Narrische Zeiten bei den Löwen

Die Trainersuche gerät zum Possenspiel. Mayrhofer will Magath, Ismaik die große Lösung. Am Ende bleibt nur Torsten Fröhling übrig.
Marc Merten |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Torsten Fröhling auf dem Weg zu seinem ersten Training als 1860-Coach
dpa Torsten Fröhling auf dem Weg zu seinem ersten Training als 1860-Coach

München - Die einen werden es eine Notlösung nennen, die anderen einen Coup. Am Ende haben beide Recht: Mit der Ernennung von Torsten Fröhling zum Cheftrainer des TSV 1860 hat Sportchef Gerhard Poschner den einzig verbliebenen und einzig möglichen Kandidaten zum neuen Löwen-Dompteur befördert. Ein Mann ohne jede Zweitliga-Erfahrung? Wieso? Weshalb? Warum? Das lässt sich nur erklären, wenn man die letzten Tage – diese narrischen Tage an der Grünwalder Straße – Revue passieren lässt.

Die Fakten: Poschner hatte im Laufe der letzten Woche mit mehreren Trainer-Kandidaten verhandelt. Das bestätigte der 45-Jährige bei der Vorstellung Fröhlings. Poschner hatte mit Co-Geschäftsführer Markus Rejek, Investoren-Vertreter Noor Basha und seinem Team vier Coaches herausgefiltert (Uwe Rösler, Mike Büskens, Uwe Neuhaus, Michael Frontzeck) und diese dem Präsidium vorgelegt. Auch dort befand man die Liste für gut. Derjenige, der sein Veto einlegte, war 1860-Investor Hasan Ismaik. Der Jordanier erklärte nach AZ-Informationen klipp und klar, dass er die vorgeschlagenen Lösungen nicht unterstützen – also nicht finanzieren – werde.

Warum es dann Fröhling wurde? Weil Ismaik dieser Personalie nicht zustimmen muss! Fröhling war bereits Angestellter des Vereins – und damit finanziert. Eine Versetzung von der U21 zu den Profis konnte Poschner alleine entscheiden – ohne Ismaiks Segen – und tat es schließlich. „Ich habe die Entscheidung mit Torsten getroffen, dafür bin ich verantwortlich“, stellte Poschner klar und ergänzte: „Alles andere, was hinter verschlossenen Türen passiert, ist Politik. Und ich bin hier für den Sport verantwortlich, nicht für Politik.“

Lesen Sie hier: AZ-Meinung Neuer Trainer bei den Löwen: Mahlzeit!

Ein klarer Seitenhieb gegen Ismaik, aber auch Präsident Gerhard Mayrhofer. Poschner erklärte, dass alle Gremien – Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Beirat bis zu Präsidium und Investor – über den Schritt informiert worden seien. „Es ist nicht so, dass wir uns nicht abgestimmt hätten. Alle wissen Bescheid“, sagte er. Ob einige dabei die Faust in der Tasche geballt hatten?

Also ein Alleingang des Sportchefs? Nein. Fröhling war aus den genannten Gründen der einzig denkbare Kandidat. Alle externen Kandidaten hätte Ismaik verhindert. Hätte es Fröhling nicht gemacht, hätte Markus von Ahlen wieder das Training leiten müssen. Fröhling ist also tatsächlich eine Notlösung – allerdings eine, die sich – aus sportlichen Gründen – als Glücksgriff herausstellen könnte. Und eine, mit der Poschner alle anderen im Verein wirkenden Kräfte aushebelte.

Die Trainersuche ist ein schauerliches Possenspiel geworden. Eines, unter dem auch von Ahlen zu leiden hatte. Dies war vor allem den internen Machtspielchen geschuldet. Ismaik scheint sich nach dem Totalabsturz der Löwen wieder eine „große Lösung“ à la Sven-Göran Eriksson zu wünschen. Doch obwohl diese Lösung aufgrund der desaströsen sportlichen Situation utopischer denn je anmutet, war Mayrhofer, so ist aus Vereinskreisen zu hören, nicht abgeneigt, dem Jordanier diesen Wunsch zu erfüllen. Allerdings im Alleingang ohne Poschners und Bashas Wissen.

So hatte sich der Präsident nach AZ-Informationen ohne Wissen der sportlichen Leitung mit Ismaik in Verbindung gesetzt. Und dort mit Felix Magath als „großer Lösung“ kokettiert. Und war damit gescheitert. Erstens, weil Ismaik selbst bereits vor zwei Jahren mit Magath gesprochen und sich gegen ihn entschieden hatte. Und zweitens, weil Magath selbst in diesen Plan des Löwen-Präsidiums gar nicht eingeweiht gewesen sein soll.

Poschner wollte bei Fröhlings Vorstellung dazu keine Stellung beziehen. Mit einem süffisanten Lächeln erklärte er, dass ihm bei der Trainersuche keine Stöcke zwischen die Beine geworfen worden seien. „Ich kann noch laufen. Ich sitze nicht im Rollstuhl. Wenn es irgendwelche Stöcke gab, dann habe ich sie nicht bemerkt.“ Und dann richtete er einen Appell an alle Anwesenden – und Nicht-Anwesenden: „Ab jetzt zählt nur noch der Sport, nicht die Politik. Es geht darum, dass wir wieder erfolgreich sind und unsere Ziele erreichen.“ Und zwar mit dem einzigen Trainerkandidaten, den es überhaupt gab: Torsten Fröhling.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.