Mayrhofer: „Wer mitreden will, muss Mitglied sein“

1860-Präsident Gerhard Mayrhofer wünscht sich 50.000 Mitglieder für die Löwen. Im großen AZ-Interview erzählt er, wie er dieses ambitonierte Ziel erreichen will. Außerdem verrät der Präsident, was er von Trainer Friedhelm Funkel lernen kann.
AZ: Herr Mayrhofer, 1860 hat eine Mitgliederwerbungs-Kampagne ins Leben gerufen. Ihr Ziel sind 50000 Mitglieder. Momentan haben die Löwen weniger als 20000. Ein ambitioniertes Ziel...
GERHARD MAYRHOFER: Man muss sich eben hohe Ziele setzen (lacht). 50000 Mitglieder sind natürlich nicht in einem halben Jahr machbar. Aber wenn wir eine noch größere Rolle in unserer Stadt spielen wollen, dann brauchen wir noch mehr Mitglieder. Und ich denke, dass es einem Münchner gut zu Gesicht steht, wenn er Mitglied bei den Löwen ist – und natürlich auch den Nicht-Münchnern.
Wie hoch schätzen Sie das Mitglieder-Potential des TSV 1860 also realistisch ein? Auf jeden Fall: hoch. Ich will uns nicht kleiner machen als wir sind, wir sind auch jetzt schon ein großer
Fußballverein. Aber Schalke hat zum Beispiel 120000 Mitglieder. Ein anderer Verein sogar fast 224000. Schalke spielt in der Champions League. Und über die Bayern müssen wir nicht reden. Sehen Sie, seit wir gewählt worden sind, arbeiten wir jeden Tag daran, den Verein zu professionalisieren. Je besser uns das gelingt, desto mehr Menschen werden wir auch für die Löwen begeistern. Eines möchte ich betonen...
Ja?
Mir wurde vorgeworfen, dass für mich nur Mitglieder echte Löwen-Fans wären und die anderen nur Fans zweiter Klasse. Das weise ich weit von mir! Der Präsident ist sehr glücklich, wenn 23500 Menschen zu unseren Spielen ins Stadion gehen wie zuletzt gegen St. Pauli. Ob die nun Mitglied sind oder nicht. Und ich bin sehr froh über jeden, dem 1860 am Herzen liegt. Und jetzt das Aber! Aber: Wer diskutieren, wer unsere Arbeit oder den Verein kritisieren oder mitgestalten will, der sollte Mitglied sein. Bei uns reden so viele Menschen immer gerne mit, die aber gar nicht Mitglied im Verein sind. Das finde ich dann doch ein bisschen komisch. Wer Mitglied ist, der darf das Präsidium wählen – oder eben nicht. Wer Mitglied ist, der darf mitreden und die Weichen für die Zukunft des Vereins stellen.
Der Fanklub-Dachverband Arge hat mehr als 30000 Mitglieder, also weit mehr als der Verein. Fangen Sie dort an mit der Werbung neuer Mitglieder?
Ich glaube, es sind sogar 38000, von denen nur 7000 Mitglied der Löwen sind. Und ja, da greift unsere Aktion auch schon. Wobei ich natürlich auch verstehen kann, wenn sich ein Fan – wieso auch immer – nicht an den Verein binden möchte.
Zumal die Mitgliedschaft bei 1860 nicht ganz billig ist.
90 Euro sind sicher nicht wenig. Andererseits sind das 7,50 Euro im Monat – weniger als zwei Schachteln Zigaretten.
Sogar fast nur eine. Zigaretten kosten mittlerweile sechs Euro pro Schachtel.
Da sehen Sie mal, wie lange ich schon nicht mehr rauche (lacht). Aber wir diskutieren auch über neue Arten der Mitgliedschaften. Ich könnte mir etwa vorstellen, Familienmitgliedschaften zu fördern.
Themawechsel: Trainer Friedhelm Funkel hat sich am Dienstag mokiert über die überzogene Erwartungshaltung im Umfeld der Löwen und gemeint, dass der Aufstieg für ihn und die Mannschaft kein Thema sei in der täglichen Arbeit. Wie passt das zusammen mit Ihren Zielen?
Sie haben den Aufstieg ja klar als Ziel postuliert. Natürlich habe ich bei meiner Wahl gesagt, dass ich aufsteigen will. Man kann ja nicht antreten und sagen, dass man Zehnter werden möchte, das wäre ja langweilig. Und ja: Ich bin sehr euphorisch an die Sache herangegangen. Inzwischen sehe ich das alles viel realistischer. Dabei hat uns auch Friedhelm Funkel sehr geholfen. Inwiefern? Wir alle sind ja hochemotionale Menschen. Das gilt für mich und meine Präsidiumskollegen, das gilt aber auch für Noor Basha. Auch Friedhelm ist sehr emotional, gleichzeitig aber auch sehr professionell, realistisch und erfahren. Er kann die Dinge richtig einschätzen. Davon profitieren wir alle.
Wenn Funkel also, wie bereits geschehen, sagt, dass Sie zu euphorisch gewesen wären am Anfang, dann sind Sie ihm nicht böse?
Überhaupt nicht! Friedhelm darf das. Er ist seit 40 Jahren im Geschäft, ich mache das jetzt ein halbes Jahr. Natürlich weiß er, was er tut. Ich lerne in manchen Bereichen noch. Ich bin sehr froh, dass Friedhelm da ist.
Und wie ist das jetzt mit dem Aufstieg?
Realistisch müssen wir feststellen, dass jeder jeden schlagen kann. Friedhelm hat schon sehr viel bewirkt. Ich denke, dass jeder die Fortschritte sehen kann – trotz der Niederlage gegen St. Pauli. Da steht schon viel mehr ein Team auf dem Platz als früher. Dennoch fordert Funkel ein paar Verstärkungen im Winter. Vor allem im Offensivbereich hapert es. Daran arbeiten wir. Wir haben seine Wunschliste.
Und bezahlen können Sie die neuen Spieler auch?
Wir führen Gespräche. Damit ist alles gesagt.
Mit Ihrem Haupt-Gesellschafter Hasan Ismaik haben Sie sich also geeinigt? Zuletzt haben Sie ja mit seiner Hilfe auch schon die Nach-Lizenzierung geschafft.
Über Details spreche ich nicht. Sie brauchen sich um die finanzielle Situation der Löwen momentan keine Sorgen zu machen.
Sie werden verzeihen, dass dies nach den Erfahrungen der letzten Jahre schwer fällt. Wir werden die Dinge weiter beobachten.
Machen Sie das! Interview: