Mit Hilfe von oben: Frisches Geld für 1860
Genau zum passenden Zeitpunkt vermarkten die Löwen viele teure Business-Seats, etwa an die Stadtsparkasse. Die befürchtete Liquiditätslücke ist damit zunächst mal eingedämmt.
MÜNCHEN So ganz loslassen von seinen Löwen wird Christian Ude wohl nie mehr können. Seit seiner Schulzeit ist der OB ein Fan der Sechzger, das verpflichtet. Beim AZ-Wiesn-Stammtisch im Winzerer Fähndl am Mittwoch erkundigte der OB sich gleich über das Ergebnis seiner Löwen gegen Aue (0:0).
Noch mehr dürfte Ude momentan die finanzielle Situation beim Zweitligisten interessieren. Vor drei Wochen hatte Geschäftsführer Robert Niemann die Öffentlichkeit von einer akuten Liquiditätslücke beim TSV 1860 informiert. Die Lage war besorgniserregend, nach AZ-Informationen wusste Niemann noch vor einigen Tagen nicht, ob er die September-Gehälter würde pünktlich bezahlen können.
Verantwortlich für die Liquiditätslücke war zum Teil womöglich auch Niemann selbst. Der hatte – wohl in der Annahme, auf dem Transfermarkt noch Einnahmen zu erzielen – kurz nach seinem Amtsantritt rund eine Million Euro an den FC Bayern überwiesen: rund ein Drittel der noch ausstehenden Stadionmiete und Arena-Kosten.
Sicher, Niemann hatte es gut gemeint. Es galt ja, eine Verhandlungs- oder gar Vertrauensbasis mit den Bayern zu schaffen. Andererseits: Eingeklagt hatte der FC Bayern das Geld noch nicht; Niemann hätte mit einer gewissen Verzögerungstaktik vermutlich einen ruhigeren September haben können, ohne Sorge haben zu müssen, dass der Klub finanziell blank dasteht.
Dass der Geschäftsführer diese Sorgen nun erst mal los ist, dazu hat auch Ude beigetragen. Der OB, vor rund einem Jahr als Klub-Aufsichtsrat ausgeschieden, machte bei Firmen Werbung für 1860.
Offenbar mit Erfolg: Die Stadtsparkasse, ohnehin schon Premiumpartner des Klubs, stockte nach AZ-Informationen ihr Business-Seats-Kontingent deutlich auf. 50 Plätze im neu gestalteten Business-Club der Löwen oben im vierten Stock der Allianz Arena soll das Unternehmen erworben haben.
Insgesamt hat Niemann seit seinem Amtsantritt sogar schon 100 zusätzliche Business-Seats verkauft: Für 1860 bedeuten dies, auch weil Löwen-Vermarkter IMG auf die sonst übliche Provision verzichtete, sofortige Mehreinnahmen von rund 300000 Euro. Damit - und dank der Verlängerung einiger Sponsorenverträge - lassen sich etwa die Gehälter zahlen, eine unterschwellig drohende Insolvenzgefahr ist eingedämmt.
Auch um die Löwen mittelfristig zu retten, versucht Niemann, sich Hilfe von oben zu holen. Wie die AZ erfuhr, sprach eine 1860-Delegation sogar bei der Staatsregierung vor. Ministerpräsident Horst Seehofer wollte den Löwen-Bossen nichts versprechen. In diesen Zeiten Staatsbürgschaften oder Ähnliches für einen Fußballklub auszusprechen, wäre ziemlich verwegen.
Doch dass eine 1860-Pleite nicht im Interesse des Freistaates liegt, dessen konnten sich die Löwen-Bosse nach dem Treffen sicher sein. Den Löwen kann dies bei den noch laufenden Verhandlungen mit dem FC Bayern und der Stadiongesellschaft über eine dringend benötigte Reduzierung der Fixkosten nur helfen: Der Draht zwischen den Bayern-Bossen und der Staatsregierung ist ja traditionell ein sehr kurzer.
Filippo Cataldo