Löwen-Kampagne: "Ein Frauenbild wie in den 60ern!"
Mit Handmassagen und Kosmetik will 1860 weibliche Fans locken – die sind erschüttert. TV-Moderatorin Isabella Müller-Reinhardt: "Schicki-Micki-Nummer passt nicht zu 1860"
MÜNCHEN Die Ausschreibung soll keine Wünsche offen lassen: „Während die Herren im Business Club über die Aufstellung debattieren, führen die Damen ungestörte Gespräche bei Prosecco, Wellness Drinks und feiner Schokolade, vergessen den Trubel bei einer kurzen Handmassage oder lassen sich von neuen Kosmetikprodukten und ausgefallenen Schmuckstücken inspirieren.”
Mit diesen Versprechungen sollen Frauen zum Heimspiel des TSV 1860 gegen Ingolstadt (3. März) gelockt werden. Für 200 Euro pro weiblichem Fan. Die Idee stammt von Hamadi Iraki, dem Vermarkter der Löwen, und dessen Firma HI2 Sports.
Den Ansatz der Löwen finden viele Frauen seltsam. „Wenn man sich als Frau für Fußball interessiert, will man doch auch bei den Männern stehen und über die Aufstellung diskutieren. Mich würde diese Aktion also nicht ansprechen”, sagt Katja Wunderlich. Die Moderatorin hat eine eigene Radioshow bei Bayern 3 und ist Fußball-Fan durch und durch. „Aber vielleicht spricht das ja Frauen an, die sich nicht so für Fußball interessieren”, sagt Wunderlich, die aber wie viele andere Fans die Formulierung fragwürdig findet: „Da werden alte Klischees bedient.”
Auch bei TV-Moderatorin Isabella Müller-Reinhardt ("Bundesliga Highlight Show" beim englischen Sender ITV4, Sky), seit Jugendtagen Löwenfan, lösen diese Zeilen Unverständnis aus: „Ich bin entsetzt. Die Aktion ist total peinlich, geht völlig in die falsche Richtung. Die Frauen, die Prosecco und eine Handmassage wollen, sollen nicht ins Stadion gehen, sondern in ein Maniküre-Studio.” In Zeiten der Sexismus-Debatte um Rainer Brüderle „entsteht ein total veraltetes Frauenbild, wie aus den 60ern. Außerdem passt diese Schicki-Micki-Nummer nicht zu 1860”, sagt Müller-Reinhardt.
Ohnehin würden die Frauen, die sich für die Löwen interessieren, sowieso ins Stadion kommen: „Und wenn nicht, kommen sie wegen dieser Aktion auch nicht.” Isabella Müller-Reinhardt stört sich zudem am hohen Preis von 200 Euro: „Da kriege ich überall anders dasselbe für deutlich weniger Geld. Das geht so einfach nicht.”
Für die 200 Euro bekommen die Frauen, die sich bis Freitag für die Aktion entscheiden müssen, Zugang zum Business Club, Catering, einen Besuch der Ladies-Day Eventfläche und komfortable Sitzplätze auf der Haupttribüne.
„Es ist doch heute so, dass Frauen bestimmt 40 Prozent der Stadionbesucher ausmachen. Da ist so eine Aktion doch ein absoluter Witz. Das geht einfach gar nicht.” Die Idee von Hamada Iraki findet also alles andere als Zustimmung.
Letztlich geht es der Vermarktungsagentur darum, vor allem die Frauen anzusprechen, die sich noch nicht für Fußball interessieren.
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