Löwen zum Schnäppchenpreis

Für 2,5 Millionen Euro bekommt ein Investor 10 Prozent Anteile. Zum Vergleich: Bei Bayern kosteten 10 Prozent 77 Millionen. Am Stadionvertrag ist nicht zu rütteln.
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Präsident Rainer Beeck vergibt Löwen-Anteile zum Schnäppchenpreis.
MIS Präsident Rainer Beeck vergibt Löwen-Anteile zum Schnäppchenpreis.

Für 2,5 Millionen Euro bekommt ein Investor 10 Prozent Anteile. Zum Vergleich: Bei Bayern kosteten 10 Prozent 77 Millionen. Am Stadionvertrag ist nicht zu rütteln.

MÜNCHEN Eigentlich lief alles geschmeidig für Rainer Beeck. Alle 225 Delegierten waren fristgerecht geladen, 187 davon sogar erschienen am Samstag auf dem Nockherberg. Mit 83,4 Prozent der Stimmen wurde der Prokurist der Flughafen München AG gegen Abend im Amt bestätigt: Der 46-Jährige bleibt – bei 16 Gegenstimmen und 15 Enthaltungen – bis 2011 Präsident des Zweitligisten TSV 1860. Auch seine Vizes Michael Hasenstab und Franz Maget (jeweils 90,3 Prozent) wurden gewählt. So bedankte sich Beeck und meinte am Ende: „Wir wollen die Löwen dahin bringen, wo sie hingehören – in die Bundesliga.“ Kurze Pause, die ersten erhoben sich bereits, dann sagte er noch ins Mikro: „Die Löwen kommen.“

Nun ja, die Löwen kommen tatsächlich – und zwar auf den Markt. Was der Redner Beeck auf dem Podium verschwiegen hatte, erzählte der Chef des notorisch finanzschwachen Zweitligisten hinterher. „Wir könnten uns vorstellen, zehn bis 15 Prozent unserer KGaA-Anteile abzugeben.“ Und ab welchem Preis ist Beeck bereit, ein Stückchen der „TSV 1860 Kommanditgesellschaft auf Aktien“ abzugeben? „Wir haben eine Unternehmensbewertung von rund 25 Millionen Euro“, so Beeck. Man könne, hier gebe es eine Faustregel, von zehn Prozent dieses Werts ausgehen.

Das heißt: Mit 2,5 Millionen Euro ist man dabei! Ein Löwen-Anteil als Schnäppchen! Zur Erinnerung: Der FC Bayern gab im Jahr 2002 ebenfalls 10 Prozent seiner Anteile ab. Für 77 Millionen Euro. An den langjährigen Ausrüster Adidas.

Und an wen verkauft 1860? Einen russischen Milliardär à la Chelsea-Eigner Abramowitsch? Einen Scheich à la Manchester City? Beeck ist offen. „Wenn der Investor an den Verein glaubt, spielt es eine untergeordnete Rolle, welcher Nationalität er ist.“ Es klang wie eine globale Ausschreibung zum Festpreis.

Der TSV 1860 hat – auch ganz offiziell – ein massives Finanzproblem. Finanzgeschäftsführer Markus Kern räumte ein: „Wir haben in der laufenden Saison ein strukturelles Defizit von drei Millionen Euro.“ Von Beeck erfuhr man später, dass dies „verschiedene Gründe hat, der Stadionvertrag ist einer“.

Tatsächlich belaufen sich die Kosten für die Allianz Arena in der laufenden Saison auf 5,3 Millionen Euro – davon eine Million Euro Miete, zwei Millionen Euro Fixkosten fürs Catering, 2,3 Millionen Euro für Diverses. Vor allem die Millionenbeträge fürs Catering erstaunen. Dazu Beeck: „Das ist leider eine Vertragskonstruktion, die wir übernehmen mussten – und die sieht vor, dass sich die Partner FC Bayern und TSV 1860 auch hier die Kosten teilen. Leider wurde da versäumt, eine flexible Komponente einzubauen.“

Pech für die Löwen, dass dieser Vertrag, genau wie der Mietvertrag, bis 2025 läuft. Somit war auch die von den Delegierten gut eine Stunde lang betriebene Debatte über den Arena-Auszug aus Sicht Beecks müßig. „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es sich um bestehende Verträge handelt.“ Seine Konsequenz: „Wir müssen Wege finden, mit diesen Fixkosten umzugehen.“ Einziger Trost für die Fans: Laut Kern sei die Lizenz dennoch „auf keinen Fall in Gefahr“, allerdings meinte er: „Wir brauchen für die nächste Spielzeit einen neuen Plan.“

Womit man wieder bei Beeck und seiner Investorensuche wäre. Denn was wäre er für ein Boss, hätte er keinen Plan? Womit also will er bei den „potenziellen Geldgebern, mit denen wir in Gesprächen sind“ (Beeck) werben? Mit der Perspektive Bundesliga! Dann nämlich würde die Unternehmensbewertung sofort steigen. „Eine Wertsteigerung von 25 auf 40 Millionen Euro mitzunehmen, das macht dem einen oder anderen Investor mit Sicherheit Spaß“, sagte Beeck.

Bleibt nur die Frage, ob der Blick auf die Zweitliga-Tabelle so viel Spaß verspricht: Der TSV 1860 ist aktuell Zehnter, zuletzt mit fallender Tendenz.

Jochen Schlosser, Oliver Griss

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