Löwen-Vorbild St. Pauli
Coach Maurer hat seine Stammelf gefunden. Die Reservisten mucken dennoch nicht auf. „Er gibt jedem das Gefühl, wichtig zu sein“
MÜNCHEN Noch haben sie nichts erreicht beim TSV 1860. Zwei Siege aus vier Spielen waren vor dem Heimspiel gegen Aue am Mittwoch (Spiel bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht begonnen) respektabel, aber wahrlich noch keine Glanzleistung. Da das Auftaktprogramm mit drei Partien beim selbsterklärten Aufstiegskandidaten aber ganz schön knifflig war, bewerten die Löwen ihren eigenen Start durchweg positiv.
Trainer Reiner Maurer ist zufrieden, er sieht sich darin bestätigt, dass Qualität und Leistungsdichte seines Kaders stimmen. Der Coach scheint ein Mannschaftsgerüst gefunden zu haben, die Stammelf hat sich herauskristallisiert. Das Problem: Allzu viel Platz für derzeitige Reservisten bleibt da aber nicht mehr.
„Natürlich ist das für uns nicht leicht“, sagt Neuling Daniel Halfar stellvertretend für die anderen nicht zur ersten Elf gehörenden Löwen. „Doch der Trainer gibt jedem von uns das Gefühl, nicht bloß Nummer 15, 16 oder 19 zu sein. Er legt Wert darauf, dass jeder einzelne wichtig ist", so Halfar. Als Beispiel nennt der frühere Bielefelder das Auftreten des FC St. Pauli in der vergangenen Saison. „Bei denen gab es keinen Unterschied zwischen der Nummer 12 und dem 18. Mann im Kader. Wenn man nur auf der Bank sitzt, dann muss man auch das Gefühl haben, trotzdem gebraucht zu werden. So war das bei denen. So soll es auch bei uns sein", so Halfar. Dann, fügt er an, sei es auch mal in Ordnung, nicht von Beginn an zu spielen. St. Pauli hatte am Ende der Saison den Aufstieg geschafft – und ist so Vorbild für 1860. „Auf die Dauer gibt man sich mit der Reservistenrolle aber nicht zufrieden“, fügt Halfar noch hinzu.
Der Mittelfeldspieler kann sich aber wenigstens noch sicher sein, zum Kader zu zählen. Für Savio Nsereko langte es zuletzt beim Auswärtssieg in Düsseldorf noch nicht mal dafür. Am Montagmorgen fehlte der 21-Jährige dann auch noch beim Training. Der vermeintliche Star-Einkauf hatte Halsschmerzen. Ein Reporter erlaubte sich zwar den Spaß, Maurer zu fragen, ob Savio das Team vielleicht vor dem Fernseher zu heftig angefeuert habe, doch der stürmische Zugang findet das Thema gewiss nicht zum Lachen. Denn von den möglichen 450 Pflichtspielminuten (360 in der Liga, 90 im Pokal) hat er gerade mal 112 mitwirken dürfen, nur 46 davon in der Liga.
Derart holprig dürfte sich der vom AC Florenz ausgeliehene Dribbler die Rückkehr in seine Heimatstadt niemals erwartet haben, doch mit seiner aktuell unbefriedigenden Situation steht er nicht allein da. Neben Sandro Kaiser (noch keine Sekunde eingesetzt) und Emanuel Biancucchi (15 Minuten vor Schluss in Bochum eingewechselt) hat auch Alexander Ludwig aktuell wenig Grund zur Freude.
In Düsseldorf kam der 26-Jährige, letzte Saison von St. Pauli gekommen, um mit den Löwen aufzusteigen, zum dritten Mal erst in der Endphase ins Spiel. Was gegen Osnabrück mit dem Tor zum 3:1 noch klappte, misslang ihm diesmal, als er eine Chance zur Vorentscheidung vergab.
Auch wenn Maurer nicht müde wird, die Offensivstärken Ludwigs hervorzuheben, dürfte den Thüringer auf lange Sicht nur die Beförderung in die Startelf aufheitern - doch damit tut sich Maurer schwer. „Gut möglich", sagte er am Montag, „dass gegen Aue die Siegermannschaft von Düsseldorf wieder auf dem Platz stehen wird.“ Maurer muss die Reservisten weiter bei Laune halten.
Marco Plein