Lorant teilt aus: "1860 beerdigt sich selbst"

Der ehemalige Löwentrainer Werner Lorant rechnet im AZ-Interview mit den Spielern des TSV 1860 und Investor Hasan Ismaik ab. „Biero ist auch kein Zauberer“, sagt er – und meint zum Chaos im Verein: „Ich habe keine Worte dafür“
Matthias Eicher |
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Leidet mit den Löwen, kann jedoch diverse Miss-Stände an der Grünwalder Straße nicht begreifen: 1860-Trainerlegende Werner Lorant.
sampics/Augenklick Leidet mit den Löwen, kann jedoch diverse Miss-Stände an der Grünwalder Straße nicht begreifen: 1860-Trainerlegende Werner Lorant.

München - Er durfte mit dem TSV 1860 die größten Erfolge der jüngeren Vereinsgeschichte feiern, hat die Sechzger 1994 in die Bundesliga geführt und ist bis in die Qualifikation zur Champions League vorgedrungen. Trainer Werner Lorant kann sich nicht nur an die letzten Glanz-Zeiten erinnern, er war live dabei und hatte großen Anteil daran.

Boykott, Sportchef, Trainer: Wo es brennt beim TSV 1860

Ans Hier und Jetzt denkt Lorant dagegen mit Grauen. Im AZ-Interview spricht er über die 1:2-Niederlage bei Eintracht Braunschweig, kritisiert Investor Hasan Ismaik und gibt sich ob der jüngsten Entwicklungen sprachlos.

AZ: Herr Lorant, Sie waren beim 1:2 des TSV 1860 in Braunschweig als TV-Experte bei Sky im Einsatz. Leider war der Ausflug nicht von Erfolg gekrönt.
WERNER LORANT: Ich habe eigentlich gedacht, dass ich nach dem Rauswurf von Kosta Runjaic einen ganz anderen Auftritt sehe – und zwar von der ersten Minute an. Aber da war die Fliegerei wohl umsonst.

Im Gegensatz zu Vorsaison ist der Effekt des Trainerwechsels unter Interimscoach Daniel Bierofka ausgeblieben.
Kein Effekt, gar nix! In den letzten 20 Minuten haben sie ein bisschen dagegengehalten. Klar ist Braunschweig als Tabellenführer eine Klasse besser, aber fußballerisch waren die nicht überragend. Für Sechzig hat es aber noch gereicht.

Dabei wurde die Mannschaft rundum verstärkt, ein einstelliger Tabellenplatz als Saisonziel ausgegeben.
So, wie die Löwen in Braunschweig gespielt haben, schaffst du es auch gegen keinen anderen Gegner. Wenn ich schon höre, wie teuer die Spieler sind: Es fehlt trotzdem an der Qualität! Du hast zwei, drei gute Männer, sonst unteres Zweitliga-Niveau. Ein Stefan Aigner alleine reicht nicht – und fit ist er auch noch nicht. Ivica Olic rumpelt mit seinen 37 Jahren noch wie ein Verrückter. Und die anderen? Können die nicht laufen? Und diese Fehlpässe, schon im Mittelfeld. Da gibt es keinen, der das Spiel vernünftig ordnet.

Was kann Bierofka in seinen verbleibenden Spielen überhaupt bewegen?
Er ist ein Urlöwe, das muss er vorleben. Nix gegen Biero, aber er ist auch kein Zauberer. Die Sprüche, die er letztes Jahr gebracht hat, kann er nicht nochmal bringen. Ich hoffe, dass er es trotzdem in den Griff bekommt, sonst gehen bei mir die Alarmglocken an.

Glauben Sie an einen erneuten Abstiegskampf?
Schau‘ doch die Tabelle an. Wie viele Punkte hat der Vorletzte? Elf! Und Sechzig? Zwölf! Der Anschluss an Kaiserslautern ist futsch. Du stehst doch schon mit dem Rücken zur Wand! Wenn du gegen Dresden nicht gewinnst, wird es ganz eng.

Als hätte der TSV nicht schon Probleme genug, hat Investor Hasan Ismaik kürzlich zu einem Rundumschlag ausgeholt, nun sind die Verwaltungsräte Karl-Christian Bay und Christian Waggershauser zurückgetreten.
Ich habe keine Worte mehr für das, was da passiert – und das muss was heißen. Dass Ismaik Gründe für den Misserfolg sucht, ist doch ganz normal: Er hat viel Geld investiert und es passiert nix. Nur leider zieht er die völlig falschen Schlüsse. Diese Verschwörungstheorien sind doch Blödsinn. Wieso können bei Sechzig nicht einmal alle zusammenarbeiten? Das schadet alles dem Verein.

Zuletzt hat 1860 ein Medienboykott verhängt, die Löwen-Reporter vom Vereinsgelände ausgesperrt.
Sowas habe ich ja noch nie erlebt. Was soll das? Du brauchst die Presse im Fußball. Man muss auch wissen, dass München eine Medienstadt ist. Dass man dort kritisiert wird, ist normal: Wenn du nicht gut spielst, kriegst du auf die Fresse. Gehört doch dazu! Ich war früher auch manchmal auf die Medien sauer. Das muss auch Ismaik verkraften. Fertig! So beerdigt sich Sechzig noch selbst. Die Zuschauer laufen ja jetzt schon weg.

Wie lässt sich das Chaos wieder beseitigen?
Man muss die Schuld dort suchen, wo die Fehler begangen werden. Die Zusammenarbeit stimmt nicht. Wo ist der Präsident? Der sitzt auf der Pressekonferenz daneben und schaut zu. Man braucht jedes Jahr drei Trainer – mindestens. Das ist alles Wahnsinn. Wie soll man so eine gescheite Mannschaft aufbauen? Wie lange will man noch immer alle austauschen? Man darf nicht alles auf Spieler, Trainer, Sportchefs abwälzen.

Auch Thomas Eichin wurde vom Geschäftsführer zum Sportdirektor degradiert.
Was soll dieser arme Kerl noch machen? Der hat doch als Sportdirektor nix mehr zu sagen.

Ganz nebenbei wird ein neuer Cheftrainer gesucht. Welches Anforderungsprofil muss er erfüllen?
Wenn ich höre, dass ein englischer Trainer kommen soll, wird mir schlecht. Für die deutsche zweite Liga? Von was träumen die alle? Bis der sich zurechtgefunden hat, ist die Saison rum. Sechzig braucht einen erfahrenen Mann, der die zweite Liga kennt. Und er braucht Autorität, denn du kannst bei Sechzig nicht rumeiern. Machen dort eh schon genug. 

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