Maurer plant die Zukunft - Stevic weiß nicht weiter
Maurer plant schon die Zukunft
Reiner Maurer warf nur einen kurzen Blick durchs Fenster, und schon stand er mit klatschnassen Haaren und einem Lächeln im Gesicht in der Tür zum Löwen-Stüberl. Die wartenden Reporter mussten ihn nicht mal herbeirufen, nachdem er mit seiner Mannschaft ein paar Runden in den Isarauen gelaufen war. Der Löwen-Trainer kam von selbst hinein. Er war bester Laune, das 1:2 in Aachen vom Vortag konnte ihm nichts mehr anhaben, es gab viel zu erzählen. Und Maurer wollte viel erzählen.
"Nächste Saison wird leichter als diese Rückrunde"
Denn für ihn bahnen sich nach all den turbulenten Wochen, in denen die Zukunft des Vereins völlig ungewiss war, angenehmere Tage an. Der Löwen-Trainer weiß, mit seiner Mannschaft eine derart schwere Phase überstanden zu haben, dass ihm in nächster Zeit sowieso niemand mehr etwas anhaben kann. Und Maurer hat, worauf er an diesem Montagmorgen sichtlich stolz ist, das Gröbste überstanden. „Das war trotz meiner Zeit in Griechenland das intensivste Jahr meiner Karriere. Wir hatten hier vom ersten Tag an eine große Ungewissheit“, sagt er. Doch all die Probleme, Sorgen und Turbulenzen des angeschlagenen Vereins konnten dem 51 Jahre alten Allgäuer nie etwas anhaben. Maurer zwang sich hingegen immer dazu, Ruhe zu bewahren und hielt dabei stets seine innere Ausgeglichenheit aufrecht. Zwar hat er nach wie vor noch keine Gewissheit, ob sein Ende Juni auslaufender Vertrag verlängert wird – da er sich aber offen mit der kommenden Saison beschäftigt, scheint er sich einer Weiterbeschäftigung schon sicher zu sein. Für ihn wäre ein neuer Vertrag sowohl eine Art Belohnung als auch eine Entschädigung für all das, was er in den zurückliegenden Monaten über sich hat ergehen lassen müssen.
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Maurer hat sich nie über die Probleme beklagt, er hat sich den Herausforderungen gestellt und bewiesen, den verordneten Sanierungskurs ohne Klagen mitzutragen. Und all das scheint sich für ihn nun auszuzahlen. Dabei hat er ganz nebenbei die Führungsspieler der Löwen voll und ganz von sich überzeugt. Und deswegen sagt er nun voller Zuversicht auf einen neuen Vertrag: „Ich habe den Sparkurs die ganze Zeit unterstützt, obwohl ich für den Erfolg dieser Mannschaft verantwortlich war. Der eine oder andere wird das zu würdigen wissen.“
Und aus diesem Gefühl der Sicherheit heraus plant Maurer bereits das Personal für nächste Saison, er spricht von „einem guten Gerüst“ (Aigner, Kiraly, Buck, Schindler, Stahl, Bülow, Bierofka, Halfar, Camdal, Volland, Wood) und davon, dass man es „nächste Saison definitiv leichter haben“ werde als in dieser Rückrunde. Perspektivisch stellt es für ihn auch einen großen Anreiz dar, endlich all das zeigen zu können, was in ihm steckt – und was er in dieser Chaos-Saison wegen der vielen Abgänge und Rückschläge nicht ausschöpfen konnte. „Wir mussten immer nur schauen, wo man was sparen kann. Mit dem Rest musste ich dann arbeiten. Da waren mir ständig die Hände gebunden. Doch dafür haben wir eine gute Saison gespielt“, sagt er. Und lacht dabei.
Stevic weiß nicht, wie es weiter geht
Miki Stevic war am Montag nicht gleich zu erreichen. Er telefoniere, hieß es auf der Geschäftsstelle. Als er zurückrief klang er hektisch, angespannt. Unausgeglichen.
