Maurer: "Bei mir geht's im Moment stressfrei ab"

AZ: Herr Maurer, in Ihrem Trainingslagerhotel werden Entspannungsmassagen angeboten, 50 Minuten kosten 43 Euro. Haben Sie die nach Ihrer strapaziösen Saison noch nötig?
REINER MAURER: Nein, die brauche ich nicht. Bei mir geht es im Moment stressfrei ab. Aber so eine Antistressmassage hätte ja eh nur kurz angehalten, da hätte man letztes Jahr schon stärkere Mittel gebraucht. Ich war aber eigentlich immer relativ unbeschwert, das muss man bei 1860 auch sein. Ich komme nicht so schnell aus dem Gleichgewicht.
Trotzdem ist Ihnen Ihre Erleichterung über das nun ruhige Arbeiten anzumerken.
Ja, auch nach der dritten Woche ist es fast noch ungewohnt, nicht täglich das Damoklesschwert der Insolvenz vor sich zu haben. Wir können ganz normal arbeiten, wie es in allen Vereinen üblich ist.
Was hat sich denn für Sie geändert?
Es ging ja drunter und drüber bei uns, da war es nicht einfach, die Contenance zu bewahren. Das war eine schwierige Aufgabe. Aber jetzt steht die Mannschaft, alle Neuen integrieren sich zu 100 Prozent. Wir haben keine Leute mehr, die vom Weg abschweifen.
Das klingt stark nach einem glücklichen Trainer.
Ja, wir haben jetzt einen Stamm, der zwar wesentlich kleiner ist als letztes Jahr, dafür gefestigter. Ganz besonders wichtig ist dabei die Achse mit den erfahrenen Spielern Kiraly, Buck, Benjamin und Lauth. Es ist jetzt einfacher für mich, ich habe ja keine neue Mannschaft. Ich habe jetzt ein Team, das funktioniert, das viel Eigenverantwortung übernimmt. Alle haben das Interesse, dass die ganze Mannschaft erfolgreich ist und nicht nur sie selbst.
Hatten Sie schon mal so eine pflegeleichte Mannschaft?
Die Mannschaft ist dieses Jahr leichter zu führen. Wir haben uns diese Truppe mit Teamplayern bewusst zusammengestellt und, sind auf dem richtigen Weg.
Zu Beginn der Rückrunde gab es letzte Saison eine schwere Phase, trotzdem stand die Mannschaft fest zu Ihnen. Sind Sie ihr dankbar dafür?
Gewissermaßen ja, aber es war ein Geben und Nehmen. Wir saßen und sitzen alle zusammen in einem Boot. Wir ziehen alle an einem Strang. So wie es im Fußball sein sollte.
Dieter Schneider steht hinter Ihnen, und nachdem Florian Hinterberger Miki Stevic als Sportchef ersetzt hat, haben Sie nun Unterstützung von allen Seiten. Wachen Sie morgens unbeschwerter auf als vergangene Saison?
Wenn die Spieler wissen, dass die sportliche Führung eine Einheit bildet, ist das enorm hilfreich. Probleme werden offen angesprochen, wenn etwas Unvorhergesehenes vorfällt. Florian Hinterberger ist ja permanent bei der Mannschaft, oft auf dem Trainingsplatz und hat selbst Erfahrung als Coach. Wir diskutieren vieles gemeinsam, es ist für mich von Vorteil, weil er dann weiß, warum ich gewisse Entscheidungen treffe.
Trotz der angenehmen Lage, der Druck steigt, wenn die Saison beginnt. Fürchten Sie eine hohe Erwartungshaltung, auch wegen der Ismaik-Millionen?
Momentan spüre ich keinen Druck, ich Freude mich auf die Saison. Aber es wird schwer, wir haben ein erheblich kleineres Budget als in der vergangenen Saison, und wir haben nicht mehr so eine breite Mannschaft. Wenn sich einer verletzt, wird es eng. Die Leute denken, jetzt ist der Ismaik da, jetzt geben die Löwen Geld aus. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen unseren Budgetplan einhalten und keine neuen Schulden machen.
Dennoch, auch Herr Ismaik hat Ansprüche. Er sprach schon von der Vision Barcelona. Wie gehen Sie damit um?
Wir haben uns einmal im Cafe Saha in München ausgetauscht. Klar, jeder wünscht sich, dass wir spielen wie Barcelona. Und am besten kämpfen wir dazu wie Löwen. Aber keine Angst, ich weiß damit umzugehen.
Was haben Sie Ismaik bei Ihrem Gespräch denn erzählt?
Dass es das Dreieck Messi, Iniesta und Xavi nur in Barcelona gibt. Dass wir auch attraktiven Fußball spielen können, hat er bei seinem Besuch in der Allianz Arena gegen Cottbus gesehen.
Eins noch: Bei Sechzig strebt man nach Konstanz. Können Sie sich vorstellen, Ihre Karriere bei Sechzig zu beenden?
Ich bin 51 und Trainer beim TSV 1860, worauf ich stolz bin. Mit dem Ende meiner Karriere werde ich mich in nächster Zeit erstmal nicht beschäftigen.