Peter Cassalette: Präsident auf Probe

München - Um 9:15 Uhr kam er an der Geschäftsstelle an. Nachdem Peter Cassalette aus seiner Wohnung in Harlaching „eine halbe Stunde in der Sonne“ an die Grünwalder Straße marschiert war, begann dort der erste Arbeitstag des neuen Oberlöwen.
Und der hatte gleich jede Menge zu tun. „Viele Leute kommen auf einen zu“, sagte Cassalette zur AZ, „die Priorität Nummer eins war, den Schreibtisch einzurichten.“ Das durfte er, wie es sich für einen Oberlöwen gehört, im Präsidentenzimmer tun. Das hatte zuvor zwar Sportchef Oliver Kreuzer bezogen, der ist aber (vorübergehend) in die Pressestelle umgezogen. „Oliver war so nett. Das habe ich aber nicht verlangt, er hat‘s freiwillig gemacht“, stellt der 62-Jährige klar. Außerdem hatte er zwei Antrittsbesuche zu erledigen. „Ich bin in der Früh‘ gleich zur Christl (Wirtin Estermann vom Löwen-Stüberl, Anm. d. Red) und habe mir eine Wurstsemmel geholt“, erzählt er.
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Am Nachmittag begrüßte er die Spieler in der Kabine. „Ich habe der Mannschaft gesagt, dass ich an sie glaube, dass wir da unten wieder rauskommen“, berichtet er. Nicht ganz unwesentlich für ihn, wenn er sich im Sommer wieder zur Wahl stellt – und nicht als Abstiegspräsident in die 1860-Historie eingehen will. In den kommenden Tagen und Wochen kommt in seiner siebenmonatigen „Probezeit“ einiges auf ihn zu. Cassalette hat schon mehrfach betont, was er erwarte: einen Fulltime-Job. „Entweder ganz oder gar nicht! Natürlich kann ich immer mittags heimgehen, aber dann werden wir nicht vorwärts kommen“, sagt er. Die AZ zeigt, was auf seiner Agenda steht.
Das Ismaik-Problem
Erst Schreibtisch, dann Investor – so hatte Cassalette schon nach seiner mit zwei Drittel der Stimmen gewonnenen Wahl den ersten wichtigen Punkt auf der präsidialen To-do-Liste formuliert. Einen neuen Stand gebe es seitdem nicht. „Wenn der erste Kontakt hergestellt ist, werden wir die Termine abgleichen. Ich glaube, er hat weniger Zeit als ich.“ Trotzdem solle schnellstmöglich ein Treffen stattfinden und Ismaik im Optimalfall davon überzeugt werden, weiter zu investieren.
Die Stadionfrage
„Die Allianz Arena ist nicht unsere Heimat“, predigt Cassalette und nährt die Hoffnung auf eine Rückkehr ins Sechzgerstadion, schließlich haben die Fans bei der Mitgliederversammlung einen Auszug beschlossen: „Das Herz der Löwen, auch meines, hängt am Grünwalder Stadion. Haben wir eine Chance, da zumindest vorübergehend in der 2. Liga zu spielen?“ Sollte es nicht klappen, müsse dringend geklärt werden, wie es sonst weitergehen kann.
Einfluss in der KGaA
„Ich habe schon mit den Geschäftsführern Noor Basha und Markus Rejek geredet und auch andere Mitarbeiter kennengelernt. Alle sind sehr engagiert, haben die richtige Einstellung.“ Cassalette will in der ausgegliederten Profi-Abteilung seinen Einfluss geltend machen, trotz der am Sonntag von Vizepräsident Peter Helfer getätigten Aussage, dass das Präsidium in der KGaA „eh nix entscheiden, sondern den Burschen nur auf die Finger schauen“ könne: „Die Erfahrung muss ich selbst machen. Ich gehe optimistisch ran, es liegt auch am Präsidenten, wie man sich da durchsetzt.“ Daran sind seine Vorgänger regelmäßig gescheitert, zuletzt hauptsächlich an Ismaik. Inwieweit die Fan-Basis daran glaubt, dass er etwas verändern kann, darf angesichts von nicht einmal 500 anwesender Mitglieder bezweifelt werden.
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Präsident des Gesamtvereins
Nicht nur für die KGaA, auch für den e.V. will Cassalette einstehen: „Ich nehme das so ernst, wie ich es gesagt habe: Ich werde Termine mit den Abteilungsleitern machen. Weil ich natürlich – und ich denke, das wird man mir nachsehen – nicht viel über die Kegler weiß oder die Boxabteilung.“ Das soll sich schnell ändern und der TSV 1860 mit allen Abteilungen enger zusammenwachsen. Hier kann Cassalette etwas bewirken – in der KGaA bleibt’s abzuwarten.