"Ohne Ismaik? Das kann nicht funktionieren": Ex-Präsident Peter Casalette greift TSV-1860-Bosse an

In den Wirbel beim TSV 1860 um den Vertrauensentzug für Vizepräsident Hans Sitzberger meldet sich nun Ex-Präsident Peter Cassalette zu Wort. Er findet deutliche Worte für das Geschehen in Giesing.
von  Matthias Eicher
Das damalige TSV-1860-Präsidium im April 2016 in Karlsruhe: Vizepräsident Peter Helfer (l.), Präsident Peter Cassalette (Mitte) und Vizepräsident Hans Sitzberger (r.).
Das damalige TSV-1860-Präsidium im April 2016 in Karlsruhe: Vizepräsident Peter Helfer (l.), Präsident Peter Cassalette (Mitte) und Vizepräsident Hans Sitzberger (r.). © imago/MIS

München - Wie die Löwen derzeit mit ihrem verdienten Vizepräsident Hans Sitzberger umgehen, tut selbst einem Ex-Funktionär weh, der einst längst nicht immer einig war mit dem 70-Jährigen und nach seinem Ausscheiden im Sommer 2017 kaum mehr Distanz zu seinem einstigen Herzensverein hätte aufbauen können: Peter Cassalette.

Der Ex-Präsident des TSV 1860, zwischen November 2015 und Mai 2017 Oberlöwe, hat die AZ nach dem Eklat um Sitzberger selbst kontaktiert – und lässt seinem Ärger über das Wirken der Vereinsbosse und Strukturen freien Lauf. "Die Strukturen im Verein, welche mich damals zum Rücktritt veranlasst haben, sind nicht nur immer noch vorhanden, sondern im Gegenteil: Es wird immer schlimmer. Der Verwaltungsrat ist eigentlich das größte Problem!", schrieb der 71-Jährige der AZ nach der Berichterstattung über Sitzberger, dem vom Verwaltungsrat nach Auseinandersetzungen mit Präsident Robert Reisinger das Vertrauen entzogen wurde.

Ex-Präsident Peter Cassalette: Verwaltungsrat beim TSV 1860 "hat überhaupt keinen Plan B"

Auf Nachfrage, worauf er mit seiner Kritik abziele, erläutert Cassalette über die zunächst geheimen, doch zuletzt immer mehr zutage getretenen unveränderten Ziele der Vereinsoberen: "Nach dem Abstieg aus der Zweiten Liga im Jahr 2017 hat Verwaltungsrat Robert von Bennigsen zu mir gesagt: 'Du musst nicht zurücktreten, aber jetzt wollen wir 1860 ohne Hasan neu aufstellen und haben auch schon einen Plan dazu!' Dieses Gremium hat überhaupt keinen Plan B", ärgerte sich Cassalette und kommt zu einem Urteil, das für ihn noch Gültigkeit besitzt: "Hauptsache ohne Hasan Ismaik? Das kann nicht funktionieren." Man müsse, in beidseitiger Akzeptanz vorhandener Gesetzmäßigkeiten wie der 50+1-Regel und Sechzigs finanzieller Abhängigkeit von Ismaik, diplomatisch und respektvoll mit ihm umgehen.

Mit seinem Nachfolger Reisinger und dem Kontrollgremium dahinter geht er hart ins Gericht: "Der Verwaltungsrat und Robert Reisinger, dieser falsche Sechzger, sie haben nur ihre Agenda im Sinn. Ihnen geht es offensichtlich nicht darum, 1860 vorwärts zu bringen." Ismaik um jeden Preis loszuwerden – in einer Zeit, in der Profifußball ohne Investoren oder zahlungskräftige Sponsoren undenkbar ist – ohne Alternative klingt dieser Plan trotz aller Auseinandersetzungen nicht wie die beste Idee.

In Cassalettes Amtszeit mit Ismaik-Dialog fällt der Absturz des TSV 1860

Dabei hatte dasselbe Gremium dem Jordanier nicht immer so ablehnend gegenübergestanden: "Als ich zu 1860 gekommen bin, haben mir Mitglieder aus dem Verwaltungsrat gesagt: 'Deine wichtigste Mission ist, dass Hasan Ismaik wieder mit uns spricht und in den Verein investiert!' Das habe ich getan und auch geschafft."

Zur Wahrheit gehört aber auch: In Cassalettes Amtszeit ist 1860 trotz millionenschwerer Investitionen im Sommer 2017 abgestiegen. Ismaik war damals in wegweisende Entscheidungen involviert, hatte dabei auch umstrittene Berater wie Kia Joorabchian engagiert und nach dem sportlichen Abstieg die nötigen Zahlungen für die Drittliga-Lizenz verwehrt.

Peter Cassalette nannte Hans Sitzberger einst "Wendehals" – das hat sich geändert

Und damit zurück zu Sitzberger: Den Vize hatte Cassalette damals als "Wendehals" bezeichnet, weil er Ismaik fortan kritisch gegenüberstand. Jetzt sagt er über den Vize: "Der Hans war und ist immer ein wahrer Löwe, er ist ein aufrichtiger Mensch und will nur das Beste für Sechzig. Da kann sich eine Meinung auch mal ändern, wenn sich die Vorzeichen verändern." Im Clinch mit Reisinger, der zuletzt in der empfohlenen Abberufung Sitzbergers durch den Verwaltungsrat gipfelte, meint Cassalette: "Wenn der Hans Informationen weitergegeben haben soll, was ich nicht glaube, dann will ich gar nicht wissen, wie oft andere Leute Informationen für ihre Zwecke gestreut haben!"

Cassalette springt seinem einstigen Vize zur Seite: "Ich hoffe, dass die Leute und vor allem die Mitglieder jetzt aufwachen. Ich habe dem Hans eine Nachricht geschrieben und meine Unterstützung zugesagt. Wenn er auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung abgewählt werden soll, werde ich hingehen und für ihn stimmen. Es kann und darf so nicht länger weitergehen!"

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