Wie er denn die letzten zwei Wochen mit den ständigen Ungewissheiten erlebt habe, lautet eine Frage. „Die letzten zwei Wochen?“, fragt er. „Die letzten zwei Jahre waren doch fast genauso.“
Glaubt man Stevic, war also seine gesamte Zeit als Sportdirektor von Unruhen geprägt. So gesehen hätte es für ihn auch etwas Gutes, sollte sein Ende Juni auslaufender Vertrag bei 1860 tatsächlich nicht verlängert werden.
Stevic jedenfalls scheint sich so langsam damit abzufinden, dass seine Argumente für eine Weiterbeschäftigung schwinden. Auch er hat jenen „SZ“-Bericht gelesen, in dem sich Aufsichtsräte gegen seinen Verbleib aussprachen. „Stevic hat keine Zukunft“, hieß es, da sei man sich einig. „Wir werden ihn freistellen. Es hat ja keinen Sinn, ihn jetzt noch in die Planung für die nächste Saison einzubinden.“
Stevic sieht das anders. Über seine Anwälte ließ mitteilen: „Von Einigkeit unter den Aufsichtsräten kann, wie uns vorliegende Unterlagen belegen, keine Rede sein.“
Die Klubführung dementierte den Bericht nur zögerlich. Man habe sich noch nicht entschieden, ob man mit Stevic weitermache, hieß es. Die gegen den Sportdirektor außerdem erhobenen Vorwürfe, die sich vor allem um überteuerte Spielerverträge und die Vermischung von privaten und beruflichen Geschäften drehten, blieben jedoch komplett unwidersprochen. Auch Stevic will dazu nichts sagen. Er meint nur: „Ich werde mich bald äußern und die Fakten auf den Tisch legen.“ Was er sagt, klingt nebulös. Und das wiederholt er schon seit mehreren Wochen.
Inzwischen ließ er auch hierzu eine Stellungnahme seiner Anwälte verbreiten, laut der „eine arbeitsrechtliche Prüfung“ ergeben habe, „dass Miroslav Stevic Berufliches mit Privatem nicht vermengt hat“.
"Ich habe immer gekämpft. Und ich kämpfe auch heute noch"
Stevic fühlt sich – auch das wiederholt er immer wieder – ungerecht bewertet. „Ich muss mich im Moment gegen vieles wehren, was mir zu Unrecht vorgeworfen wird. Es geht viel um Politik, aber ich bin kein Politiker. Sondern Sportler“, sagt er. Und darum erklärt er: „Ich war auch als Profi nie ein Schönwetterspieler. Ich habe immer gekämpft. Deswegen wurde ich gemocht. Und ich kämpfe auch heute noch für meine Ziele.“ Ihm gehe es um Fakten, sagt er. Und damit wolle er seine Zukunft rechtfertigen.
Die wohl aber nicht bei 1860 liegt. Denn Vorwürfe hin, Vorwürfe her. Stevic polarisiert. Und das mehr, als vielen lieb ist. Infolge der Sanierungsbemühungen sollen Geschäftsführer Robert Schäfer und Präsident Dieter Schneider bei den Verhandlungen mit möglichen Partnern immer wieder auf die vermeintliche Unseriosität des Serben angesprochen worden sein. Eine Bank habe neben der Umbesetzung des Aufsichtsrates sogar die Ablösung des Sportdirektors als Bedingung für ein Engagement genannt haben.
Stevics Anwälte dazu: „Dies entspricht nicht den Tatsachen, wie die Geschäftsführung von 1860 unserem Mandaten bestätigte.“
Bis Ende April will 1860 erklären, ob Trainer Reiner Maurer und Stevic bleiben. Maurer hat seine Sanierungsbereitschaft bereits bewiesen. Stevic’ Stärke hingegen sind Kontakte. Viele Transfers wird sich 1860 künftig sowieso nicht mehr leisten können. Braucht der Verein den Sportdirektor also überhaupt noch?
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