Maurer gewöhnt sich das Allgäuerisch ab
Für die Mission Aufstieg wird 1860 noch mehr ausländische Spieler verpflichten. Der Cheftrainer will alle baldmöglichst zu Deutschkursen schicken – und selbst in Zukunft weniger Dialekt sprechen
MÜNCHEN - Seit einem halben Jahr lebt Guillermo Vallori schon in München, doch weil er die Stadt nun besser kennenlernen will, fährt er öfter mal mit der Tram. Und da fiel dem Verteidiger der Sechzger jüngst eine Werbeanzeige für eine Sprachschule auf, spontan sagte sich der Spanier: „Da melde ich mich an! Ich will mich zu 100 Prozent integrieren und deswegen richtig gut deutsch sprechen.” Keine schlechte Idee. Zwar lobt Trainer Reiner Maurer: „Guillermo versteht fast alles.” Doch auch der Coach gibt zu: „90 Prozent kriegt er mit, da geht aber noch mehr.”
An Vallori, der ja nach seinen Jahren in Zürich schon mit einem Sprachvorteil nach München gekommen war, sollen sich diverse neue Löwen nun ein Beispiel nehmen. Denn mit der Kommunikation im künftigen Team der Sechzger dürfte es nicht so einfach werden, da bereits Grzegorz Wojtkowiak und Marin Tomasov kein Deutsch sprechen. Nun kündigte Cheftrainer Maurer auch noch an: „Es werden weitere neue Spieler kommen, die womöglich kein Deutsch können.”
Aktuell ist der argentinische Stürmer Ismael Blanco im Gespräch. Den kennt Maurer aus seiner Zeit in Griechenland; Blanco spielte dort einige Jahre bei AEK Athen, zuletzt war er in Polen bei Legia Warschau. Deutsch kann er freilich nicht. Maurer sagt: „Ich sehe diese Sprachbarriere auch als Herausforderung. Ich war im Ausland tätig und weiß, wie man mit verschiedenen Nationalitäten umgeht. Natürlich ist es leichter, wenn alle Deutsch sprechen. Aber man kann es sich nicht aussuchen.”
Auf einen Dolmetscher will der Löwen-Trainer strikt verzichten. „Brauche ich nicht”, sagt er, Hilfe habe er nicht nötig, nicht mal für die Details. „Die zeige ich lieber über Videos, da sehen die Spieler sowieso viel besser, was sie machen sollen und was sie lieber nicht machen sollen.” Immerhin: Mit den Neuen sei abgesprochen, dass sie in München sofort Sprachkurse belegen, vor allem bei den Abwehrspielern kommt es ja auf die genaue Abstimmung an.
Kein Wunder also, dass sich nun ausgerechnet der Serbokroatisch sprechende Wortführer in der Defensive, Necat Aygün, um die sprachliche Integration von Tomasov kümmert. Auch Vallori sagt: „Die Fußballbegriffe auf Deutsch hat man zwar schnell drauf, aber wenn man richtig erfolgreich sein will, muss man sich auch in Details verständigen können. Deutsch ist schwer, aber es gehört zu unserem Beruf dazu, die Sprachprobleme zu lösen.”
Erfreut sind sie bei den Sechzgern über ihre neue Problemlage mit den Zugängen nicht, doch sie haben sich bewusst dafür entschieden. Vergangenen Sommer, kurz nach der Rettung vor der Pleite also, konnte 1860 kaum investieren, günstige Spieler kamen (Feick, Malura, Benjamin). Doch jetzt will 1860 hoch hinaus und gute Qualität für einen möglichen Aufstieg einkaufen – die wäre auf dem deutschen Markt aber zu teuer. Maurer: „Wir müssen Zugeständnisse machen, wenn wir angreifen wollen. Jeder muss was einbringen, auch sprachlich, das gilt auch für mich. Ich darf nicht zu sehr allgäuerisch sprechen, sonst verstehen mich die Neuen noch weniger.”
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