Löwen-Rettung: Erfolgsmodell oder Seelenverkauf?
München - Hasan Ismaik träumt von der „Weltmarke 1860“ und einer Spielphilosophie wie beim FC Barcelona – im Lager der Fans allerdings sind die Meinungen gespalten zum ersten Einstieg eines arabischen Investors in den deutschen Profifußball. Seelenverkauf sagen die einen, Perspektive nach unzähligen Jahren voller Finanzsorgen die anderen. 18 Millionen Euro hat sich der Jordanier Ismaik die Rettung des chronisch klammen Traditionsklubs 1860 München kosten lassen. Nun will er Vorreiter eines Erfolgsmodells sein: „Das ist erst der Anfang. Einige Investoren haben sich im deutschen Fußball bereits angemeldet“, kündigte er an.
„Am deutschen Markt kommt kein Investor vorbei“
Der Fußball soll zum Sprungbrett werden auf den deutschen Markt, an dem laut Ismaik „kein Investor vorbeikommt“. Lange hatte es gedauert, bis man sich mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) auf Konditionen einigen konnte, die beide Seiten akzeptierten. Im Vordergrund steht nun beim Einstieg des 34 Jahre alten Betriebswirtschaftlers keineswegs die Rendite, sondern die persönliche Chance. „Dass man mit Fußball kein großes Geld verdienen kann, weiß jeder“, sagte Ismaik bei seiner offiziellen Vorstellung, jeglicher Gewinn solle daher in die Mannschaft investiert werden. Zunächst gab Ismaik nur ein Ziel vor: In drei Jahren muss der Bundesliga-Aufstieg gelingen. Die Zeit läuft ab kommenden Sonntag: Dann tritt 1860 zum Saisonstart bei Aufsteiger Eintracht Braunschweig (15.30 Uhr) an.
Im Kollektiv die Identität erhalten
Offiziell will sich der selbst ernannte „leidenschaftliche Löwen-Fan“, dem seit Juni 49 Prozent der KGaA-Anteile gehören, zumindest im ersten „Übergangsjahr“ im Hintergrund halten, danach sollen mit Präsident Dieter Schneider Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert werden. Die Vermarktung des Vereins hat der in Kuwait geborene Jordanier allerdings schon in den ersten Wochen an seinen Freund und Berater Hamad Iraki übertragen. Zahlreiche Löwen-Fans fürchten daher eine zu starke Machtübernahme durch ihren „Retter“.
Skepsis und Hoffnung halten sich die Waage – und Schneider muss immer wieder ans Kollektiv appellieren: „Wenn wir gemeinsam unsere Seele, unsere Identität leben, wenn wir zusammenhalten nach innen und außen, werden wir stark sein.“, schrieb der 64-Jährige zuletzt etwas pathetisch in einem Brief an die Fans. So könne man Ismaik gegenüber demonstrieren, „dass es wert ist, diese Identität zu erhalten.“
Verein glaubt an Win-Win-Situation
Denn die Identität als Ausbildungs- und Arbeiterverein kann – so glaubt man intern – auch unter Fremdeinfluss bestehen bleiben. Als „Win-Win-Situation“ sieht Trainer Reiner Maurer den Einstieg Ismaiks. Die investierten Millionen dienten bisher nur der Schuldentilgung, der Etat für die Profimannschaft wurde sogar von neun auf sechs Millionen Euro zurückgefahren: „Das Gerede ist ein totaler Schmarrn“, sagt Vizekapitän Daniel Bierofka über die Skeptiker und ihre Ängste vor dem „Seelenverkauf“ – zumindest in der ersten Saison könnte er Recht behalten.
Ismaik versucht es zunächst auf die freundliche Art: Keine namhaften Neuzugänge kündigt er an, sondern 5.000 Freikarten pro Heimspiel. Knapp 20.000 Fans kamen in der vergangenen Saison im Schnitt in die Münchner Arena – zum Niveau des FC Barcelona ist es noch ein weiter Weg.