Pfeifer weg? Ismaik bezweifelt Rechtmäßigkeit der Finanzboss-Rochade beim TSV 1860
München - Der Machtkampf der Gesellschafter des TSV 1860 nimmt immer groteskere Züge an. Die Vereinsbosse um Präsident Robert Reisinger haben am Freitagvormittag nach AZ-Informationen die 50+1-Regel gezogen, um den erfolgreichen, aber aus fragwürdigen vereinspolitischen Gründen in Ungnade gefallenen Finanz-Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer vorzeitig zu beurlauben. Bereits Ende November 2023 war bekannt geworden, dass der zum 30. Juni 2024 auslaufende Vertrag des Schwaben nicht verlängert wird - gegen den Willen von Investor Hasan Ismaik.
TSV 1860: Ismaik hatte von Pfeifer-Mueller-Wechsel keine Ahnung
Kurios: Über das vorzeitige Aus des 43-jährigen Geschäftsführers sowie über die Einstellung von Pfeifers Nachfolger Oliver Mueller war die Investorenseite erst im Nachgang, am Freitagnachmittag informiert worden. Laut HAM-Stellungnahme vom Sonntagabend seien der Investorenseite die Beweggründe dafür bis dato nicht mitgeteilt worden, die Art und Weise der Freistellung Pfeifers entspreche aber "nicht unserer Vorstellung eines angemessenen Umgangs mit Menschen".
Weiter heißt es: "Es passt aber zu dem neuen Ton, der mittlerweile von einer radikalen Minderheit innerhalb von 1860 gepflegt wird: Fahndungsplakate missliebiger Menschen, Schmähaufkleber gegen die Polizei, öffentliche Misstrauensbekundungen gegenüber altgedienten Präsidiumsmitgliedern und nun die öffentlichkeitswirksame Entfernung von Herrn Pfeifer aus einem Amt, dass er seinerzeit auf Wunsch des e.V. angetreten ist. Dies sollte eine Warnung an alle sein, die nun auf Geheiß des e.V. für TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA tätig werden."
Ismaik-Seite zweifelt Rechtmäßigkeit der Bosse-Rochade an
Mehr noch, HAM lässt durchblicken, dass man die rechtmäßige Bestellung Muellers, aber auch die des neuen Sport-Geschäftsführers Christian Werner anzweifelt, "da der e.V. bisher trotz Aufforderung hierzu keine Unterlagen vorlegen konnte." Im Handelsregister sei zudem noch immer Pfeifer als alleiniger vertretungsberechtigter Geschäftsführer eingetragen.
Der Jordanier wiederum hatte eine Verlängerung mit Pfeifer angestrebt und bereits vor einigen Monaten ein Untersuchungsverfahren im Aufsichtsrat angestellt, um gegen das angeblich vereinsschädigende Verhalten der e.V.-Bosse vorzugehen. Es sollen auch mehrere zivilrechtliche Klagen gegen die Vereinsoberen angestellt worden sein, deren Ergebnis bislang abzuwarten bleibt. Pfeifer hatte sich bei der Vereinsseite durch seine angebliche Nähe zu Ismaik angreifbar gemacht und laut Reisinger die Sportchef-Suche "gezielt verschleppt".
Pfeifers Sponsorenaquise reichte nicht für Verbleib – Mueller-Vorstellung am Montag
Der gebürtige Ludwigsburger trat seinen Posten bei 1860 im Juli 2020 an und sorgte innerhalb von drei Jahren für eine knappe Verdoppelung des Sponsoringvolumens. "Hier sind erkennbar Fortschritte erzielt worden", konstatierte Reisinger vergangenes Jahr in der "Süddeutschen Zeitung" knapp, um gleichzeitig zu relativieren: "Das ist das Ergebnis einer guten Teamleistung, zu der auch die Sportmarketingagentur Infront wesentlich beigetragen hat."
Was der Oberlöwe nicht erwähnt hat: Pfeifer hat Sechzigs Erträge durch eigene Sponsorenakquise, bei der nur zehn Prozent Vertriebsprovision fällig werden (bei Infront 20 Prozent), deutlich gesteigert. Stattdessen meinte Reisinger: "Sechzig München zu verkaufen, ist nicht so schwer." Bei den Sponsoren dagegen hatte das professionelle Auftreten des Ex-Geschäftsführers der Stuttgarter Kickers Anklang gefunden, nicht zuletzt bei Hauptsponsor "Die Bayerische".

Pfeifer hat es auch geschafft, den finanziellen Aufwand in den vergangenen Jahren um über zwei Mio. Euro zu verringern. Doch selbst die erfolgreichen Geschäftszahlen schützten Pfeifer nicht vor dem Aus. Am Montag stellt 1860 den neuen Finanzboss Mueller vor - auch Reisinger wird sich den Presse-Fragen stellen.
Die Investorenseite ihrerseits beendete ihre Pressemitteilung mit den Worten: "HAM bekräftigt seinen Wunsch nach Einigkeit und Zusammenarbeit, der öffentlich und unter vier Augen gegenüber der e.V.-Führung geäußert wurde, in der Hoffnung, dass weiterer Schaden für den Klub und die Profifußballmannschaft vermieden werden kann."