„Ohrfeige für die Fans“
Mit der Ankündigung, dass 1860 weiter in der Allianz Arena spielt, zieht sich Boss Niemann den Unmut einiger Anhänger zu. Der Versuch, ein Plakat entfernen zu lassen, sorgt zudem für Ärger
MÜNCHEN Als Robert Niemann in einem anderen Leben noch bei der DFL war, nannten sie ihn wegen seiner Vorliebe für Inszenierungen Doc Hollywood. Heute ist Niemann Geschäftsführer beim TSV 1860 und lässt in Gesprächen mit Reportern gerne beiläufig die Bemerkung fallen, promovierter Kommunikationswissenschaftler zu sein.
Vielleicht steckte hinter seinem denkwürdigen Auftritt am Sonntag nach dem 2:1-Sieg der Löwen gegen Aachen also tatsächlich ein ausgeklügelter Plan.
Zumindest eine veritable Lawine hat Niemann ausgelöst mit seiner Ankündigung, in der Allianz Arena bleiben zu wollen. Dass Niemann im gleichen Atemzug noch den Anhang schalt, sich gegen das Abhängen eines kritischen Transparents gewehrt zu haben, verschärfte die Enttäuschung der Fans nur noch.
Die AZ hat sich bei Löwen-Fans umgehört.
Fanratssprecher Markus Eder: „Wir sind darüber verwundert, dass – entgegen aller Abmachungen – mit Äußerungen, welche die Fans betreffen, in die Öffentlichkeit gegangen wird, ohne vorher mit dem Fanrat zu kommunizieren. Wir hoffen, dass es sich nur um Anlaufschwierigkeiten der neuen Geschäftsführung handelt. Bei der Delegiertenversammlung 2009 wurde der Vereinsführung ein deutliches Zeichen gegeben, sich um den Auszug aus der Arena zu bemühen. Von einer Minderheit kann keinesfalls die Rede sein.“
Franz Hell, Allesfahrer seit Ende der 60er: „Die Art und Weise vom Sonntag haben wir schon vor zehn Jahren mit unserem früheren Präsidenten erleben müssen, als auch versucht wurde, die Fan-Meinung in die gewünschten Bahnen zu leiten.“
Roman Beer, Vorsitzender „Freunde des Sechzger Stadions“ und Mitglied der Stadionkommission:
Heribert Maiershofer, Blindheimer Löwen-Fanclub: „Ich halte nicht viel vom Auszug aus der Allianz Arena. Dennoch war die Aktion nicht okay. Wenn die Fans so ein Plakat aufhängen wollen, dann sollen sie es doch aufhängen."
Richard Ostermeier, Westkurve.de: „Das war ein falsches Zeichen zum falschen Zeitpunkt. Der Geschäftsführer beweist wenig Feingefühl, wenn er die Fans ignoriert, die nicht in die Arena der Roten gehen. Es gibt eben Löwen-Fans, die nicht Mieter beim FC Bayern bleiben wollen. Seit Wochen versuchen die Fangruppen, Niemann an einen Tisch zu bekommen – bisher erfolglos.“
Hans Vonavka, Sprecher Pro 1860: „Die Aktion war kontraproduktiv und wenig sinnvoll. In der aufgehitzten Atmosphäre während eines Spiels etwas entfernen lassen zu wollen, das ist ein Rückfall in schlimmste Zeiten. Das war eine Ohrfeige für die Fans.“
Peter Vogl, Lechspitzlöwen Waltershofen: "Auch, wenn sich der Niemann inzwischen wohl bei den Fans für den ganzen Vorfall entschuldigt hat, war das mit dem Plakat natürlich eine ganz ungute Geschichte von ihm. Das hätte man anders lösen können und müssen. Das darf er als Geschäftsführer nicht machen. Der richtige Weg ist, jetzt das Gespräch mit den Fans jetzt zu suchen. Dass wir in der Allianz Arena bleiben, da wird es wahrscheinlich kienen anderen Ausweg geben. Das Grünwalder Stadion geht leider nicht mehr und auch das Olympiastadion ist keine vernünftige Lösung zum Fußballspielen. Die Allianz Arena muss billiger werden, das ist momentan der einzige Weg."
Lothar Lange, Fanprojekt München: „Solche Methoden sind ziemlich unglücklich. Dass der Verein freie Meinungsäußerung der Fans mit solchen Aktionen unterbinden will, ist nicht gut und sehr verwunderlich. Das schürt nur negative Emotionen.“
Bene Fischer, Löwen-Fanclub Aitrang: "Es haben sich schon viele Fans im Block darüber aufgeregt, dass dieses große Plakat immer wieder aufgehangen wurde. Da stehen nicht bloß zehn oder hundert Fans dahinter, die gegen die Arena sind, sondern bestimmt 5000 Zuschauer, die eigentlich für das Stadion sind. Und die haben sich schon oft aufgeregt, dass das Plakat weg sollte. Meinungsfreiheit für jeden! Die, die nicht in die Arena wollen, die sollen doch draußen bleiben. Für mich gibt es nichts besseres als die Allianz Arena, wenn sie auch finanziell unglaublich schwierig zu stemmen ist. Dass Niemann das Plakat hat abmachen wollen, dazu kann ich nur sagen, dass Niemann Hausherr ist und wenn er das nicht sehen will, dann kann er auch anordnen das runterzunehmen."
Umfrage: Reinhard Franke