Lorant muss ausziehen: "Stehe da wie der Depp"

Der Ex-Löwentrainer und seine Familie mussten raus aus dem Haus in Oberdorfen, das nun für 599.000 Euro zu haben ist. „Da muss ich jetzt durch! Ich bin ein Kämpfer!“
von  Thomas Becker
Trauriges Kapitel in Lorants Leben: Er muss aus seiner Villa ausziehen
Trauriges Kapitel in Lorants Leben: Er muss aus seiner Villa ausziehen © Daniel von Loeper

Der frühere Löwentrainer und seine Familie mussten raus aus dem Haus in Oberdorfen, das nun im Internet für 599.000 Euro zu haben ist. „Da muss ich jetzt durch! Ich bin ein Kämpfer!“

Oberdorfen -  Die blauen Gummistiefel stehen noch vor der Tür, der Kehrbesen lehnt unten an der Treppe gegen die Wand, und draußen vor dem Gartentor hat der Austräger wie immer den "Dorfener Anzeiger" in die Zeitungsbox gesteckt. Bis um zwei hat sie niemand heraus genommen, so sind die Nachrichten ein wenig nass geworden. Auf dem Briefkasten steht von Hand geschrieben "Familie W. und D. Lorant", doch der Abonnent wohnt nicht mehr hier, auch wenn er gerne würde. Werner Lorants Haus in Oberdorfen wurde zwangsgeräumt. Am Telefon sagt er: "Jetzt stehe ich da wie der Depp."

Es ist unklar, wo Lorant die Champions-League-Halbfinals verfolgen wird: im eher alternativen "Johannis Cafe" nahe des Flüsschens Isen oder am Rathausplatz in der Cafe-Bar "Liberty" ("Öffnungszeiten von 11 Uhr bis schaugst a moi") - oder gar nicht. Jedenfalls nicht zu Hause.

Seit vielen Jahren lebt Lorant mit seiner Frau, zwei Söhnen, zwei Hunden und zwei Katzen im Stadtteil Oberdorfen des beschaulichen 13.000-Einwohner-Örtchens Dorfen, 20 Kilometer östlich von Erding. Doch die guten Zeiten des Ex-Löwen-Trainers (1992-2001), als er es gegen Leeds United fast einmal bis in die Champions League geschafft hätte, sie sind lange vorbei: Der 62-Jährige hat sich angeblich mit Immobilien in Deutschlands Osten und mit einem Schiffs- Fonds verspekuliert und gilt als hoch verschuldet. Vor mehr als einem halben Jahr wurde sein stattliches Anwesen (258m2, 1041 m2 Grundstück, acht Zimmer, Sauna, Garten mit Teich) zwangsversteigert, und nachdem nun mehrere Auszugs-Termine verstrichen waren, wurde nun auch noch zwangsgeräumt.

 


 

Der neue Besitzer, der Dorfener Immobilienhändler Georg Scharl, sagte zur AZ: "Das geht ja jetzt schon seit sieben Monaten so. Wir haben der Familie Lorant mehrere Termine gesetzt, die sie nicht wahrgenommen haben. Wir waren eh schon sehr großzügig; das weiß Lorant ,und das sagt er auch. Aber irgendwann musste es dann jetzt sein." Und so fuhren am Montagfrüh um acht der Gerichtsvollzieher und ein Umzugswagen in der Feldstraße 21 vor, und als sie Stunden später wieder abfuhren, waren die Lorants draußen und die Schlösser ausgetauscht.

Laut Georg Scharl haben die Lorants über eine Freundin eine Wohnung in Dorfen gefunden. Andere Stimmen sagen, Lorant wohne in einem Hotel am Dorfener Stadtrand. Am Telefon sagt er der AZ: "Da muss ich jetzt durch. Ich bin ein Kämpfer und keiner, der den Kopf in den Sand steckt. Wir werden sehen, was kommt." Ansonsten will er in Dorfen bleiben ("Ist doch schön hier!") und verweist er an seinen Münchner Anwalt Maximilian Stürzer, der für eine Stellungnahme jedoch nicht zu erreichen war.

 


 

Ein trauriges Kapitel Münchner Fußballgeschichte. Seit Lorant im Oktober 2001 bei den Sechzigern von Präsident Wildmoser gefeuert wurde, ging es nur noch bergab. Fenerbahce Istanbul wenige Monate später klang noch toll, war aber nach elf Monaten schon wieder zu Ende. Es folgten: Ahlen, Incheon United, Nikosia, Sivasspor, Teheran, Kayseri Erciyesspor, Unterhaching, Kasimpasaspor, Liaoning Hongyun, SV ATA Spor München, DAC Dunajska Streda, TeBe Berlin - eine Bilanz der Verzweiflung. Für die Fußball-Casting-Show "Sportfreunde Pocher" bildete er mit Reiner Calmund ein "Kompetenzteam" und trainierte ein Team aus Prominenten und Hobbysportlern für ein Spiel gegen den FC Bayern, das 0:13 endete. Es kam beinhart für Werner Beinhart. Es sollte noch schlimmer kommen.

 


 

Zuhause in Dorfen wurde immer mehr gespottet. Ende März beim Starkbier-Anstich erwischte es ihn sogar vor 500 Gästen beim Politiker-Derblecken im Streibl-Saal. Die "Dorfener Stadt-Grantler" dichteten: "Eine Mark für Werner, denn Werner kann nicht zahlen". Im Mercedes Cabrio fährt er schon lange nicht mehr; zuletzt steuerte er einen Kleinwagen. Auch die Besuche bei seinem Lieblings-Griechen "Akropolis" wurden weniger. "Er ging zuletzt so wenig wie möglich raus“, sagt einer aus dem Ort, "es war ihm wohl alles peinlich." Sein jüngerer Sohn macht an der Erdinger Fachoberschule Abitur; der ältere arbeitet in einer Münchner Bank. Das Kapitel Oberdorfen ist für sie vorbei. Für 599.000 Euro steht Lorants Haus im Internet. Ob Baumhaus, Vogelhäuschen und das Trampolin im Garten im Preis inbegriffen sind, ist Verhandlungssache. Und Werner Lorant? Ist wieder als Trainer im Gespräch: beim Bezirksoberligisten TSV Ampfing.

 

 

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