Peinlich oder versöhnlich? 1860 verabschiedet Weber, Gebhart und Co.

München - Samstagnachmittag, Sechzigs Heimpremiere im Grünwalder Stadion: In der Westkurve prangte schon vor dem Anpfiff des Duells der Löwen gegen den 1. FC Magdeburg (1:1) ein Plakat mit der Aufschrift "Die Kurve sagt Danke!"
Zu beiden Seiten der Botschaft fanden sich jeweils zwei aufgemalte 1860-Trikots: Angesichts der darauf zu erkennenden Rückennummern zwei, vier, zehn und achtzehn dürfte es bei vielen Löwen-Fans dämmern: Es handelt sich um Abschiedsworte für Eric Weeger, Felix Weber, Timo Gebhart und Nico Karger. Das Quartett, bestehend aus langjährigen Löwen, steht für alle jene Spieler, die 1860 im Rahmen des ersten Heimspiels der Saison 2020/21 verabschiedete.
Stadionsprecher Stefan Schneider dankte den Ex-Löwen für ihren Einsatz und wünschte ihnen Gesundheit und eine gute Zukunft, die Vereinsbosse posierten vor Gemälden von insgesamt zehn ausgewählten Spielern, die wohl im Gegensatz zu einigen anderen Kollegen noch nicht verabschiedet worden waren.
Emotionale Botschaft: TSV 1860 verabschiedet Spieler
Insgesamt waren es Hendrik Bonmann, Herbert Paul, Aaron Berzel, Tim Rieder, Simon Seferings, Kristian Böhnlein, Benjamin Kindsvater, Prince Owusu und Markus Ziereis, die Sechzig überwiegend zwangsläufig verlassen mussten. Paul, Gebhart und Karger mussten sogar aufgrund von Sechzigs verpatzter Neuvergabe ihrer Rückennummern erfahren, dass sie scheinbar nicht mehr gebraucht werden an der Grünwalder Straße. Nach Spielschluss veröffentlichte 1860 auf der vereinseigenen Internetseite eine emotionale Botschaft an und über die ehemaligen Blauen, bei der sich die Geister scheiden dürften.
"Kennt ihr diesen Moment? Man denkt sich: 'Eigentlich ist es schon fast peinlich, das jetzt noch anzusprechen, denn den richtigen Zeitpunkt habe ich längst verpasst?'. Genau dieser Gedanke schwirrt uns seit Ewigkeiten im Kopf umher", schrieben die Giesinger und lieferten eine Erklärung: "Normalerweise bedankt man sich bei verdienten Spielern, die den Verein verlassen am letzten Spieltag einer Saison. In unserem Fall mit 15.000 Zuschauern im ausverkauften Grünwalder Stadion, die klatschen, jubeln und die Spieler, die den Verein verlassen ein letztes Mal mit Sprechchören feiern. Die ihnen damit die verdiente Anerkennung zum Dank für die Verdienste im Verein zukommen lassen."
Wegen Corona: Kein traditioneller Abschied möglich
Diese, traditionelle Form des Abschieds sei diesmal aus diversen Gründen nicht durchführbar gewesen, wie Sechzig schreibt: "Dies war nicht nur aufgrund der Covid-19-Pandemie in der vergangenen Saison leider nicht möglich, sondern weil aufgrund von sportlichen und finanziellen Eventualitäten bis über den letzten Spieltag hinaus noch vieles offen war. "Kapitän Weber etwa wäre nur zu gerne ein Löwe geblieben. Bekanntlich kam es anders, da 1860 zuerst keine finanziellen Mittel zur Verfügung hatte - und nach der Etaterhöhung auf anderes Personal wie etwa Neuzugang Stephan Salger oder Talent Erik Tallig baute.
"Dennoch sind wir ein Verein der nicht nur von Löwen-Familie sprechen, sondern auch Familie sein und respektvoll agieren möchte", ist der Stellungnahme weiter zu entnehmen: "Unsere Jungs haben es sich durch ihren löwenstarken Einsatz über viele Jahre beim TSV 1860 München verdient, einen würdigen Abschied zu erhalten, sie haben es sich verdient, von den Massen noch einmal gefeiert zu werden." Auch dieser Abschied, für das Magdeburg-Spiel vor knapp 3.000 Zuschauern geplant, sei nun ins Wasser gefallen.
TSV 1860 öffnet Ex-Löwen die Tür
Daher wolle man sich nun zumindest durch die Aktion "bei vielen großartigen Spielern und noch großartigeren Menschen und deren Angehörigen bedanken, die Sechzig München ein Stück weit geprägt haben, die zum Teil Aufstiegshelden waren, die immer alles für ihren Verein gegeben haben." Die zehn Fußballprofis seien auch Totopokal-Sieger und würden von Sechzig außer einem Gemälde von sich selbst im Löwen-Trikot auch eine entsprechende Medaille erhalten.
Das Schlusswort der Sechzger an Weber, Gebhart und Co.: "Auch, wenn dies nicht die Form des Abschiedes ist, den ihr Euch gewünscht habt und es sicherlich auch nicht der Abschied ist, den wir uns für Euch vorgestellt haben, wünschen wir Euch auf Euren Weg alles Gute, viel Glück, Erfolg und insbesondere Gesundheit." Der Drittligist hoffe, die Akteure "wieder in München-Giesing begrüßen zu dürfen", denn sie seien "herzlich willkommen, wann und in welcher Form auch immer."
Ob die Botschaft nun peinlich oder doch noch ein versöhnlicher Abschluss für die Verabschiedeten ist, können die Ex-Löwen nur selbst beantworten.