Poschner vor Unterschrift. Experten finden's gut
München -Jens Lehmann: kein Kandidat mehr. Auch Jochen Kientz, heute Spielerberater und früher Verteidiger beim TSV 1860, ist raus. Absoluter Favorit auf die Stelle des neuen Sport-Geschäftsführers bei den Löwen ist Gerhard Poschner - und sogar ein bisschen mehr. Nach AZ-Informationen befinden sich die Verhandlungen mit dem früheren Verteidiger nunmehr auf der Zielgeraden. Spätestens nach dem Auswärtsspiel der Löwen in Dresden am Montag soll Poschner vorgestellt werden in Giesing.
Zwei Mal war Poschner in den letzten Tagen in München, um sich mit Präsident Gerhard Mayrhofer und Geschäftsführer Markus Rejek zu treffen. Poschner soll die Bosse mit seinem Auftreten und seinem Konzept restlos überzeugt haben. Die AZ erreichte Poschner am Mittwoch Nachmittag. Eine offizielle Aussage zum Stand der Verhandlungen wollte er nicht abgeben - auch, um die Verhandlungen nicht auf den letzten Metern scheitern zu lassen. Doch sein großes Interesse an der Aufgabe bestritt er nicht.
Poschner, der 2004 als damals 34-Jähriger Profi nicht mehr helfen konnte, die Löwen vorm Abstieg zu bewahren, soll nun helfen, sie wieder nach oben zu führen.
Die Bosse hat Poschner längst überzeugt. Gegenüber der AZ wollte er am Mittwoch aus Respekt gegenüber dem Verein die Gespräche nicht bestätigen. Ein Dementi war aber auch nicht dabei.
Der 44-Jährige bringt es auf 290 Bundesliga-Spiele (VfB Stuttgart, Borussia Dortmund und vier Spiele für die Löwen). Bislang arbeitet Poschner als externer Berater einiger Klubs in Spanien und Deutschland und war in der Saison 2009/2010 Generaldirektor beim spanischen Erstligisten Real SaragossaAus seinen Zeiten beim VfB bleiben vor allem die gesanglich eher fragwürdigen Auftritte mit Marco Haber und Fredi Bobic als „Tragisches Dreieck“, aber auch die glanzvollen Zeiten an der Seite eines Giovane Elber oder eines Krassimir Balakov, mit denen er 1997 den DFB-Pokal gewinnen konnte.
Bleibt die Frage: Wäre Poschner, so er kommt, ein guter Sportchef für die Löwen? Hätte er den Job im Kreuz, taugt er zum Hoffnungsträger? Schließlich haben bei den Löwen mittlerweile auch die Verantwortlichen verstanden, dass sie sich wahrscheinlich sogar gar keine Fehler mehr erlauben können bei der Besetzung der offenen Stellen.
Die AZ hat sich mit Experten und ehemaligen Weggefährten Poschners unterhalten, die es wissen müssen
Michael Hofmann (spielte mit Poschner im Frühjahr 2004 bei den Löwen): „Ich kann mich sehr gut an die Zeit mit ihm erinnern. Er hat damals nicht viele Spiele gemacht, war längere Zeit verletzt und kam zum Schluss unter Falko Götz nicht mehr zum Zug. Poschi war aber ein Mann, zu dem die Jüngeren immer aufgeschaut haben. Sicher ist, dass er einer ist mit viel Fußball-Sachverstand und der viel Erfahrung mitbringen würde. Er hat in Spanien gearbeitet und war sehr erfolgreich beim VfB Stuttgart und bei Borussia Dortmund. Ansonsten kann ich nur sagen, dass damals jeder ziemlich mit sich selbst beschäftigt war im Jahr des Abstiegs und mit dem Stadion-Skandal.“
Manager-Legende Reiner Calmund (kennt Poschner aus seiner Zeit als Fußballfunktionär bei Bayer Leverkusen): „Zunächst mal muss klar sein, dass ein Manager in der 2. Liga ganz andere Aufgaben hat als einer in der 1. Liga. In der zweiten Liga muss viel mehr organisiert werden. Man kann das so vergleichen: Ein Zweitligist arbeitet heute wie man früher bei einem Uefa-Cup-Teilnehmer gearbeitet hat. Heute ist alles professioneller. Poschner selbst hat schon erfolgreich als Spielerberater gearbeitet, er kennt die sportliche Situation und dass er sich im Fußball auskennt, ist keine Frage. Der Poschi hat schon auf sehr hohem Level Spieler vermittelt, kennt sich also bestens in diesem Geschäft aus. Entsprechend besitzt er auch ein sehr gutes Netzwerk. Von dem her wäre Poschner sicher ein guter Mann für die Löwen.“
Jamaicas Nationaltrainer Winfried Schäfer (war in der Saison 1996/1997 Poschners Trainer beim VfB Stuttgart): „Eins ist klar: Sechzig benötigt jetzt einen sehr guten Manager. Ich verfolge das schon seit Jahren. Der Verein wäre so leicht nach oben zu führen. Wichtig ist nur, dass der Manager stark ist und in seinen Entscheidungen nicht umfällt. Poschi ist jedenfalls einer, der das Geschäft versteht. Außerdem wäre er keiner, der direkt aus dem Verein kommt. Auch das ist wichtig: Der neue Manager muss einer von außen sein. So wie Netzer damals in Hamburg. Von dem her würde das schon passen. Ich kann nichts Negatives über Poschner sagen. Ein Problem sehe ich darin, dass Poschi als Berater tätig war. Wenn so einer Manager geworden ist, ging das oft schief. Wenn er bei 1860 einsteigt, hoffe ich, dass er sie in ein ruhiges Fahrwasser bringen kann.“