Poschner contra Schneider - Zoff um den Mannesmut

München - Am Freitag titelte die AZ: „Jetzt wird’s schmutzig.“ Und als ob der TSV 1860 belegen wollte, wie sehr diese Zeile stimmte, griff ein Mann umgehend in die Vollen: Siegfried „Sigi“ Schneider. Der Verwaltungsrats-Chef und CSU-Politiker polterte in der „Süddeutschen Zeitung“ gegen Löwen-Sportchef Gerhard Poschner und forderte ihn – so gar nicht politisch korrekt in der Wortwahl – zum Rücktritt auf. „Sein sportliches Konzept ist ganz offensichtlich gescheitert“, sagte Schneider. „Ich gehe davon aus, dass Poschner Manns genug ist, selbst die Konsequenzen zu ziehen und den Weg freizumachen für einen sportlichen Neuanfang.“
Poschner und der Mannesmut? Die Retourkutsche auf die „Manns-genug“-Provokation kam natürlich umgehend. Die AZ konfrontierte Poschner mit Schneiders Forderung und der in der Kritik stehende Sportchef der Löwen gab eine klare Antwort. „Ich habe nicht erwartet, dass Herr Schneider mir das persönlich sagen würde. Deswegen hat es mich nicht gewundert, davon aus den Medien zu erfahren“, erklärte der Geschäftsführer und fügte in der Rücktrittfrage süffisant an: „Wenn er das von mir fordert, soll er es mir persönlich sagen und ich werde ihm antworten, aber nicht über die Medien.“
Dass sich Schneider, selbst kein Kind von Unfehlbarkeit bei 1860, jetzt aus der Deckung wagte, überrascht. Denn er wird am Dienstag selbst wieder eine Hauptrolle spielen. Die „Causa Kirmaier“ holt den Verein wieder ein – eine weitere Runde vor Gericht steht an. Dann wird auch Schneiders Rolle in diesem für den Verein so peinlichen (und typischen) Schlamassel wieder im Fokus stehen. Schließlich war es der 59-Jährige, der als Aufsichtsrat und späterer Aufsichtsratsvorsitzender mitverantwortlich dafür war, dass die Löwen eineinhalb Jahre lang führungslos umher irrten. Kirmaier-Anwalt Heinz Veauthier bestätigte auf AZ-Nachfrage, dass auch Schneider mit im Fokus der Gerichtsverhandlung stehen wird. „Er war eine der Schlüsselfiguren in diesem für den Verein so schädlichen Chaos. Für mich ist sein Fehlverhalten und das des ganzen Aufsichtsrates eine Todsünde, unter der 1860, die Mitglieder und die Fans seit zwei Jahren zu leiden haben. Auch, wenn Sigi Schneider andere Leute als Sünder sieht“, erläutert Veauthier seine Sicht der Dinge.
Ein Sünder ist für Schneider auch Poschner. Der Sportchef trägt unstrittig die Verantwortung für die sportliche Talfahrt. Dass in dieser Situation Rücktrittsforderungen laut werden, ist wenig verwunderlich. Pikant ist nur, dass sich Schneider während der nun zwei Jahre anhaltenden Kirmaier-Affäre stets geweigert hat, zurückzutreten. Stattdessen hatte er erklärt, er wolle erst die Fehler ausbügeln. Dies sieht er nun als erledigt an, obwohl noch Gerichtstermine anstehen. Auf jeden Fall scheidet er am 21. Juni aus dem Verwaltungsrat aus. Freilich nicht, ohne noch einmal mit seinen Forderungen für Wirbel zu sorgen. Öffentliche Attacken, Schuldzuweisungen. Ein Hauen und ein Stechen, das kennt 1860 zur Genüge. Leider.
Dieses Verfallen in alte Muster war verärgert Poschner: „Es wird im Klub schon seit Jahren persönliche Politik über die Medien gemacht, anstatt sich hinter verschlossenen Türen zusammenzusetzen und die Dinge offen, aber intern anzusprechen. Wenn das so weitergeht, wird der Klub nie gesund.“ Erstaunlich ist zudem, dass sich Schneider und auch das Präsidium um Gerhard Mayrhofer in der Causa Poschner hinter Investor Hasan Ismaik verstecken. Faktisch könnten sie Poschner jederzeit entlassen. Doch die Furcht geht um, dass Ismaik dann seine Darlehensverträge kündigt. Warum er das tun sollte, würde es doch sein eigenes 50-Millionen-Investment gefährden, bleibt dagegen unbeantwortet. Bei den Löwen geht es eben um viel. Auch um Mannesmut.