Präsident des TSV 1860 im AZ-Interview: "Cassalette ist keine Marionette"

Der Löwen-Präsident über sein Verhältnis zu Ismaik, die Entlassung Eichins und Sticheleien von der Säbener Straße: "Stammtischparolen".
Matthias Eicher |
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„Ich pflege mit Hasan ein freundschaftliches Verhältnis“: Präsident Cassalette (links) mit Investor Ismaik.
sampics/Augenklick „Ich pflege mit Hasan ein freundschaftliches Verhältnis“: Präsident Cassalette (links) mit Investor Ismaik.

München - AZ-Interview mit  Peter Cassalette. Der 63-Jährige ist seit November 2015 Präsident des TSV 1860 München. Die AZ hat ihn in mal wieder turbulenten Löwen-Zeiten zum Interview getroffen.

AZ: Herr Cassalette, wir hörten, Sie seien krank – wie geht es Ihnen?
Peter Cassalette: Danke, ganz gut so weit. Ich hatte eine Augenoperation wegen eines Grauen Stars, bekam eine künstliche Linse eingesetzt. Nächste Woche ist das andere Auge dran.

Wir dachten schon, es wäre der Stress bei 1860.
Wir hatten zuletzt viele Turbulenzen und ich gebe viel auf für 1860, aber meine Gesundheit nicht. Zumindest nicht wissentlich (lacht).

Die Löwen litten zuletzt unter chronischem Medienboykott.
Wir waren ja glücklicherweise nicht außer Gefecht und haben den wichtigen Sieg gegen Dresden geholt. Den Boykott wollten wir ja so, jetzt dürfen wir nicht darüber jammern.

Nach Auffassung der Öffentlichkeit, der Sponsoren und vieler Fans dürfte die Maßnahme in der Außenwirkung eher geschadet als genutzt haben.
Wir haben uns nach dem teils unfairen Medienecho auf die Pressekonferenz nach der Entlassung von Kosta Runjaic zu diesem Schritt entschlossen. Wir haben viel Zuspruch bekommen, auch viele gegenteilige Meinungen. Wie es bei 1860 eben immer ist.

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Zu Beginn der laufenden Saison verkündeten Sie, auf Kontinuität zu setzen. Kein halbes Jahr später sind Trainer Runjaic, Sportdirektor Thomas Eichin und Geschäftsführer Raed Gerges Geschichte.
Kontinuität ist immer abhängig vom sportlichen Erfolg. So geht es leider jedem Profiverein. Ich bin der Letzte, der Trainerwechsel gutheißt, aber wenn es nicht funktioniert, muss man handeln. Raed Gerges ist dagegen freiwillig gegangen. Und bei Thomas Eichin, dessen Aufgaben sein Assistent Peer Jaekel übernehmen wird, war es etwas völlig anderes.

Die Zusammenarbeit mit Ismaik war laut Eichin „unter diesen Umständen nicht mehr möglich“.
Wir hatten extrem unterschiedliche Auffassungen, wie es sportlich weitergehen soll. Eichin ist ja kein kleiner Schuljunge, hat viel Erfahrung im Profisport und seine eigene Meinung. Wenn zwei so starke Seiten aufeinandertreffen, geht das nicht immer gut. Am Ende hatte es keinen Sinn mehr.

Weil Ismaik am längeren Hebel saß.
Ich weiß schon, worauf Sie hinauswollen – dass er bei uns das Sagen hat. Ich kann es nicht anders ausdrücken: Das ist absoluter Schwachsinn. Hasan kann keine Leute rausschmeißen, dafür gibt es Gremien.

Auf die er wegen Sechzigs finanzieller Abhängigkeit Druck ausüben kann.
Er kann auf mich keinen Druck ausüben. In den dafür entscheidenden Gremien, Präsidium und Verwaltungsrat hat er keine Stimme. Ich bin ein völlig unabhängiger Präsident des e.V., Cassalette ist auch keine Marionette, was mir öfter vorgeworfen wird. Ich pflege mit Hasan nach wie vor ein enges und freundschaftliches Verhältnis, aber wir haben auch schon nächtelang Diskussionen geführt. Mal gibt der Eine nach, mal der Andere. Es gilt sicher für gewisse Bereiche: Wer zahlt, schafft an. Aber zu sagen, Hasan entscheidet immer, spiegelt nicht die Realität wider.

Amtssprache beim TSV 1860 Englisch? "Das ist Schwachsinn"

Sprechen wir über das Resultat einer dieser Diskussionen: den neuen Löwen-Trainer. Passt der Portugiese Vitor Pereira, ein heißblütiger, ausländischer und vor allem nicht deutschsprachiger Trainer, zu einem Giesinger Arbeiterverein?
Wir haben eine Entscheidung getroffen, aber es ist noch nichts unterschrieben. Wenn es Pereira wäre: Er hat bei Olympiakos Piräus das Double geholt, obwohl er bestimmt kein Griechisch kann. Es geht nicht darum, ob es ein Deutscher, Engländer oder Portugiese ist. Sondern darum, ob es ein guter Trainer ist.

Fragt sich nur, ob er mit Daniel Bierofka harmonieren wird, den Ismaik als neuen Co-Trainer angekündigt hat. Etwas vorschnell? Oder ist das schon geklärt?
Das wird man dann sehen. Im Normalfall bringt ein Trainer seinen Assistenten mit. Man müsste sehen, ob sie miteinander zurechtkommen und ob das auch beide wollen.

A propos harmonische Zusammenarbeit: Wie man hört, gestaltet sich das Verhältnis zum neuen Geschäftsführer Anthony Power, der nach Schlusspfiff mit Fanschal zu den Spielern aufs Spielfeld zu laufen pflegt, etwas kompliziert.
Es ist doch ganz normal, dass man einem neuen Mitarbeiter ein paar Ratschläge geben muss. Sie können davon ausgehen, dass ich das regelmäßig mache. Aber wenn ich höre, dass bei uns Amtssprache Englisch sein soll: Das ist Schwachsinn. Wir sind ein deutscher Verein und werden unsere Kultur wahren. Unsere Identität wird wegen eines Geschäftsführers, Trainers oder Investors nicht kaputtgehen.

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Um die Identität als Bayern-Rivale wieder aufleben zu lassen, hat Ismaik nach einer Stichelei von Uli Hoeneß verbal zurückgeschossen und damit gedroht, den umstrittenen Verkauf der Stadionanteile neu aufrollen zu lassen. Was sagt der Oberlöwe dazu?
Eine Klage dürfte wenig Sinn machen, das ist ja, so weit ich das weiß, längst ausprozessiert. Ansonsten werde ich mich hüten, eine Retourkutsche über unseren Stadionpartner loszuwerden. Wenn der FC Bayern froh ist, keinen Ismaik zu haben, kann ich nur sagen: Ich bin froh, dass wir ihn haben, sonst könnten wir nicht mehr Profifußball spielen. Alles andere, was von Seiten der Säbener Straße in letzter Zeit gesagt wurde, sind für mich Stammtischparolen.

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