Löwen-Boss Schneider: Deshalb gibt er auf

München - Eigentlich war die Pressekonferenz schon beendet – Löwen-Trainer Alexander Schmidt hatte über das Spiel in Sandhausen gesprochen – da ergriff plötzlich Präsident Dieter Schneider das Wort. Er verlas eine selbstverfasste Erklärung. Inhalt: „Ich werde nicht mehr für eine weitere Periode kandidieren.”
Das hatte gesessen. Und es war ein Vorgriff auf eine Stellungnahme des Aufsichtsrates. Dieser hatte angekündigt, bis Freitag eine Erklärung abzugeben, wer die Löwen in Zukunft anführen soll.
Die AZ erklärt die Gründe für den Rückzug von Schneider und die Folgen.
DIE GRÜNDE
Fehlendes Vertrauen: Die ständigen Anfeindungen von Investor Hasan Ismaik und das fehlende Vertrauen des Aufsichtsrats um Otto Steiner ließen Schneider zunehmend verzweifeln. Am Ende hatte der 65-Jährige genug: „Die vom Aufsichtsrat nun wiederum aufgeschobene Entscheidung über die Besetzung des Präsidiums macht offensichtlich, dass dieses Vertrauen nicht in dem Maße vorhanden ist, wie es für eine gedeihliche Zusammenarbeit nötig ist.” Außerdem sagte er: „Der Aufsichtsrat hat sich mit der erneuten Ernennung so lange Zeit gelassen, dass ich davon ausgehe, dass er Alternativen hat. Sonst hätte er ein komplettes Präsidium nicht in die Warteschlange gestellt. Jetzt ist der Aufsichtsrat in der Position, tätig werden zu können.”
Das Verhältnis zu Hasan Ismaik: Der Investor des TSV 1860 hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass er Schneider nicht mehr als Präsidenten will. Dennoch glaubt Schneider, dass er sich hätte zusammenraufen können mit Ismaik. Er dankte dem Investor für „sein finanzielles Engagement”, nahm aber nochmal dezidiert Stellung: „Ich möchte an dieser Stelle mit der Mär aufräumen, dass wir zu irgendeinem Zeitpunkt Gelder von Herrn Ismaik für eine offensivere Strategie abgelehnt hätten. Derartige Angebote seinerseits gab es auch nie.” Und weiter: „Eine intensive Mitwirkung von Herrn Ismaik im Rahmen des ohnehin schon sehr weit ausgelegten Kooperationsvertrages wurde von uns nie behindert.”
Die Liebe zu 1860: „Ich bin und bleibe Löwe”, sagt Schneider. Die jüngsten Entwicklungen hat er mit Sorge verfolgt: „Das Thema Präsidiumsbesetzung hat inzwischen ein Niveau erreicht, das für das ohnehin angeschlagene Ansehen des Vereins schädlich ist.” Wichtig war Schneider auch, warum er das Amt einst übernommen hatte: „Ich definiere meine Rolle als Präsident nicht aus irgendwelchen persönlichen oder statusmäßigen Motiven heraus, und schon gar nicht aus finanziellen. Meine einzige Motivation war, den Verein aus einer tiefen, fast hoffnungslosen Talsohle heraus in eine gesicherte Zukunft zu führen und ihm dabei die nötige Eigenidentifikation zu bewahren.”
DIE FOLGEN
Wer wird Präsident? Dass Schneiders zwei Stellvertreter Franz Maget und Wolfgang Hauner für das Präsidentenamt zur Verfügung stehen, scheint ausgeschlossen. Auch der am Dienstag sich selbsternannte Kandidat Jürgen Langer ist kein Thema. Aufsichtsratschef Otto Steiner hat bereits abgewunken, wohl auch aus beruflichen Gründen. Auch Siegfried Schneider hat ein Interesse negiert, womöglich versuchen die Aufsichtsräte ihn noch mal zu überreden. Das Gleiche könnte für Muffathallen-Chef Christian Waggershauser gelten. Ein mehr oder weniger externer Kandidat wäre möglich, aber zeichnet sich derzeit nicht ab.
Wie lange noch mit Schneider? Die Amtszeit des Präsidenten endet Ende März. Ein vorzeitiger Rücktritt ist kein Thema. „Selbstverständlich stehe ich noch so lange zur Verfügung”, sagte Schneider. Einfach so hinzuschmeißen, ist nicht sein Ding. Die Außendarstellung des Vereins hatte in den vergangenen Wochen schon genug gelitten.