Nach Punktabzug: 1. FC Saarbrücken geht zum Anwalt - doch bringt das auch etwas?

Seit dem Ausscheiden von Türkgücü wettert der 1. FC Saarbrücken lautstark gegen den DFB und erwägt sogar, rechtliche Schritte einzuleiten. Beim Verband ist man zunehmend verwundert über das Gebaren des Klubs - die Faktenlage ist schließlich klar.
von  Bernhard Lackner
"Das ist ein massiver Eingriff in den Wettbewerb – auch gerade eine Woche vor unserem Spiel gegen 1860. Die Voraussetzungen haben sich massiv verändert", sagte Saarbrücken-Trainer Uwe Koschinat zuletzt über den Punktabzug.
"Das ist ein massiver Eingriff in den Wettbewerb – auch gerade eine Woche vor unserem Spiel gegen 1860. Die Voraussetzungen haben sich massiv verändert", sagte Saarbrücken-Trainer Uwe Koschinat zuletzt über den Punktabzug. © IMAGO / Jan Huebner

München/Saarbrücken - Seit eineinhalb Wochen pausiert die 3. Liga - und trotzdem hat sich im Unterbau der Bundesligen so einiges getan. Die vorzeitige Beendigung des Spielbetriebs bei Türkgücü München hat die Karten mit Blick auf die Tabelle einmal neu gemischt. Manche Klubs, vor allem der TSV 1860, profitieren vom Aus des einst so ambitioniert auftretenden Investorenklubs. Andere, vor allem der 1. FC Saarbrücken, stehen klar auf der Verliererseite.

Wegen Punktabzug: 1. FC Saarbrücken kritisiert den DFB scharf

Beim FCS hat man in den vergangenen Tagen nicht einmal versucht, seinen Unmut über das Vorgehen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), sämtliche Spiele mit Beteiligung von Türkgücü aus der Wertung zu nehmen, in irgendeiner Form zu verbergen. Von "einer Schande für den deutschen Fußball" und "klarer Wettbewerbsverzerrung" war die Rede, gar einer "absoluten Katastrophe für die Liga".

Wir werden alle juristischen Möglichkeiten nutzen, um dieses unsportliche und unfaire Vorgehen des Punktabzuges zu verhindern.

1. FC Saarbrücken

Bei den Worten wurde es allerdings nicht belassen, auch Konsequenzen wurden angekündigt. "Wir werden alle juristischen Möglichkeiten nutzen, um dieses unsportliche und unfaire Vorgehen des Punktabzuges zu verhindern", hieß es von Vereinsseite. Auch ein Kompromissvorschlag, wonach lediglich die Partien aus der Rückrunde aus der Wertung fallen, wurde bereits eingebracht. Dass die Mühen der Saarländer am Ende Erfolg haben werden, darf allerdings bezweifelt werden.

"6 Punkte adé - scheiß DFB!", steht auf einem Spruchband an der Alten Brücke in Saarbrücken.
"6 Punkte adé - scheiß DFB!", steht auf einem Spruchband an der Alten Brücke in Saarbrücken. © IMAGO / BeckerBredel

DFB irritiert über Äußerungen vom 1. FC Saarbrücken

Die Faktenlage ist schließlich eindeutig: Wenn ein Klub während einer Saison vorzeitig den Spielbetrieb einstellen muss, greift Paragraph 55a Absatz 4.1 der DFB-Spielordnung für die 3. Liga, dem jeder Verein zugestimmt hat. Und der besagt klar und verbindlich, dass die bis dato erzielten Ergebnisse aus der Wertung fallen, wenn bei dem jeweiligen Verein vor den letzten fünf Meisterschaftsspielen die Lichter ausgehen. Genau das war bei Türkgücü der Fall. Hier ein juristisches Schlupfloch zu finden, dürfte sich also schwierig gestalten.

Beim DFB ist man daher dem Vernehmen nach zunehmend irritiert über die Äußerungen aus dem Saarland. Zumal die Saarbrücker mit Vorstand Christian Seiffert selbst einen Vertreter im elfköpfigen Ausschuss 3. Liga stellen, dem die Sachlage eigentlich klar sein müsste. Die bestehende Spielordnung auf Drängen eines einzelnen Klubs eineinhalb Monate vor Saisonende einfach so abändern? Schwierig.

Liquiditätslücke von zwei Millionen Euro: Türkgücü hat sich verkalkuliert

Dennoch muss sich der Verband mit Blick auf das Lizensierungsverfahren auch kritische Fragen gefallen lassen. Nach dem 1. FC Kaiserslautern und dem KFC Uerdingen ist Türkgücü bereits der dritte Klub innerhalb weniger Jahre, der Insolvenz anmelden musste. "Selbstverständlich sind wir selbstkritisch und prüfen, ob Fehler im Rahmen des Zulassungsverfahrens gemacht wurden", sagte Manuel Hartmann, Geschäftsführer Spielbetrieb beim DFB, vergangene Woche.

Manuel Hartmann, Geschäftsführer Spielbetrieb beim DFB.
Manuel Hartmann, Geschäftsführer Spielbetrieb beim DFB. © IMAGO / Hartenfelser

Im Falle von Türkgücü sei die Gemengelage allerdings klar. "Der Klub hat im Rahmen des Zulassungsverfahrens vor der Saison einen Personalaufwand Spielbetrieb von zirka drei Millionen Euro angegeben. Das war eine realistische Größe, die in die Bestätigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eingeflossen ist. Mittlerweile ist der Personalaufwand auf rund fünf Millionen Euro angewachsen", so Hartmann weiter. Eben jene Liquiditätslücke von immerhin zwei Millionen Euro (!) sei Türkgücü schließlich zum Verhängnis geworden.

Für die Einhaltung des geplanten Personalaufwands sind die Klubs zuständig

Ohnehin sind dem Verband in Sachen Lizensierung ab einem gewissen Punkt die Hände gebunden. Für die Einhaltung des zu Saisonbeginn geplanten Personalaufwands sind schließlich die Vereine zuständig, ebenso wie für Transfers und Verträge, die einen Großteil der Kosten ausmachen. Wenn sich ein Klub verkalkuliert - wie etwa bei Türkgücü, wo sich Investor Hasan Kivran im Januar einfach aus dem Staub gemacht hat - hat er wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen auch die Konsequenzen dafür zu tragen.

Dass diese derart weitreichend sind, dass sie die komplette Liga betreffen, sollte Verband und Klubs dennoch zu denken geben. Unabhängig davon wusste vor dieser Saison aber jeder, nach welchen Regeln gespielt wird...

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