Peter Pacult im AZ-Interview: "Sechzig braucht noch einen langen Atem"
München - AZ-Interview mit Peter Pacult: Der 62-Jährige kam im Jahre 1993 zu Zweitliga-Aufsteiger TSV 1860 und schoss die Löwen mit Sturmpartner Bernhard Winkler in die Bundesliga. Aktuell trainiert der Österreicher Austria Klagenfurt.
AZ: Herr Pacult, fünf Siege in fünf Spielen - Fangfrage: Können Sie sich an einen derart guten Saisonstart der Löwen erinnern?
PETER PACULT: Das ist sicher sehr, sehr lange her! (lacht) Nein, ich habe schon mitbekommen, dass es der beste Saisonauftakt der Vereinshistorie war. Das haben sie nicht einmal zu Regionalliga-Zeiten geschafft. Glückwunsch an diese Mannschaft, so etwas muss man erst einmal schaffen.

Vor der Saison 1993/94 sind Sie zu Zweitliga-Aufsteiger 1860 gewechselt, am Ende stand der umjubelte Durchmarsch in die Bundesliga. Aber der Auftakt ging damals gehörig schief...
Ich erinnere mich noch gut und mit einem Grausen daran: Wir haben bei Hansa Rostock gespielt und sind dort mit 0:4 unter die Räder gekommen. Doch das Schlimmste war: Wir hatten an diesem Tag nicht den Hauch einer Chance.
Peter Pacult: "Du brauchst nicht nur eine gute erste Elf"
Es folgten acht Spiele ohne Pleite. Wie haben Sie damals so schnell die Kurve bekommen?
Wir hatten Werner Lorant! (lacht) Nein, ich würde schon sagen, dass wir damals ein eingeschworener Haufen waren, mit einer Menge guter Spieler. Eine Parallele erkenne ich schon: Wir hatten damals mehr als nur elf Akteure, die ihren Mann gestanden sind. Als Trainer sage ich meinen Mannschaften immer: Du brauchst nicht nur eine gute erste Elf, es kommt auf zwölf bis 18 Spielern an, oder 20. Gerade auf die Bankdrücker kommt es an. Diejenigen, die nicht jeder kennt, die nicht immer im Rampenlicht stehen.
Sechzig hat aktuell einen sehr breiten und funktionierenden Kader.
Das ist für mich der Schlüssel. Wenn diese Spieler funktionieren, dann hast du Erfolg, dann ist auch die Stimmung gut. Das habe ich damals bei uns erkannt, und das erkenne ich auch jetzt. Und noch etwas: Jeder Spieler muss sich auch mal zurücknehmen. Bei uns war der Roland "Magic" Kneissl damals ein absoluter Publikumsliebling. Aber dann hat man gemerkt: Hoppla, in der Zweiten Liga geht's nicht mehr so leicht wie vorher. Dann hat ihn der Werner gut geschützt und zum Co-Trainer gemacht.
Peter Pacult: "Es ist immer von Vorteil, wenn du viele verschiedene Torschützen hast"
Und vorne hat das Duo Bernhard Winkler und Peter Pacult Tore wie am Fließband geschossen.
Ja, das hat bestens funktioniert. Es haben mehrere Faktoren eine Rolle gespielt: Bernhard ist mit Kaiserslautern Meister geworden, aber hat danach nicht so viel gespielt und war daher nicht mehr mit so viel Selbstvertrauen betankt. Ich war schon ein alter Routinier, hatte meine besten Tage hinter mir. Zusammen wollten wir es nochmal allen beweisen und wir haben uns menschlich sehr gut verstanden.
Im aktuellen Team fehlt der amtierende Torschützenkönig - und trotzdem läuft's.
Es ist schon erstaunlich, wie gut es ohne Marcel Bär klappt: Mal trifft Fynn Lakenmacher, mal Meris Skenderovic, mal andere Spieler. Es ist immer von Vorteil, wenn du viele verschiedene Torschützen hast.
Das sagt Peter Pacult über die Anti-Ismaik-Fahne im Grünwalder
Sie sind voll des Lobes für Ihre Sechzger. Welchen Rat können Sie den Sechzgern geben, damit der Höhenflug erst spät endet oder gar nicht?
Sie sollten die Kirche im Dorf lassen. Ja, der Saisonstart ist bestens gelaufen. Ja, die Konkurrenz verliert schon jetzt Punkte, die man erst einmal wieder aufholen muss. Aber es sind 33 Spieltage, da brauchst du noch einen langen Atem. Und wenn du mal eine böse Pleite einfängst, darfst du nicht aufstecken, sondern musst daraus lernen.
Derzeit scheint sich das Team auch nicht von vereinspolitischen Querelen aus der Bahn werfen zu lassen.
Ich habe auch mitbekommen, dass in der Kurve diese Fahne gegen Hasan Ismaik weht. Das ist für mich eine Blamage für die Vereinsspitze. Und dann sagen wieder einige Volltrottel: "Fang' ma halt ohne sein Geld von vorne an!" Die würde ich gerne sehen, wenn dann wie bei Türkgücü die Lichter ausgehen. Sollen sie doch froh sein, dass es so gut ausschaut!