
Aufsichtsratschef Otto Steiner: Der TV-Manager versteht sich auffallend gut mit Iraki und gilt bei 1860 ohnehin seit Jahren als Präsident in der Warteschleife. „Dieter macht einen tollen Job. Ich bin und bleibe im Aufsichtsrat. Ich habe überhaupt keine Ambitionen auf das Amt des Präsidenten“, sagte er in Waging. Doch wer glaubt ihm das noch?
Geschäftsführer Robert Schäfer: Der Jurist reiste erst ins Trainingslager nach Belek, als Schneider gerade dabei war, den Heimweg anzutreten. Dort angekommen, attackierte Schäfer dort den Präsidenten unverblümt: „Wir haben fundamental unterschiedliche Meinungen in manchen Punkten.“ Mit juristischen Konsequenzen muss Schäfer wohl nicht rechnen, aber: „Solche Attacken sind überflüssig und unglücklich. Es wird intern deutliche Worte geben, damit sich auch Robert Schäfer in Zukunft am Riemen reißt“, sagte Steiner.
Hamada Iraki: Der Investment-Banker hat sich als mindestens genauso konfliktfreudig entpuppt wie die restlichen Löwen-Funktionäre. Er agiert wie eine Art palästinensischer Macchiavelli, scheint aber vor allem Schneider unterschätzt zu haben. Schon im September forderte er per Mail den Rücktritt der Vereins-Bosse – die hielten durch.
Bald droht neues Ungemach: Noch immer sind sich Investor und Verein nicht einig über den Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Geldströme zwischen Verein und KGaA regeln soll. Einigt man sich nicht, droht 1860 wieder Ärger mit dem Finanzamt.