Löwen-Doc Widenmayer: "Bierofka ist die Nr.1"

Willi Widenmayer, der Löwen-Doc, feiert das 20. Jubiläum seiner Praxisgründung. Hier spricht er über Lorant – und andere Härtefälle
AZ: Dr. Widenmayer, am Wochenende besteht Ihre Praxis seit 20 Jahren, seit 1992 behandeln Sie die Spieler des TSV 1860. Können Sie sich an jeden Spieler erinnern?
WILLI WIDENMAYER: Nicht an jeden. Es waren einige dabei, die nicht sehr lange auf dem Trainingsplatz waren, sondern schnell wieder verschwunden sind. Aber untersucht wurden alle.
Sind Freundschaften entstanden?
Na klar. Vor allem mit Jens Jeremies und Harald Cerny. Aber auch mit den Trainern wie Marco Kurz (jetzt Trainer in Kaiserslautern, d.Red.) oder unserem aktuellen Trainer, Reiner Maurer, haben wir einen sehr guten Kontakt.
Wie ist der Kontakt zu Bayern-Doc Müller-Wohlfahrt?
Wir haben kaum Kontakt. Einmal im Jahr sieht man sich, aber normalerweise ist es das.
Sie haben angefangen, als Trainer Werner Lorant 1992 zu 1860 kam. Er war der Meinung, dass es klassische Muskelverletzungen wie einen Muskelfaserriss nicht gibt. Halten heutige Trainer mehr von Sportmedizinern?
Der jetzige Trainer hält sehr viel davon. Er konsultiert die Physiotherapeuten und uns Mediziner immer, um die Trainingsintensität zu dosieren. Ich telefoniere jeden Tag eine Stunde vorm Training mit ihm und bespreche, wer trainieren kann und wer nicht und wo er ein bisschen reduzieren soll. Wir wissen genau, welcher Spieler an einem Tag wenig oder gar nichts machen kann. Das Zusammenspiel zwischen Trainer, Physiotherapeuten und uns klappt sehr gut. Deshalb hatten wir vergangenes Jahr so wenig Verletzte.
Ist das Zusammenspiel besser als unter Lorant?
Viel besser. Lorant hat immer gesagt: „Das kann man rauslaufen, bei mir gelten nur offene Brüche.” (lacht)
Sie haben früher bei Muskelverletzungen Kälberblut verwendet. Auch heute noch?
Ja. Und nicht nur bei Profis, auch beim Freizeitkicker. Das Kälberblut reduziert die Heilungsdauer um die Hälfte. Es fördert die Durchblutung in der verletzten Muskelphase.
Wer waren denn Ihre schwersten Fälle bei 1860?
Olaf Bodden war ein tragischer Fall, weil er seine Karriere beenden musste nach seinem Erschöpfungssyndrom. Die schwersten Fälle waren auch die Knöchelbrüche bei Markus Weissenberger und Benny Schwarz. Und ganz aktuell die Gesichtsverletzung bei Necat Aygün. Man ist natürlich betroffen, weil man die Spieler gut kennt. Aber die Medizin muss im Vordergrund stehen.
Welche Spieler waren am pflegeleichtesten?
Mit den jetzigen Spielern gibt es da gar keine Probleme. Die machen das, was wir ihnen vorschlagen. Musterprofi Nummer 1 ist Daniel Bierofka. Er hat 18 Operationen hinter sich, und es gibt keinen deutschen Fußballspieler, der sich mit so einer Disziplin und Ausdauer immer wieder herangearbeitet hat.
Vor welchen Verletzungen graut Ihnen besonders?
Vor knöchernen Verletzungen, aktuell am meisten vor einem Unterschenkelbruch. Schlimm ist aber auch immer ein Kreuzbandriss, weil der sechs Monate Pause als Konsequenz hat.
Sind Sie eigentlich auch im Herzen ein Blauer?
Na klar. (lacht)
Und wie behandeln Sie einen Roten?
Bayern-Spieler kommen ja nicht. Natürlich wird geflachst, aber ich behandele einen Bayern-Fan nicht anders als einen Löwen-Fan.
Gibt es eine besonders nette Anekdote mit den Löwen?
Von Lorant gibt es viele. Eine fällt mir spontan ein. Nach dem Spiel musste auch früher immer ausgelaufen werden. Einmal fragten die Spieler Lorant, ob sie auslaufen müssen. Lorant sagte nur: „Nein, ihr seid gestern 90 Minuten ausgelaufen, heute wird trainiert.” Die Trainer heutzutage sind viel akribischer. Die ordentliche Leistung der medizinischen Abteilung funktioniert nur im guten Kontakt zur sportlichen Leitung.
Wie sehen Sie Reiner Maurer?
Er ist der beste Trainer für 1860. Gar keine Frage. Seit Lorant habe ich bis zu zehn Trainer gesehen. Marco Kurz war sehr gut, aber noch ein bisschen unerfahren. Maurer ist extrem akribisch, es gibt keinen Spieler auf der Welt, den er nicht kennt. Er trainiert sehr sinnvoll und er ist sehr kommunikativ.