Mit sofortiger Wirkung: TSV 1860 trennt sich von Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer

München - Die frühe Ansetzung der Pressekonferenz mit Trainer Argirios Giannikis um 9.30 Uhr, die Abwesenheit von Pressesprecher Rainer Kmeth währenddessen, das Erscheinen von Präsident Robert Reisinger und Vizepräsident Hans Sitzberger zur selben Zeit (!) in Sechzigs Geschäftsstelle – all das waren Indizien dafür, dass an diesem Freitag vor dem Auswärtsspiel der Löwen bei Erzgebirge Aue am Samstag (siehe links) noch irgendetwas passieren sollte.
Eineinhalb Stunden später herrschte Klarheit: Der TSV 1860, dieser einst so stolze Traditionsverein, hat wieder einmal einen Funktionär verschlissen – und zum wiederholten Mal einen Mann, der in seinem Kernjob alles andere als negativ aufgefallen war: Marc-Nicolai Pfeifer. Um genau 11 Uhr verließ der Schwabe, mit einer Anzugtasche in der einen Hand und einem Rollköfferchen in der anderen, das Vereinsgelände der Sechzger – flankiert und chauffiert von Vize Sitzberger.

TSV 1860 beruft Pfeifer trotz beschlossener Trennung im Sommer vorzeitig ab
„Servus“, sagte der 43-Jährige nur und meinte auf AZ-Anfrage, ob er sich zu seiner vorzeitigen Beurlaubung äußern wolle: „Heute nicht.“ Pfeifer hatte glasige Augen, der Abschied fiel ihm sichtlich schwer. So, wie es vielen Löwenfans schwerfällt, zu verstehen, weshalb der Mutterverein den Schwaben per 50+1-Regel loswerden wollte. Ende November 2023 war bekannt geworden, dass der am 30. Juni 2024 auslaufende Vertrag des kaufmännischen Geschäftsführers nicht verlängert wird. Nun also die vorzeitige Freistellung.
Nach AZ-Informationen machen die Vereinsbosse um Präsident Robert Reisinger Pfeifer hauptsächlich den Vorwurf, den Ausbau des Grünwalder Stadions zu wenig vorangetrieben zu haben. Und das, obwohl Reisinger selbst und Saki Stimoniaris, Statthalter von Investor Hasan Ismaik, mit Pfeifer in einer Stadionkommission sitzen und anzunehmen wäre, dass es die Aufgabe übergeordneter Gesellschaftervertreter ist, ein solches Vorhaben anzuschieben. Reisinger machte Pfeifer zum Vorwurf, die Sportchefsuche „gezielt verschleppt“ zu haben – einer Anschuldigung, der Pfeifer vehement widersprach. Ob man es sich verscherzte, weil er Reisingers Kandidaten Horst Heldt nicht unterstützte?
Pfeifer-Aus: Fan-Reaktionen zwischen Unverständnis und Jubel
All das ist nun weiß-blaue Vereinsgeschichte. Immerhin schaffte es das zerstrittene und zerbröckelnde Präsidium (Vize Heinz Schmidt steht vor seinem Rücktritt, Sitzberger droht die Abwahl), Pfeifer mit knappen Worten zu danken: „Das Präsidium des Muttervereins bedankt sich bei Marc-Nicolai Pfeifer für seinen Einsatz in Weiß-Blau und wünscht ihm persönlich und beruflich alles Gute für die Zukunft.“
In den Kommentarbereichen im Internet wurde der Abgang Pfeifers teils stark kritisiert. Der Tenor: Unverständnis darüber, wieso 1860 einen Geschäftsführer ziehen lässt, der in den vergangenen drei Jahren das Sponsoringvolumen verdoppeln konnte. Für andere Anhänger dagegen war das endgültige Aus nach der bereits angekündigten Trennung im Sommer dagegen überfällig. Auch anhand der Personalie Pfeifer zeigt sich einmal mehr, wie zwiegespalten das Fan-Lager der Löwen ist.

TSV 1860: Pfeifer-Nachfolger Oliver Mueller stellt sich am Montag vor
Noch bevor Pfeifer, der zum Abschied von Sitzberger umarmt wurde, ein letztes Mal vom Vereinsgelände schritt, trudelte auch schon sein Nachfolger ein: Oliver Mueller (45), der sich einem Hinweis der Blauen zufolge nicht mit „ü“ schreibt und einst als Geschäftsführer von Eishockey-Klub Kölner Haie tätig war, tritt ab sofort in Pfeifers Fußstapfen. Zudem hat der Marketingprofi, der über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung in den Bereichen Sport und Sponsoring verfügt, beim spanischen Fußballklub Real Club Deportivo Mallorca gearbeitet.
Ob Mueller den speziellen Ansprüchen der Vereinsbosse besser gerecht wird als Pfeifer? Mit Spannung darf seine erste PK am Montag um 11 Uhr erwartet werden – an der Seite von Oberlöwe Reisinger.