Mayrhofer schießt Schäfer an

Der Löwen-Präsident holt zum Rundumschlag aus: „Wahrscheinlich muss das ganze System bei 1860 überdacht werden!” Nach Trainer Schmidt könnte nun der Geschäftsführer vor dem Aus stehen
von  Filippo Cataldo
Gehen getrennte Wege: Präsident Gerhard Mayrhofer (r.) entband Geschäftsführer Robert Schäfer von seinen Aufgaben.
Gehen getrennte Wege: Präsident Gerhard Mayrhofer (r.) entband Geschäftsführer Robert Schäfer von seinen Aufgaben. © Rauchensteiner

München - Eine Nacht Schlaf lässt einem gewisse Einschätzungen ja gerne in einem etwas anderem Licht sehen. Doch bei Gerhard Mayrhofer reichten auch zwei Nächte nicht aus, um seiner direkt nach dem 0:0 der Löwen in Aalen beim ersten Spiel des neuen Trainers Friedhelm Funkel vorgetragenen Wut-Analyse („unterirdisch”, „beschissen”, „der Schmidt-Virus sitzt wohl tiefer als ich dachte”) etwas Schärfe zu nehmen.

Im Gegenteil.

Am Sonntag lederte der Löwen-Präsident munter weiter. „Ich habe nicht unbedingt den Eindruck gewonnen, dass alle bei 1860 mit aller Macht aufsteigen wollen”, sagte er der AZ – und wiederholte seinen schonungslosen Satz vom Freitag: „Wahrscheinlich muss das ganze System bei 1860 überdacht werden!” Damit meinte er nicht die taktische Ausrichtung.

Neun Wochen nach seiner Wahl stellt Mayrhofer, so scheint’s, alles bei den Löwen infrage. „Ich habe mir in den alles angesehen, musste erst ein Gefühl für die Dinge entwickeln”, sagte Mayrhofer. Und dieses ist offenbar nicht allzu gut. Längst spricht er nicht mehr nur davon, den Löwen-Blues durch Rock’n’Roll zu ersetzen.

Es scheint ihm nun um das große Ganze zu gehen, alles – und jeder – steht auf dem Prüfstand: die Spieler, die Mentalität, aber auch die Führungskräfte. Bereits bei seiner Wahlrede hatte Mayrhofer angekündigt, erkannte Missstände so schnell wie möglich zu lösen. Wie schnell der Präsident handeln kann, musste Ex-Coach Alexander Schmidt erleben. „Wir haben den Trainer ausgetauscht, aber die Spieler müssen auch mitziehen. Irgendwann stellt sich die Frage, ob sie – wie alle anderen auch – mit genügend Leidenschaft dabei sind”, sagte Mayrhofer.

Sorgen um seine Weiterbeschäftigung muss sich womöglich auch Geschäftsführer Robert Schäfer machen. Der Geschäftsführer war es, der im Frühjahr den Vertrag mit Schmidt vorzeitig bis 2015 verlängerte – und so den endgültigen Bruch mit Investor Hasan Ismaik auslöste. Mayrhofer suchte zuletzt dagegen demonstrativ die Nähe zu Investoren-Cousin Noor Basha, fuhr gemeinsam mit ihm nach Aalen. Basha und Schäfer können sich nicht ausstehen, ein Rechtsstreit, ob Basha einen Anspruch auf einen Job bei 1860 hat, läuft. „Noor Basha ist einer der leidenschaftlichsten Löwen von allen”, sagte Mayrhofer. Der Investor dürfte bei keiner Entscheidung mehr außen vor sein.

Das war ein deutlicher Wink an Schäfer, dessen Ablösung vom Investor seit Monaten gefordert wird. Schäfer war nicht dabei in Aalen – worüber Mayrhofer not amused gewesen sein soll. „Ich weiß nicht, wieso Robert nicht da war. Aber ich habe das natürlich registriert”, sagte Mayrhofer. Starker Stoff: Der Löwen-Boss schießt Schäfer an.

Aber wo war er denn, der Geschäftsführer? „Im Büro, ich hatte zu tun”, sagte Schäfer. Er habe ein Vorstellungsgespräch geführt, seine bisherige Assistentin, Arne Feicks Lebensgefährtin, ist dem Außenverteidiger nach Bielefeld gefolgt. Aber der Klub sei ja durch den „Präsidenten bestens repräsentiert” gewesen in Aalen. Das sieht Mayrhofer sicher auch so, aber ob diese Haltung des Geschäftsführers dem Präsidenten leidenschaftlich genug ist?

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